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Matti & Dornröschen 03 - Ein Mörder kehrt heim

Matti & Dornröschen 03 - Ein Mörder kehrt heim

Titel: Matti & Dornröschen 03 - Ein Mörder kehrt heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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dem Ermittlungsrichter. Da wird der Staatsanwalt vorlegen, was er inzwischen herausgefunden hat.«
    »Warum nicht gleich?«
    »Die Staatsanwaltschaft hat darum gebeten. Die müssen wohl noch ein bisschen basteln. Ich habe widersprochen …«
    »So ein Mist!« Matti wäre dem Staatsanwalt gern an die Kehle gesprungen.
    »Wir brauchen sowieso Zeit. Du kommst hier nicht raus ohne Kaution.«
    Matti mühte sich, seine Ungeduld zu dämpfen. »Aber die müssen doch auch nach Entlastungsbeweisen suchen.«
    Gerd winkte ab. »Was die so alles müssen. Man könnte fast den Eindruck haben, der Staatsanwalt hätte nichts dagegen, wenn du verurteilt würdest. Du hast die zu oft geärgert. Und jetzt treten sie dir in die Eier. Jedenfalls wollen sie das. Der Haftrichter ist eigentlich okay. Das mit der Kaution kriegen wir schon hin. Aber damit ist grundsätzlich gar nichts geklärt.«
    Die Depression flog ihn an, drehte aber im letzten Moment ab. Nein, er würde sich nicht unterkriegen lassen. Er nicht.
    Dornröschens erster Gedanke: Wie gut, dass Twiggy dabei ist. Ihr zweiter: Was ist es denn das für eine kaputte Gestalt?
    Dr. Harald Koenigs stand auf dem Klingelschild in der Riemannstraße, nah am Molinari . Die Wohnung war hygienisch clean, die Bücher standen Kante an Kante in den Regalbatterien, kein Stäublein befleckte den Glastisch, auf dem Harald eine Porzellanteekanne auf ein Messingstövchen gestellt hatte, dazu chinesische Tassen ohne Henkel. Kein Zucker, keine Milch. Zur Straße und zum Hof Fenster, keine Blumen. Gegenüber dem Ledersofa mit Chrombeinen eine englische High-End-Anlage mit Röhrenverstärker und Analogplattenspieler auf einem Podest mit Wasserwaage. Kein Fernsehgerät.
    Harald hatte die Arme ausgebreitet, als er sie begrüßte. »Mensch, dass ich dich mal wiedersehe!« Dornröschen mühte sich vergeblich, der Umarmung auszuweichen. Twiggy kriegte nicht mal einen Händedruck. »Kommt rein!« Plural, immerhin.
    Haralds graue Augen widerlegten das strahlende Lächeln. Sie musterten hektisch seine Gäste. Sie spiegelten die Frage, was die von ihm wollten. Seine Angst, da gäbe es etwas, das ihn belasten könnte. Ja, ja, man hatte so einiges erlebt, was mancher später nicht mehr erlebt haben wollte. Wenn man seine Vergangenheit nur löschen könnte. Reset, Neustart, fertig.
    Harald setzte sich in das einzige antike Stück seines Wohnzimmers, einen Ohrensessel. Twiggy fand auf einem Sessel Platz. Er und alle sonstigen Möbel passten zum Sofa. Nur Harald passte nicht dazu, klein und fett, wie er war. Die Koteletten ragten fast bis zum Kinn.
    »Nun, was kann ich für euch tun?« Er zeigte auf den Tisch. »Grüner Darjeeling, feinster Stoff, ich hab da meine Quellen. Ihr nehmt euch.«
    Dornröschen schenkte sich ein. Twiggy fixierte Harald.
    »Wie geht’s, Harry?«, fragte Dornröschen.
    »Supi, echt supi«, sagte Harry.
    »Du bist an der FU ?«
    »Humboldt.«
    »Und was?«
    »Historiker. Prof.«
    »Respekt«, sagte Dornröschen. Sie nippte an der Tasse. »Guter Stoff.«
    Harry lächelte ein Lächeln, das einer lächelte, der es gewusst hatte. Er nickte kaum wahrnehmbar. »Matti ist wirklich im Knast?«
    Dornröschen berichtete knapp.
    Harry machte große Augen. »Mord? Matti trau ich eine Menge zu, aber Mord. Nee.« Er blickte sich um, als fürchtete er Wanzen in den Wänden. »Matti ist ja immer superaktiv gewesen. Und er hat auch ein paar Sachen … na ja.« Ein Blick zu Twiggy, ein Blick zu Dornröschen. »Aber was wollt ihr von mir? Ich hab mit diesen … Dingen doch nichts zu tun.«
    »Stimmt«, sagte Twiggy und erntete einen Strafblick von Dorn röschen.
    »Ich war immer der Meinung, dass man den Kapitalismus nicht reformieren kann. Er tötet alle Kritik, indem er sie einfach aufnimmt. Die Kreuzberger Krawalle gehören doch auch schon zur Unterhaltungsindustrie. Bald organisieren sie Bustouren zum Kotti, damit die Spießer aus sicherer Entfernung mal ’ne echte Straßenschlacht erleben. Brot und Spiele. Früher haben Leute verlangt, die Banken zu verstaatlichen. Und wer hat’s gemacht?«
    »Genau, deswegen wartet man besser auf den Ausbruch der Revolution.«
    »Der Kapitalismus geht an den eigenen Widersprüchen zugrunde. Man muss dann nur die Reste aufsammeln«, sagte Harry.
    »Vorher was tun, wär auch gefährlich«, sagte Twiggy.
    »Unnötig gefährlich«, korrigierte Harry. »Wenn’s drauf ankommt, bin ich der Erste auf der Barrikade.«
    Mit einer heftigen Handbewegung bremste Dornröschen Twiggy.

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