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Matto regiert

Matto regiert

Titel: Matto regiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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Vorhaltungen eine Antwort wissen, die mir den Mund verschließt… Es ist hoffnungslos…
    »Wissen Sie, was Sie jetzt brauchen, Studer?« fragte Dr. Laduner. Der Wachtmeister blickte erstaunt auf. Der Arzt ging zur Türe: »Greti!« rief er, »bring unserem Wachtmeister einen Kirsch. Es ist ihm übel geworden…« Er kam zurück, ging zum Fenster und sagte: »Vielleicht kann man den Alkohol auch zu den psychotherapeutischen Mitteln zählen… Mein berühmter Kollege hat es wenigstens behauptet. Und ich möchte ihm nicht ganz unrecht geben… Trinken Sie, Studer, und dann erzählen Sie. Greti, du kannst auch zuhören…«
    Frau Laduner setzte sich auf das Ruhebett. Sie faltete die Hände. Studer schenkte sich ein Glas Schnaps ein, leerte es, füllte es noch einmal, behielt die scharfe Flüssigkeit eine Zeitlang im Munde, schluckte sie, räusperte sich dann und begann.

Sieben Minuten
    Der kleine Gilgen hat Selbstmord begangen…« sagte Studer, »aus Angst – aber ich konnte keine Erklärung für seine Angst finden. Man will einen Menschen verhaften, weil er Geld gestohlen hat, und er stürzt sich zum Fenster hinaus…
    Gilgen hatte keine Ahnung, wie der Kassenschrank in der Verwaltung aussah. Er hatte
zwei
Bündel Hunderternoten in seinem Besitz. Er wußte nichts von dem dritten Bündel. Also hatte ein anderer den Diebstahl begangen. Gilgen schwieg. Doch er fürchtete sich vor einer Verhaftung. Warum hatte er Furcht? Weil der Richter ihn wohl gezwungen hätte, auszupacken. Logische Folgerung: Gilgen wollte jemanden decken… Wer war damals im Gang? Der Portier Dreyer war in seiner Loge. Später kam die Irma Wasem, Schokolade kaufen. Um den Portier Dreyer zu decken, hätte Gilgen wohl nicht geschwiegen. Wen – außer diesen beiden – hatte er in der Loge getroffen?
    Pieterlen?
    Pieterlen scheidet aus. Pieterlen hat im Zimmer, aus dessen Fenster nach Schüls Behauptung Matto immer vorschnellte und zurück – Pieterlen hatte in jenem Zimmer Handharfe gespielt. Aber Pieterlen war nicht mehr in diesem Zimmer. Ich hatte ihn getroffen im Gang bei der Heizung, als man euch niedergeschlagen hatte, Herr Doktor. Nicht Pieterlen hatte euch niedergeschlagen – ein anderer schlich in den Gängen der Anstalt herum. Wer war dieser andere?
    Die Lösung wäre einfacher gewesen, wenn ich bei der Erzählung des Obersten Caplaun ein wenig besser aufgepaßt hätte. Aber ich war – mit einem eigenen Gewissenskonflikt beschäftigt.«
    Studer lächelte schüchtern, legte die Hand auf Laduners Arm und fragte, ohne aufzublicken:
    »Warum habt ihr mir nicht gesagt, daß der Herbert Caplaun drei Monate auf dem B war?«
    Der Arzt schwieg. Frau Laduner räusperte sich. Studer fuhr fort:
    »Sie haben wohl alle gewußt auf dem B, daß der Herbert euer Privatpatient werden sollte. Er hatte es wohl erzählt. Ich kenne ja noch nicht viel von der Anstalt, aber eines kann ich mir gut vorstellen: in den langen leeren Tagen schwatzen die Leute, schwatzen viel, erzählen ihr Leben, sprechen von ihren Hoffnungen…«
    Pause.
    »Zwei Wärter auf dem B… Zwei Wärter, die zu euch gehalten haben, Herr Doktor. Die junge Garde, wenn ihr wollt. Der Jutzeler Max und der kleine Gilgen. Dem kleinen Gilgen habt ihr eure Photi geschenkt. Ich hab' sie gefunden in seinem Nachttischli… Glaubt ihr denn, daß es schwer war, zu erraten, wen der Gilgen beim Portier Dreyer getroffen hat, wen er decken wollte?… Der Herbert Caplaun hat erzählt, wie er zum Hauptportal hereingekommen ist, die Loge des Portiers betreten hat… Der Dreyer hielt drei Päckli Hunderternoten in der Hand. Das Folgende habe ich rekonstruieren müssen. Sie wollten beide nicht reden. Ich denke mir, der Portier wird dem Herbert gedroht haben, er werde erzählen, wie der Direktor umgekommen sei, und der Herbert hat Angst bekommen. Dann ist der Gilgen eingetreten. Wahrscheinlich hat Caplaun die drei Päckli Hunderternoten gerade in der Hand gehalten…«
    Auf dem runden Tisch lag das dritte Banknotenpäckli. Studer nahm es auf und klopfte damit gegen die Tischkante.
    »Der Herbert wußte, daß der Gilgen Schulden hatte. Er wußte, daß der Portier ein Dieb war. Er hat dem Gilgen viertausend Franken in die Hand gedrückt… Und Gilgen ist auf die Abteilung zurückgegangen…«
    Frau Laduner seufzte.
    »Und dann ist ein gewisser Wachtmeister Studer ans Telephon gerufen worden. Dann ist diesem Wachtmeister vom Portier mitgeteilt worden, in der Verwaltung sei eingebrochen worden, und der Wachtmeister

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