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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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das Gesicht noch stärker gerötet als sonst, etwas in ein Notizbuch schrieb, und fragte sich, ob er immer noch trank. Als Simpson, nach Korea, bei der Ersten Division in Camp Pendleton gewesen war, hatte er jedenfalls ziemlich kräftig getrunken, aber wer hatte das nicht nach diesem verdammten Krieg. Sie waren nach Hause zurückgekehrt, als wären sie auf einer verdammten Übung gewesen. Blakely kannte er nicht. Gut aussehender Bursche. Die Sorte, die man eher im diplomatischen Dienst sieht. Für Korea zu jung, also keine Kampferfahrung. Nicht seine Schuld. Er wünschte trotzdem, Blakely hätte Erfahrung. Aber seine Akte sah gut aus. Gute Eignungsbeurteilungen. Konnte es wahrscheinlich kaum erwarten, ein Bataillon zu kriegen. Musste ein Auge auf ihn haben. Er sah, wie Blakely Simpson etwas zuflüsterte, und dieser schrieb erneut etwas in sein Notizbuch.
    Die Lagebesprechung zog sich hin. Aufgefangene Sensorensignale bei den Koordinaten 723   621 . Ein Flugbeobachter hatte bei den Koordinaten 781   632 zwei NVA auf offenem Gelände ausgemacht. Elemente der Hotel-Kompanie, Two Twenty-Four, hatten bei den Koordinaten 973   560 zwei geheime Reisvorratslager von je fünfzig Kilo entdeckt. Warum zum Teufel hieß es immer »Elemente« und nicht Männer? Wen sollte er für die gemeinsame Operation aussuchen? Ihm fiel auf, dass Schweigen eingetreten war, und er wusste, es war Zeit, dass er wieder ein, zwei Fragen stellte.
    Nach der Nachrichtenlage kam der Three des Regiments mit dem Einsatzbericht, dann kam der Oberstabsarzt, dann der Nachschub, dann der Adjutant, dann die Artillerie, dann Luft, dann der Rotkreuz-Verbindungsmann aus Quang Tri, dann die Anfragen des Kongresses und schließlich die Bataillonskommandeure.
    Mulvaney sah genau hin, während Simpson rasch zur Vorderseite des Zelts schritt: ein kleiner Mann in ordentlich gestärktem Tarnanzug, dessen grüner Stoff in merkwürdigem Kontrast zu seinem roten Gesicht und den roten Händen stand. Simpson, das wusste Mulvaney, war zur gleichen Zeit wie er selbst als junger Lieutenant in Korea gewesen, obwohl sie sich damals noch nicht gekannt hatten. Offenbar hatte Simpson dort hervorragende Arbeit geleistet – immerhin hatte man ihm einen Silver Star und ein Purple Heart verliehen –, und seine Eignungsbeurteilungen waren allesamt ausgezeichnet. Allerdings ging das Gerede, dass es neben dem Alkoholproblem auch noch eine unschöne Scheidung gegeben hatte. Aber was soll’s, Scheidungen und Alkoholprobleme waren beim Marine Corps nicht gerade eine Seltenheit. Mulvaney sah zu, wie Simpson Adams’ Zeigestock in die Hand nahm, sich zu ihm umdrehte und auf ein Nicken wartete. Er bemerkte, dass Simpson wie üblich schrecklich nervös war. Man erkannte es sofort, wenn Simpson nicht wusste, wovon er redete.
    Simpson wandte sich der Karte zu und begann zu sprechen. Nachdem er die Verteilung der Kompanien erläutert hatte, hielt er einen Moment lang um des Effektes willen inne. »Da meine Kompanien, wie Sie sehen können, Sir, bogenförmig aufgestellt sind, und zwar hier, hier und hier« – bei jedem Hier schlug der Zeigestock kurz gegen die Karte und fixierte mit jedem Schlag hundertfünfundsiebzig bis zweihundert Marines – »und da die Bravo-Kompanie die Golf-Batterie hier auf dem Matterhorn sichert« – zack – »habe ich entschieden, mein taktisches Hauptquartier umgehend auf das Matterhorn zu verlegen, um die Operationen dort persönlich leiten zu können. Da die Bravo-Kompanie hier« – zack –»und hier« – zack – »und die Alpha-Kompanie hier« – zack – »Feindkontakt gehabt haben, bin ich mir sicher, dass in diesem Gebiet eine ziemlich große NVA -Einheit operiert. Das geheime Nachschub- und Munitionslager, das die Charlie-Kompanie vor drei Tagen hier« – zack – »gefunden hat, sowie der letzte Woche von der Alpha-Kompanie hier« – zack – »entdeckte Bunkerkomplex deuten darauf hin, dass dieses Gebiet bald äußerst produktiv sein wird. Ich habe die Absicht, direkt vor Ort zu sein, wenn die Kacke zu dampfen anfängt. Deswegen habe ich meinen Stab bereits angewiesen, mit den Planungen für die Verlegung meines Hauptquartiers auf das Matterhorn zu beginnen.«
    Mulvaney sah Simpson ausdruckslos an. Gerade hatte er sich überlegt, ihn bei der gemeinsamen Operation unten im Flachland einzusetzen, da beschloss dieser Mistkerl, den Draufgänger zu spielen und in den Busch zu ziehen. Als ob es besser wäre, draußen im gottverdammten Dschungel zu

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