Mattuschkes Versuchung
kühne Gedanke, Garnelen frisch aus Deutschland wäre ein Clou. Wir haben uns das nötige Know-how besorgt und dann investiert, auch dank Heinz, der gleich an unsere Idee geglaubt und sich beteiligt hat.«
Er warf ihm einen anerkennenden Blick zu. Der hob sein Glas und stieß auf erfolgreiche Zeiten für den Garnelenpionier an. Alle fielen in den Toast ein. Zu beeindruckend war die Geschichte, und Mattuschke hatte offenbar wieder den richtigen Riecher, um sein ,Schwarzgeld’ zu deponieren.
»Um eine ungefähre Vorstellung zu bekommen, welche Menge verkaufen sie denn pro Jahr?«, fragte Louise interessiert.
»Sie wollen es aber ganz genau wissen, kommt jetzt noch die Frage nach dem Gewinn?«, hob Mattuschke warnend den Finger und lachte.
»Ich glaube, zur Zeit liegen wir etwa bei fünfundzwanzig Tonnen pro Jahr. In der Spitzengastronomie sind wir schon gelistet, die Kundschaft vermehrt sich ständig, obwohl die Tierchen teurer sind, aber die Qualität ist überzeugend besser«, sagte Rudinsky stolz, »was meint die Wissenschaft dazu, Louise?«
»Knappe Güter haben einen höheren Preis, weil wir bereit sind, sie entsprechend zu honorieren. Er ist das Rationierungsinstrument, um unbegrenzte Bedürfnisse nach Delikatessen mit ihren geringen Mengen in Einklang zu bringen. Werden solche Spitzenprodukte stärker nachgefragt, steigt der Preis zwangsläufig«, versuchte Louise den ökonomiewissenschaftlichen Prozess zu veranschaulichen.
»Alles Theorie, Riecher, das macht den Unternehmer aus, nicht wahr Ralf?«, wandte sich Mattuschke an ihn, »man muss ein Näschen haben und eben nach allen Seiten offen sein.«
»Wer nach allen Seiten offen ist, kann zwangsläufig nicht ganz dicht sein«, war plötzlich Ricks trockener Kommentar zu hören. Bisher hatte er sich an den Gesprächen nicht beteiligt. Für einen Augenblick entstand betretenes Schweigen, dann brachen alle außer ihm und Louise in heftiges Lachen aus. Sie trat ihm unter dem Tisch ans Bein, peinlich berührt.
»Zum Unternehmer muss man geboren sein«, fuhr Mattuschke fort »mein damaliger Chef Kornfeld hat immer gesagt ,es gibt welche, die heute eine Hutfabrik eröffnen, und morgen kommen die Leute ohne Kopf auf die Welt, Gespür und Glück gehören einfach dazu.«
Beim Hauptgang, Filetsteak mit Rindermark, gedämpftem Fenchel, mit einem Hauch Parmesan und von markanter Kirschnote eines exquisiten Spätburgunders begleitet, tauten auch Hubers auf, die sich bisher zurückgehalten hatten. Er, Finanzbeamter, eine hagere, fuchsgesichtige Gestalt mit ausgehöhlten Wangen, die jedes Detail wie Radar am Tisch zu erfassen schien, gab sich ungemein wichtig und unverzichtbar. Die verabschiedeten Haare seines Kopfes schienen in Ohren und Nase eine neue Heimat gefunden zu haben. Louise beschlich das Gefühl, dass er von Mattuschke ausgehalten wurde und ihn dafür mit unsauberen Extraleistungen versorgte. Er machte einen blutleeren Eindruck, bar jeder Pigmentierung und Ausstrahlung geboren. Die Art, in der er sprach, war ermüdend wie ein Hochhaus ohne Fahrstuhl. Frau Huber, ein ansehnlicher Typ Frau, mit braunem Haar und blassgrünen Augen, konnte ebenfalls mit einer außergewöhnlichen Innovation aufwarten. Sie hatte ein ,Autohaus für Damen eröffnet, bei dem Mattuschke auch als Sponsor auftrat, was Louise in ihrer Vermutung bestärkte.
»Ein Autohaus lediglich für Frauen, wird das denn überhaupt angenommen?«, war Ricks spöttisch fragender Kommentar.
»Sie können doch am allerbesten beurteilen, Herr Messer, wie Frauen in den klassischen Autohäusern und Werkstätten vom männlichen Personal behandelt werden. Kaum sagt man, da klappert etwas hinten, wird es mit einem Grinsen quittiert, nach der Devise, das wird wohl die Getränkekiste oder das lose Warndreieck sein. Selbst wenn man es anstandshalber unterlässt, zu fragen, ob sie nicht wisse, wo vorne und hinten ist, unterstellt man es jedenfalls. Und wenn sie vom Hof wegfahren will, bietet man sich an, weil man befürchtet, sie ramme das Gebäude, Finde den Gang nicht oder schlage eh die Räder falsch ein.«
Rick grinste breite Zustimmung.
»Bei uns wird jede Frau in dieser Hinsicht ernst genommen, wir beschäftigen ausschließlich Damen, auch in der Werkstatt, und das läuft bis jetzt sehr gut.«
Huber verzog das Gesicht zu einer herablassenden Grimasse. »Eine einzige Ansammlung von Brüsten, ob das mal gut geht?«
Dieser widerwärtige Chauvinist, Louise warf ihm einen missbilligenden Blick zu. Ihr
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