Matti & Dornröschen 03 - Ein Mörder kehrt heim
werden unsere Strategie ändern. Wir werden die angreifen, die euch angreifen. Das haben wir schon besprochen.«
»Was wollt ihr tun?«
»So genau wissen wir das noch nicht. Aber wenn die Dinge sich geklärt haben, werden wir unseren Feind finden.«
»Es wäre besser, ihr würdet aufhören«, sagte Fendt.
»Ihr habt eine Schlacht verloren. Wir nicht«, widersprach Georg.
»Wo willst du hin?«, fragte Fendt, als Georg sich erhob.
Der klopfte dem Stasi-Offizier auf die Schulter und ging. In der Tür drehte er sich um und winkte.
Matti staunte, wie genau seine Einbildung die Wirklichkeit getroffen hatte, als Fendt fertig war mit seinem Bericht.
»Seitdem haben Sie Georg nicht mehr gesehen?«, fragte Dornröschen.
Fendt schüttelte den Kopf. Er überlegte, dann sagte er: »Gesehen nicht, aber er hat mir Karten geschickt. Ansichtskarten.«
»Wann?«
»Am 7. Oktober.«
»Jedes Jahr?«
»Nein.«
»Woher?«
»Uninteressant. Wenn er eine aus Kairo geschickt hat, war er bestimmt in Wien.«
Matti lachte leise.
»Haben Sie die Karten noch?«
»Ich bin doch nicht verrückt.«
»Wissen Sie etwas über seine Tochter?«
»Ich wusste bis vorhin nicht einmal, dass er eine hatte.«
»Warum haben Sie uns nicht gefragt, wie er gestorben ist?«, fragte Twiggy.
Alle anderen blickten ihn an.
Fendts Gesicht färbte sich rosa, blass nur, kaum sichtbar. Er zögerte, dann sagte er. »Weil es mir egal ist. Für mich war er tot, als er die Tür vom Alex-Grill zufallen ließ. Ich hab noch gesehen, wie er im Schnee in Richtung S-Bahn verschwand. Und dann war er weg. Für immer.« Das Gesicht war wieder bleich.
»Hatten Sie ein schlechtes Gewissen?«, fragte Dornröschen.
Fendt lächelte verlegen. »Ja, ein bisschen schon. Obwohl ich ja nichts tun konnte, außer ihm Geld zu geben.« Er dachte nach und wischte mit der Hand übers Knie, als wäre es staubig. »Ich habe geahnt, dass sie scheitern würden. Dass alle Opfer umsonst waren. Wissen Sie, was es heißt, Jahre im Untergrund zu leben? Jeden Augenblick mit dem Tod zu rechnen? Sich immer wehren zu müssen? Gehetzt zu werden? Überall Feinde zu haben? Machen wir uns doch nichts vor, die meisten BRD -Bürger hassten die … Terroristen. Hätten sie der Polizei verraten, ohne zu zögern. Hätten sie totgeschlagen.«
Matti stutzte. Irgendwas stimmte nicht. Es hatte nichts mit dem zu tun, was Fendt sagte, sondern wie er es sagte. Er redete viel, plötzlich. Als wollte er Zeit gewinnen. Wartete er auf jemanden? Wollte er sie festhalten, bis jemand kam? Aber Fendt wusste doch, dass sie bewaffnet waren. Er musste damit rechnen, als Erster dran zu sein. Oder lenkte er von etwas ab? Von was? Er blickte Dornröschen und Twiggy an. Deren Augen hingen an Fendts Lippen. Der Typ war so unscheinbar. Aber seine Vorgesetzten hatten ihm damals eine wichtige, komplizierte Aufgabe übertragen. Hätte Fendt einen Fehler gemacht, wären die Blätter im Westen hergefallen über die DDR . Die Bonner Regierung hätte einen Teufelstanz veranstaltet. SED hilft Terroristen. Das wäre eine Geschichte gewesen. Sie hätten sich besser vorbereiten müssen auf diesen Mann. Der leimte sie durch seine Unscheinbarkeit. Aber wie?
»Ich glaube Ihnen kein Wort, Herr Fendt«, sagte Matti. Er fixierte den Geheimdienstler.
Dessen Gesicht schmückte nun ein Lächeln. Er triefte vor Verständnis. »Ich würde so einem wie mir auch nicht glauben. In meinem Beruf, das bitte ich zu verstehen, wird öfter gelogen als in anderen. Wir liegen knapp hinter dem horizontalen Gewerbe. Trauen Sie nie den Liebesschwüren einer Hure. Glauben Sie nie einem Mann vom Nachrichtendienst. Ich kann Ihr Misstrauen verstehen.« Er hängte ein gütiges Lächeln an.
Dornröschens Augenbrauen wanderten nach oben.
»Ich glaube, dass Sie Georg vor Kurzem gesehen haben. Mindestens hatten Sie Kontakt zu ihm. Vielleicht hat er angerufen. Vielleicht per SMS oder Mail.« Matti versuchte in Fendts Gesicht zu lesen, aber das blieb ausdruckslos.
»Ich kann jetzt sagen, was ich will, und es ist falsch. Ich hatte seit neunundachtzig keinen Kontakt mehr mit Georg. Würde ich etwas anderes behaupten, gäbe ich eine Straftat zu. Glücklicherweise befinde ich mich nicht in einer solchen Notlage.« Er blickte Matti kalt in die Augen. »Haben Sie mich jetzt verstanden?«
Schweigen.
Die drei blickten sich an. Dornröschen schüttelte den Kopf. Twiggy runzelte die Stirn. Matti war ratlos.
»Glauben Sie, dass wir zu den Bullen rennen, wenn Sie nun mit
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