Matti & Dornröschen 03 - Ein Mörder kehrt heim
ertönt.« Er schob den Schreibtischstuhl neben die Vitrine und kletterte darauf. Die erste Wanze befestigte er an der Rückseite der Vitrinendecke. Sie inspizierten die Küche. »Würd ich auch oben anbringen. In der Lampe sucht er zuerst«, sagte Matti. Also Küchenoberzeile, hinten, direkt an der Wand. Die dritte Wanze klebte Twiggy unter die Kommode. Dort befestigte er auch den Hauptsender, der die Wanzensignale an ein anonymes Prepaid-Handy weiterleitete. Die Geräte stammten von Twiggys Spezis, und Matti dachte sich seinen Teil. Dass etwa ein Getränkehandel nicht nur verzollte und versteuerte Getränke befördern musste. Dass er nicht nur Getränke verkaufen musste. Matti wusste, dass Twiggy Teilhaber eines Getränkeversands war, der seine Ware in ganz Norddeutschland auslieferte. Und nicht nur Flaschen und Fässer.
Twiggy stellte sich vor den Computer. Immer noch rauschten die Zeichen über die Schwärze. Die LED der Festplatte blinkte schnell. Sie summte und ratterte leise. Matti tippte auf die Uhr. Doch Twiggy schien so ruhig, als wäre alles ein Spiel.
Er rief Dornröschen an. »Schnapp dir das Stasi-Handy. Wir spielen Fendt.«
Nach einer halben Minute begann er zu singen. »Die Internationale«. Nach der zweiten Strophe rief er wieder Dornröschen an.
»Es heißt ›duldet die Schmach nun länger nicht‹. Von Schande ist nicht die Rede.«
»Korinthenkackerin«, erwiderte Twiggy und trennte das Gespräch.
Dann holte er eine zweite CD aus dem Rucksack und setzte sich wieder an den PC . »Ich bau ihm jetzt einen Keylogger ein.«
»Hat der kein Antivirenprogramm drauf?«
»So ’n Freeware-Teil. Dem jubele ich die Signatur des Keyloggers unter, dann merkt es nichts.«
»Bei uns zu Hause klappt das hoffentlich nicht.«
»Nein, unsere arbeiten nicht nur mit Signaturen. Die schlagen auch Alarm, wenn ein Programm pupt oder andere schlimme Dinge tut.«
Die Installation dauerte kaum drei Minuten.
»Und jetzt bitte ich den Herrn, Platz zu nehmen«, sagte Twiggy.
Es dauerte mehr als zwei Stunden, bis Twiggys Handy vibrierte. Sie hatten inzwischen die Bibliothek von Fendt gesichtet: eine Biografie Dserschinskis, Ausgewählte Werke von Lenin, Stalin, Marx und Engels, Ehrenburgs Memoiren, Ostrowskis Wie der Stahl gehärtet wurde , die Ich-war-ein-Kundschafter-des-Friedens-Bücher Markus Wolfs und seines Nachfolgers Werner Großmann, Harry Thürks Der Gaukler , Sonjas Rapport von Ruth Werner und weitere Schlüsselwerke der Weltliteratur.
»Der findet die Wanzen«, sagte Matti.
»Die findet er nur, wenn sie senden. Die senden nur, wenn er Krach macht, Musik hört oder quatscht. Ich glaube auch nicht, dass er den neuesten Scanner besitzt. Die Stasi-Renten machen einen nicht reich. Meine Wanzen haben außerdem eine geringe Sendeleistung, weil sie nur den Empfänger in der Wohnung erreichen müssen. Ein alter Scanner findet die nicht. Ist doch auch egal. Wir haben eine Kopie der Festplatte.«
»Er rollt an«, flüsterte Dornröschen aufgeregt.
»Das Empfangskomitee ist bereit«, sagte Twiggy. »Komm dann auch hoch.«
Sie hörten, wie der Schlüssel ins Schloss ratschte. Twiggy sprang auf und stellte sich an die Wand neben die geschlossene Wohnzimmertür. Die Wohnungstür knarrte leise auf, zwei Schritte, die Tür fiel zu. Wieder Schritte, die Wohnzimmertür öffnete sich. Fendt stand im Rahmen, erstarrte und glotzte Matti an. Twiggy packte Fendt am Oberarm und schob den Mann ins Zimmer. Der war völlig verdattert.
Es klopfte an der Wohnungstür. Twiggy öffnete sie, ließ Dornröschen eintreten und schloss sie wieder.
Sie gingen ins Wohnzimmer. Twiggy drückte die Tür zu, drehte den Schlüssel um und steckte ihn ein.
»Nehmen Sie bitte Platz, Herr Fendt«, sagte Dornröschen überfreundlich. Sie zeigte auf den Sessel.
»Ich rufe die Polizei!« Seine Stimme drohte sich zu überschlagen.
Matti holte seine Makarow aus dem Rucksack und legte sie auf den Tisch.
Fendt starrte auf die Pistole.
»Was wollen Sie?« Alle Farbe wich aus seinem Gesicht.
»Setzen Sie sich«, wiederholte Dornröschen.
Fendt umklammerte sein Kunstlederhandtäschchen und ging vorsichtig zum Sessel, als fürchtete er zu stolpern. Er setzte sich. Dornröschen saß ihm am nächsten. Er blickte sie ängstlich an.
»Herr Fendt, wir tun Ihnen nichts. Die Polizei sollten Sie besser nicht rufen. Es geht nämlich um unseren und Ihren Genossen Georg Westreich. Wenn die Polizei erfährt, dass Sie heute noch Kontakt haben mit einem der
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