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Matzbachs Nabel

Matzbachs Nabel

Titel: Matzbachs Nabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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stürzte und schlitterte auf dem tanzenden Boden. Er bildete sich ein, Jorindes Schrei zu hören, aber das mußte eine Halluzination sein.
    Es war ein Vulkanausbruch, ein Erdbeben, eine Springflut, irgendwas jenseits des Vorstellbaren. Er schrie, preßte die Handflächen gegen die Ohren, würgte, hustete. Staub und Grauen kamen durch das Loch im Schott wie aus einem Heißluftgebläse.
    Mühsam richtete er sich auf. Bergner mußte den Inhalt seiner Sporttasche gezündet haben, was immer der Inhalt war. Matzbach bezweifelte, daß von den Clubräumen noch etwas aufzufinden wäre; bis auf ein paar Hummerschalen. Er kicherte schrill.
    Durch das Loch kam Bergner, langsam, mühevoll. Matzbach sprang auf, lief ihm entgegen und stützte ihn. Das Gesicht war schwarz, aus einem Ohr rann Blut.
    »Geht’s?«
    Bergner rang nach Luft, hustete, würgte, erbrach sich gekrümmt. Als er sich aufrichtete, versuchte er ein Lächeln.
    »Gründliche NVA-Ausbildung«, krächzte er. Er deutete nach vorn.
    In diesem Moment erlosch das Licht; Sekunden später flackerte es wieder auf, trüber.
    »Vielleicht entriegelt das auch die Schotts.« Matzbachs Stimme klang in seinen eigenen Ohren fremd. Und nicht gerade überzeugt.
    Bergner hustete wieder. »Kaum.« Das Krächzen war fast nicht zu verstehen. »Notstrom. Reicht.« Er würgte, übergab sich noch einmal. Matzbach sah zu genau hin und versuchte das Blut wegzuzwinkern.
    »Der Druck.« Bergner atmete ganz flach. »Los.«
    Matzbach stützte ihn die ersten paar Schritte, bis Bergner ihn abschüttelte. Yü und Jorinde kamen ihnen entgegen; beide wirkten leicht lädiert, hatten sich beim Sturz nach der Detonation aufgeschürft.
    »Heinrich ist am Schott, mit seinem Rucksack und Rau«, sagte Yü. Er kniff die Augen zusammen und musterte Bergner. »Kann ich helfen?«
    Bergner schüttelte den Kopf. Langsam, ohne zu taumeln ging er zu Genenger, nahm ihm den Rucksack ab, wühlte darin und preßte eine schwärzlich glitzernde Scheibe auf das Schott. Dann kam er zurück, mit Genenger und Rau.
    »Mehr Abstand. Hinlegen.« Seine Stimme klang fast wieder normal, aber Matzbach sah den Schmerz um die Mundwinkel und in den Augen.
    »Was ist das?«
    Bergner hustete wieder, spuckte, hielt sich an Jorindes ausgestreckter Hand fest.
    »Kapitalismus«, keuchte er. »Frag mich nicht, wie ne chinesische Haftmine auf euren Waffenmarkt kommt. Runter mit euch.«
    Sie liefen noch ein Stück, dann warfen sie sich wieder zu Boden. Bergner fummelte an seinem schwarzen Kästchen.
    Vor ihnen ging die Sonne auf, dann die Welt unter, abermals. Irgendwie war es aber diesmal nicht so schlimm. Nicht so laut, nicht so wuchtig, kein derartiges Geprassel.
    Matzbach richtete sich auf. Jorinde kam taumelnd auf die Beine; Yü bückte sich und half Bergner hoch.
    Heinrich Genenger stand nicht auf. Ein zischendes, ausgezacktes Stahlstück hatte seinen Hinterkopf entfernt, die Schultern aufgerissen und ragte qualmend zwischen den Schulterblättern.
    Jorinde hielt sich an Yü fest und starrte mit weit offenen Augen auf den Bestatter. Bergner torkelte, stützte sich an der Wand ab; Matzbach kniete neben Genenger, faßte ihn hier und da an, mit zuckenden Händen.
    »Weiter«, sagte Yü mit harter Stimme. »Wir können ihn nicht tragen.«
    »Da gibt’s nichts mehr zu tragen.« Matzbach stand langsam auf, wie ein uralter Mann; er fühlte sich wie in einem bösen Traum. Als wäre er eigentlich weit fort.
    Yü schob Jorinde zum gesprengten Schott. Matzbach versuchte sich auf die Gegenwart zu besinnen und Bergner zu stützen. Er nahm die Uzi, die der Ex-Major nur noch baumeln lassen konnte. Jorinde war durch die Öffnung gekrochen, Yü folgte; Matzbach nahm Bergner eben den Rucksack ab, den Genenger durch die Unterwelt getragen hatte, stellte ihn neben das Loch, stieg mit einem Bein hindurch und zog Bergner hinterher.
    Ein Feuerstoß. Geschosse jaulten an den Wänden entlang, dröhnten gegen die unzerstörte Schottfläche. Im Gang, weit weg, tauchten Gestalten auf. Noch ein Feuerstoß. Bergner zuckte mehrmals; etwas Heißes schrammte Matzbachs Bauch. Er schrie, zerrte den Major zu sich durchs Loch, richtete die Uzi und feuerte. Er wußte nicht, ob er durch Zufall jemanden getroffen hatte; die Waffe bockte in seinen Händen wie ein neurotischer Hengst, aber einen Moment herrschte Stille.
    Bergner zupfte an seinem Hosenbein. Matzbach blickte nach unten, sah das eigene Hemd zerfetzt und blutig, sah Bergner blutüberströmt am Boden. Er kniete

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