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Matzbachs Nabel

Matzbachs Nabel

Titel: Matzbachs Nabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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brüllte: »Ruhe!«
    In den Räumen, soweit Matzbach sie überblicken konnte, mochten an die zweihundert Leute sein, Frauen und Männer, jünger und älter. Bedienende und Bediente, Be- und Entkleidete. Fast drei Viertel, nach einer groben Schätzung, hattenGesichter, die Matzbach sofort mit Namen belegen konnte oder bei denen ihm die Namen bald einfallen würden; ein Viertel schien Personal zu sein.
    Zwei Engholms, ein Lafontaine und eine Breuel hatten bei einem Kartenspiel gesessen. Ein Helmut Schmidt stand vor einem Regal und stellte ruhig ein Buch zurück. Ein Ludwig Erhardt ohne Zigarre legte den neuesten
Spiegel
weg und faßte sich ans Kinn. Ein zweiter Lafontaine, die eine Hand am Hummer, die andere im Schritt der nackten Kellnerin, schien im Kauen gefroren. Ein dritter Engholm, Pfeife in der einen, Feuerzeug und Stopfer in der anderen Hand, blickte irritiert, mit leicht gesenktem Kopf, wie von unten nach oben zu den Eindringlingen hin. Ein Genscher, in eine hektische Debatte mit zwei Exemplaren Wulf-Mathies verwickelt, deutete scheinbar fassungslos auf Matzbach und wackelte mit den Ohren. Uwe Barschel, mit Badehose, Handtuch und abflauender Erektion, stand neben dem gläsernen Kopulationssteg; aus der offenen Tür hinter ihm quoll Dampf wie aus der Sauna. Volker Rühe I, eben von Rühe II mattgesetzt, drehte sich im Sessel um und kippte dabei das Schachbrett. Waigel schüttelte immer wieder den Kopf, stützte sich mit beiden Ellenbogen auf die Mahagonibar und langte nach der Cognacflasche. Zwei Möllemänner und ein de Maizière, drei Stolpes, zweimal Irmgard Schwaetzer, ein Diepgen, zwei Biedenköpfe, Schröder, Momper, Bohl, Rau, Blüm, Schröder, Blüm, Wörner, Rau, Simonis, Scharping, Streibl, Matthäus-Maier, Rönsch, Süßmuth, Wörner, Würfel, Kinkel, Streibl, Kinkel, Wissmann, Rau …
    »In zehn Minuten geht der ganze Laden hier hoch.« Matzbachs Baß rollte durch die Räume. »Bitte gehen Sie ohne Panik durch den Gang Richtung Klinik. Alle, bis auf zwei oder drei, denen ich noch ein paar Fragen stellen möchte.Holen Sie bitte die, die noch in der Sauna oder anderen Räumen sind. Sofort.«
    Bergner stand mit seiner Uzi da wie ein Denkmal. Yü hatte die Tür verkeilt und hielt den Revolver in der Rechten; mit der Linken zog er das lange Messer langsam aus dem Gürtel Draußen auf dem Gang schob Genenger den Sessel mit dem toten Wachtposten aus der Kabine, in der Jorinde immer noch über Schaltungen und Papieren brütete, vor die erste Schottür.
    Matzbach hatte offenbar richtig kalkuliert. Die Insassen des weitläufigen Etablissements, alle ruhig und gefaßt, gingen ohne weitere Gegenfragen durch die Tür, hinter der Finkele in seinem Blut lag. Die meisten streiften den Posten im Sessel nur mit einem flüchtigen Blick, ohne jede Gefühlsreaktion; nur einmal sagte jemand »iiieh«.
    Ein Pleitgen und zwei Nowottnys kamen aus der Sauna, gefolgt von einer Merkel und einer Bohley. Andere mehr oder minder bekannte Gestalten näherten sich aus anderen Nebenräumen.
    »Alle so brav«, sagte Yü halblaut. »Und so diszipliniert. Das können nicht die echten sein. Trainierte Befehlsempfänger.«
    »Das eine schlösse das andere nicht notwendig aus.« Matzbach verkniff sich ein Grinsen und dirigierte Rau III, Nowottny II und Wulf-Mathies II in die Ecke neben dem edlen Tresen. Er hielt Abstand und ließ die Pistole sichtbar auf die drei gerichtet.
    »Ich wüßte gern zwei oder drei Dinge«, sagte er. »Sie haben den Toten draußen gesehen, nicht wahr? Im Gang liegt noch einer. Besser, Sie antworten.«
    »Ich würde lieber Krabben puhlen.« Rau III litt an Zuckungen. Der Tic zog sein Auge zusammen und auseinander.
    »In der Toscana, Euer Lumineszenz?« sagte Nowottny II.
    Wulf-Mathies II blies die Wangen auf. »So können Sie mit uns nicht umspringen, Herr, wer immer Sie auch sind.«
    »Doch, kann ich.« Matzbach blickte auf die Uhr. »Wir haben nicht viel Zeit, also …«
    »Genau fünf Minuten.« Rau III lächelte sanft. »Dann kommt die Einsatztruppe.« Das Auge zuckte jetzt wie rasend.
    »Machen Sie sich nicht lächerlich.«
    »Doch. Waigel hat, als Sie reingekommen sind, am Tresen einen Knopf gedrückt. Es dauert ein bißchen, bis die Jungs von oben hier sind, aber sie werden kommen.«
    Yü wandte sich Genenger zu und sagte etwas, was im Saal nicht zu hören war. Genenger rief: »Jorinde, Tempo!« und ging zur Kontrollkabine. Bergner bewegte sich nicht, er beobachtete die letzten Nachzügler, die zum Schott

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