Mattuschkes Versuchung
gefiel die Idee.
»Ich finde es toll, dass Sie den mutigen Sprung gewagt haben, bei Ihnen würde ich direkt mein Auto kaufen.«
Sie erhielt einen leichten Tritt von Rick und sah wütend zu ihm hinüber.
»Also beim nächsten Neuwagen gleich zu Ihnen, das habe ich gerade beschlossen«, pflichtete ihr Vera bei, »ich werde es auch meinen Kolleginnen weitersagen.«
Vera war, wie sie später erfuhren, als schauspielernde, tanzende Soubrette am Theater tätig und hatte einen gelegentlichen Nebenjob beim Synchronisieren ausländischer Filme.
Das Dessert wurde aufgetragen, Louise warf einen verstohlenen Blick zu Mattuschke, der gerade der Bedienung mit angewiderter Miene hinterher sah, obwohl sie eine durchaus ansprechende Erscheinung war. Sie versuchte die Blickrichtung nachzuvollziehen, auf die Beine, die in milchigen Strümpfen unter ihrer schwarz weißen Montur steckten, hatte sich sein Fokus gerichtet. Ich glaube, er hasst milchige Strümpfe, sie stören sein ästhetisches Empfinden, dachte sie.
In der Tat spürte Mattuschke eine Aversion gegen diese Optik und seine Oberlippe begann an einer Stelle anzuschwellen, wie bei Herpes-Bläschen. Ganz andere Empfindungen hatte er bei der ihm gegenübersitzenden Louise, von der er die Augen am liebsten nicht mehr abgewendet hätte, wäre es nicht so auffällig gewesen.
Ihre dunkelblonden Haare, auf die Schultern fließend, in modern geschnittener Façon, umrahmten das ebenmäßig ausdruckvolle, dezent geschminkte Gesicht, aus dem das Blaugrau der offen und interessiert blickenden Augen, lebhaft hervorsprang. Sie war ausgesprochen hübsch, eher schön für seine Begriffe, ihre Nase klein, richtiggehend süß, wie die Ohren, fast die eines Kindes, zierlich und verspielt geformt. Auf der linken Wange saß der winzig kleine Leberfleck, kaum größer als ein Punkt, der ihrem Gesicht einen Kick verlieh, eine winzige Asymmetrie, die das Besondere ihrer Erscheinung verstärkte. Bei wem hatte er den kleinen Fleck mit ähnlich vorteilhafter Wirkung schon einmal gesehen? Er dachte kurz nach, ja, bei Eva Mendes, der Filmschauspielerin.
Die Lippen, nur von einem Stift gestreift, elegant geformt, voll, nicht üppig, hinterließen den Eindruck besonderer Appetitlichkeit. Obwohl dies kein passendes Adjektiv war, empfand er es so bei ihrer gesamten Erscheinung. Sie war so groß wie er, mit schlanker Silhouette, nicht dünn, sondern wohl proportioniert und bewegte sich mit dem eleganten, federnden Gang, den er bei Frauen liebte. Sie war in ihrer unbekümmerten Natürlichkeit Frau gewordene Frische und erinnerte ihn im ersten Augenblick an Sina.
Stundenlang hätte er ihr zuhören können, so angenehm und dialektfrei war ihre Sprache, keine Spur von Schrille oder hektisch verschluckten Silben, wie bei vielen, die er kannte, deren Stimmen sich unangenehm in die Höhe schraubten, sobald die Gefahr von Unaufmerksamkeit entstand, oder andere sie zu übertönen suchten: warm, schmeichelnd, Interesse weckend. Obwohl noch so jung, wirkte alles an ihr kultiviert, jegliches Laute war ihr fremd. Gerade beobachtete er, wie sie das Dessert aß, mit schlanken feingliedrigen Händen, deren Fingernägel nicht rot, sondern klar lackiert waren und natürlichen Glanz verkörperten. Unwillkürlich malte er sich aus, wie die eleganten Hände zärtlich über ihren Körper gleiten würden, ein Bild, das ihn augenblicklich erregte. Er verzehrte sich nach dem Gedanken, sie in hüllenloser Schönheit betrachten zu können. Ganz langsam verschwand die Schokoladenmousse zwischen ihren sinnlichen Lippen, ab und zu strich die Zunge vorwitzig ein Schokoladenbröckchen ab, von schelmisch genießerischem Blick begleitet.
Louise entging nicht, dass ihr Gastgeber kein Dessert aß, sein Blick länger auf ihr ruhte und eine gewisse Faszination ausdrückte, die ihr schmeichelte. Von Rick war sie noch nie so bewundernd angesehen worden, er wirkte meist gleichgültig, obwohl sie wusste, dass er nicht so empfand. Es kribbelte ein wenig; Mattuschkes Interesse, das konnte sie nicht leugnen, gefiel ihr. Er hatte etwas Weltmännisches an sich, obwohl sie wusste, dass seine Weste nicht gerade weiß war, aber die Aura, die ihn umgab, war die eines erfahrenen, erfolgreichen Mannes vermögender Gesellschaftskreise. »Was ich mir da zurecht spinne?«, schalt sie sich. Sein kantiges Kinn verriet Energie und Durchsetzungskraft, Augen und Lächeln besaßen außergewöhnlichen Charme. Dieser Mann hatte sein Leben lang Fortune bei Frauen,
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