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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Südsüdwest.« Segrave gab den Befehl an den ältesten Rudergänger weiter, doch der übersah den Midshipman und suchte Simcox’ Blick zur Bestätigung.
    »An Deck! Der Fremde läuft davon und setzt mehr Segel.« Tyacke schob die Daumen hinter seinen Gürtel. »Er versucht’s also.« Durch die hohlen Hände rief er: »Mr. Jay, nehmen Sie ein Glas mit nach oben!« Der Mastergehilfe eilte zu den Webleinen, und da kam schon der nächste Befehl: »Marssegel setzen!« Tyacke lächelte, was er selten tat. »Er wird uns nicht entkommen.«
    Dann schien er Segrave zum erstenmal zu bemerken. »Entern Sie mit auf und lernen Sie was!« Damit ließ er den Midshipman stehen.
    Segrave hatte endlich das Ende der schwankenden Webleinen erreicht und hielt sich neben Mr. Jay auf der Saling fest. Die Höhe machte ihm nichts aus, er starrte über die endlose See mit ihren weißschäumenden Wellen. Hier oben konnte man das Schiff vergessen. Er sah, wie die Gischt am Bug hochstieg und über das Deck geweht wurde, fühlte das Zittern des Mastes und merkte, wie die Segel den Wind einfingen, dessen Heulen alles an Deck übertönte.
    Jay gab ihm das Teleskop. »Schauen Sie sich den mal an.« Dann brüllte er nach unten: »Ein Schoner, Sir! Ohne Flagge.«
    Tyackes Stimme drang mühelos bis zu ihnen herauf: »Flieht er?«
    »Aye, aye, Sir.«
    Sie hörten das Quietschen eines Blocks, und Sekunden später entfaltete sich die Kriegsflagge unter der Gaffel der
Miranda.
Jay grinste: »Denen werden wir’s zeigen!«
    Segrave sah, daß das andere Schiff ebenso stark überholte wie die
Miranda.
Es schien plötzlich sehr viel näher. Segrave erkannte schmutzige, geflickte Segel und auswehende, gebrochene Tampen. Der Rumpf war wohl mal schwarz gewesen, aber jetzt hatten Wetter und Seen an vielen Stellen die Farbe abgefressen. Auf einem Schiff der Navy wäre so etwas unmöglich gewesen, auch nach härtesten Einsätzen. »Was ist das für einer, Mr. Jay?«
    »Vermutlich ein Sklavenhändler.« Jay musterte das andere Schiff abschätzig. »Den schnappen wir uns ganz bestimmt.«
    Tyackes Stimme schallte übers Deck: »Klar zum Gefecht! Mr. Archer nach achtern, bitte.« Archer war der Stückmeister. »Mr. Segrave! Nach unten, aber sofort!«
    Jay sah zu, wie der Midshipman in den Webleinen abenterte. Sein helles Haar wehte im Wind. Über den Jungen konnte man sich nicht beklagen, doch ein so kleines Schiff hatte seine Tücken. Eine Hand fürs Schiff, eine für dich selbst, hieß die wichtigste Regel. Passagiere oder Muttersöhnchen hatten an Bord keinen Platz.
    Als Segrave das Deck erreicht hatte, stand Simcox schon vor ihm: »Helfen Sie Mr. Archer, er wird vorn den Vierpfünder feuerklar machen und abfeuern. Lernen Sie dabei, soviel Sie können.«
    Der rundliche Bootsmann grinste mit seinen schadhaften Zähnen: »Archer schießt einen Apfel vom Baum, selbst noch auf hundert Schritt.«
    Tyacke sprach jetzt mit dem Rudergänger, und in der grellen Sonne sah sein Gesicht wie frisches Fleisch aus. Segrave folgte dem Stückmeister, aber am liebsten hätte er sich unter Deck verkrochen. Der grauhaarige Elias Archer stand lässig mit vor der Brust verschränkten Armen auf dem tanzenden Vordeck und ließ seine Männer das Buggeschütz laden.
    »Haben Sie das schon mal gemacht?« frage er den Midshipman und starrte dabei zu dem anderen Schiff hinüber. Es war größer als die
Miranda
und konnte ihnen immer noch davonsegeln.
    Segrave schüttelte den Kopf. Ihm war eiskalt trotz der Sonne, und er zitterte, wenn der Bug in die See fiel. »Nein«, antwortete er.
    »Mein letztes Schiff hat mal einen französischen Zweidecker verfolgt, aber der lief auf Grund und ging in Flammen auf, ehe wir ihn entern konnten.«
    »Wir machen das besser.« Der Stückmeister nahm eine glänzende Kanonenkugel aus dem Gestell und rollte sie prüfend zwischen seinen harten Händen. »Kurierschiffe müssen schnell und leicht sein. Ohne uns bekäme die Flotte keine Nachrichten. Und ohne uns wäre selbst Nelson damals am Ende gewesen.« Einem aus seiner Mannschaft befahl er: »Stückpforte auf.«
    Segrave sah Männer an Schoten, Halsen und Brassen eilen. Der verfolgte Schoner war bestimmt abgefallen, obwohl das von hier aus schwer zu beurteilen war.
    Archer beugte sich vor und beobachtete kritisch, wie die Kanone geladen wurde. »Manche Idioten verdoppeln die Pulvermenge«, sagte er, »aber nicht auf der kleinen
Miranda

    Segrave hörte den Befehl des Kommandanten: »Signalisieren Sie ihm, er

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