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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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Hände voll zu tun.«
    »Bravo Two, Bravo Two, hier spricht Bravo Six. Big John braucht Ihre Positionsmeldung. Over.«
    Es kam keine Antwort. Plötzlich herrschte völlige Stille.
    »Scheiße, Bravo Two, melden Sie sich gefälligst. Over.«
    Erneut fielen Schüsse, und nun war das über sie hinwegrollende Knattern durchsetzt vom dumpfen Krachen von Handgranaten.
    Mellas zückte seinen Kompass und peilte in Richtung des Geräuschs. Es war eine endlose ohrenbetäubende Explosion, die sein Herz zum Rasen brachte. Er drückte auf den Sprechknopf des Handapparats. »Bravo Six. Hier ist One Actual. Meine Peilung des Geräuschs liegt bei drei vier null. Meine Position ist sechs sieben eins fünf eins neun. Over.« Um Fitch die zweite Kompasspeilung zu liefern, mit der sich Goodwins Standort bestimmen ließ, hatte Mellas über Funk seine Position preisgegeben und damit, wie sie beide wussten, riskiert, seine eigene Einheit feindlichem Geschütz- oder Granatwerferfeuer auszusetzen.
    Fitchs Stimme kam wieder. »Verstanden drei vier null.« Ein kurzes Innehalten. »Er ist genau da, wo er die Gooks vermutet hat. Kennen Sie die Stelle? Over.«
    »Ich bin unterwegs.« Mellas kam sich mit einem Mal nützlich und wichtig vor, weil er seinem Freund zu Hilfe eilte.
    Die Eile verwandelte sich bald in Frustration, während die Marines auf den indifferenten Dschungel einfluchten und einhackten. Mellas trieb sie an und schwang selbst die Machete, wenn er an die Reihe kam. Das Gewehrfeuer nahm ab. Dann hörte es ganz auf.
    Etwa eine Stunde später trafen sie zusammen. Beide Gruppen waren erschöpft, aber die von Goodwin hatte ein SKS -Gewehr, eine AK 47 und ein langläufiges russisches Duschkie-Maschinengewehr, Kaliber einundfünfzig, bei sich, dazu mehrere Stahlkästen mit aufgegurteter Munition und ein schweres Dreibein. Außerdem hatten sie die üblichen Gürtelschnallen, Wasserrohre, Helme, militärischen Abzeichen und Knöpfe, die als Tauschmittel nützlich waren. Einer der Männer war getroffen worden, sodass er von zwei Freunden gestützt werden musste, aber er war nicht ernsthaft gefährdet. Goodwin selbst war am rechten Ohr von einer Kugel gestreift worden. Sie hatte ein kleines Stückchen Fleisch und Knorpel weggerissen und eine dünne blutige Spur auf seinen Hals gezeichnet.
    »Hey, Jack«, brüllte er Mellas zu und zog an seinem Ohr. Wegen des vorübergehenden Gehörverlusts sprach er unnatürlich laut. Er zupfte an seinem blutigen Ohrläppchen. »Guck dir das an. Ein echtes Purple Heart, Scheiße noch mal.« Er lachte vor Freude und adrenalinbedingter Erregung. »Noch zwei, und ich bin raus aus diesem Scheißloch.«
    Mellas zwang sich zu einem Lächeln. Es war allgemein bekannt, dass das Marine Corps einen nach drei Verwundungen nicht mehr für einsatzfähig hielt; man galt als zu nervös, schien vom Pech verfolgt oder einfach zu dämlich zu sein. Die Männer beider Gruppen lachten. Die vom Zweiten Zug konnten gar nicht mehr aufhören, davon zu reden, wie Goodwin das kleine Maschinengewehr-Team überrumpelt hatte, sich tief kriechend an ihre Position herangearbeitet, geschossen, Granaten über ihre primitive Brustwehr aus Baumstämmen geworfen hatte. Sie hatten drei getötet. Der Rest war geflohen.
    Bis sie beim Stacheldrahtverhau ankamen, wurde Goodwin von sämtlichen Jungs nur noch »Scar« genannt, denn er würde natürlich eine schöne Narbe davontragen.
    Mellas war sich bewusst, wie unbedarft und gewöhnlich, vielleicht sogar unentschlossen, er neben Goodwin wirken musste. Er scheute vor dem Wort Angst zurück, aber irgendwo tief drinnen, unbenannt, war da diese Heidenangst.
    Am nächsten Tag flog der Bataillonsstab auf dem Matterhorn ein.
    Die Hände in den Taschen seines Feldhemds, stand Lieutenant Hawke vor Fitchs Unterschlupf. Es fühlte sich wie ein Überfall an. Die Bravo-Kompanie war durch jungfräulichen Dschungel auf den Berg marschiert und hatte den Dschungel zurückgedrängt, hatte Raum geschaffen, der nun den Gipfel des Matterhorns krönte, alles unter der ständigen Bedrohung durch das Gook- MG . Nun flog der Bataillonsstab in Hubschraubern ein, die säckeweise Ausrüstung, Konserven, Funkgeräte, Alkohol und Zeitschriften heranschafften. Hawke wollte gern glauben, dass sie rein zufällig am Tag, nachdem Goodwin das Maschinengewehr ausgeschaltet hatte, kamen.
    Die Mannschaftsdienstgrade, hauptsächlich Funker und Nachschubleute, hoben große Bunker aus und füllten Sandsäcke. Hawke wusste, dass sie alle nur

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