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Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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nervös, weil er wußte, daß Tyacke schnell wieder weitersegeln wollte. »Das bringt nichts«, sagte er schließlich. »Der Deserteur wollte nur seine Haut retten und hat diese Kartengeschichte erfunden.«
    Ein Spiegel lehnte an einem Kasten mit Duellpistolen. Jay hob ihn an – ein letzter Versuch. »Nichts, verdammt noch mal!« Er warf das Glas weg, und Segrave fing es auf, ehe es zu Boden fallen konnte. Die Schwarze auf der Koje bewegte sich, ihre Brüste glänzten im Sonnenlicht.
    »Sie liegt auf was, Mr. Jay!«
    Jay starrte zuerst ratlos zu ihr hinüber, dann ging er zur Koje, um sie zur Seite zu schieben. Aber ihr schweißnasser Körper entglitt seinem Griff, sie bewegte sich blitzschnell, und ein Messer blitzte in ihrer linken Hand. Segrave sprang Jay zu Hilfe.
    Jay fiel und rutschte durch Segraves Ansturm über den Boden der Kajüte. Der junge Mann sank über die Frau und stieß einen schrillen Schmerzensschrei aus.
    Segrave spürte das Messer wie eine Flamme über seine Hüfte zucken und wußte, mit dem zweiten Stich würde sie seinen ungeschützten Rücken treffen. Aber dann knallte es, und das Messer flog zu Boden. Die Frau fiel mit blutendem Mund gegen die Wand. Jay hatte sie geschlagen.
    Der junge Seemann kam jetzt in die Kajüte gerannt. »Helfen Sie Mr. Segrave«, befahl ihm Jay, schob die Frau zur Seite und zog einen Lederbeutel unter ihrem nackten Leib hervor.
    Segrave untersuchte stöhnend den Schnitt in seiner Hose. Das Messer hatte ihn ganz schön erwischt. Überall war Blut. Er biß sich auf die Lippen, um nicht zu schreien. Der Seemann wickelte ein Hemd um die Wunde, aber der Stoff war schnell durchtränkt.
    Jay riß die Ledertasche auf, fand die Karte und rollte sie mit zitternden Fingern halb auf.
    »Ich muß sofort den Kommandanten sprechen«, sagte er dann, richtete sich auf und sah in Segraves schmerzverzerrtes Gesicht.
    »Sie haben mir gerade das Leben gerettet. Noch etwas Geduld, ich bin gleich zurück.« Seine Stimme klang sanft.
    Oben an Deck schien der Abend zu dunkeln, die Wolken hatten Ränder aus schimmerndem Gold.
    »Ihr wirklicher Zielhafen ist Kapstadt, Sir«, rief Jay hinüber. »Ich habe hier eine Nachricht – in französisch, denke ich.«
    Tyacke befahl: »Schicken Sie mir den Skipper und diese Ledertasche herüber. Und den Deserteur. Ich laufe zum Geschwader weiter. Werden Sie und Mr. Segrave an Bord klarkommen?«
    Jay grinste. »Natürlich. Jetzt haben wir hier keine Probleme mehr.«
    Der Skipper der
Albacora
protestierte, als ein Seemann ihn packte. »Legen Sie ihn in Eisen«, knurrte Jay. »Wegen Mordversuchs an einem Offizier, Tötung von Sklaven und Handel mit dem Feind.« Als der Mann plötzlich schwieg, nickte er. »Aha, du hast mich also ganz gut verstanden.«
    Als das Boot mit den Gefangenen zur
Miranda
zurückgekehrt war, plazierte Jay seine Männer sehr sorgfältig auf der
Albacore.
    »Wir nehmen gleich Fahrt auf. Beobachtet die Crew genau, und im Zweifel schießt ihr sofort, klar?«
    Mit dem Bootsmann kehrte er in die Kajüte zurück, wo der junge Matrose noch immer Segraves Blutung zu stoppen versuchte, der sich erbittert wehrte. Da drückte Sperry ihn zu Boden, der junge Matrose und Jay schnitten ihm die blutige Hose auf und legten die Wunde frei.
    »Mit ein, zwei Stichen kann ich das nähen«, sagte Sperry.
    »Besorgt mehr Verbandszeug.«
    »Um Gottes willen, was ist denn das?« rief Jay.
    Der Midshipman lag jetzt da wie tot. Sein Gesäß und seine Oberschenkel waren voller Wunden und Narben – den Spuren zahlreicher Auspeitschungen. Aber nicht auf der
Miranda.
Er hatte die Schmerzen dieser Narben und halb verheilten Wunden sechs Wochen lang erduldet, ohne ein Wort zu sagen.
    »Er ist ohnmächtig. Ich hole meine Sachen, Bob.«
    »Bringt Brandy mit oder Rum.«
    Der Midshipman lag immer noch reglos da, Blut sickerte durch seine Verbände. Ohne Segrave würde ich selber jetzt hier liegen, dachte Jay und blickte zu dem jungen Seemann hoch. »Das bringen wir auf der
Miranda
wieder in Ordnung, klar? Und wer ihn noch mal schikaniert, kriegt es mit mir zu tun.«
    Als Midshipman Segrave wieder zu sich kam, sah er sofort, wie dunkel der sternenübersäte Himmel über ihm war. Er spürte Wolldecken und ein Rissen unter seinem Kopf. Ein Schatten beugte sich über ihn. »Geht’s besser?« fragte Jay.
    Dann kam der Schmerz wieder, pochte wie sein Herz. Er schmeckte Brandy im Mund und versuchte sich zu erinnern. An Hände, die ihn festhielten, an Schmerzen, seine

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