Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen
erwartet«, schnaufte er.
Bolitho trat neben ihn und sah auf die Schiffe hinaus, die vor ihnen im Hafen ankerten. Die dicken Eisengitter vor den Fenstern gefielen ihm nicht, ebensowenig die Art, jeden Dänen von ihnen fernzuhalten. Zwar waren ihre Räume in der Festung recht bequem, doch abends wurden die Türen abgeschlossen. Er sah drunten
Truculent
an ihrer Ankertrosse zerren, sie sah einsam und verletzlich aus. Die große dänische Fregatte
Dryaden,
die sie hierher eskortiert hatte, ankerte nur zwei Kabellängen entfernt. Bolitho lächelte. Das war nicht gerade ein Zeichen des Vertrauens. Ebensowenig, daß
Truculent
ein Ankerplatz genau unter den größten Kanonen der Festungsbatterie zugewiesen worden war. Kein sehr gesunder Platz, falls es zum Schlimmsten kam.
Sie warteten schon volle sieben Tage. Bolitho zwang sich, nicht ständig darüber nachzudenken. Inskip hatte ihm immer wieder versichert, sie lägen hier auf Wunsch eines dänischen Ministers. Dieser Christian Haarder wollte angeblich unbedingt verhindern, daß sein Land in den Krieg hineingezogen wurde – gleichgültig, ob auf Englands oder auf Frankreichs Seite. Dänemark besaß eine stolze Flotte trotz der schweren Verluste, die es vor fünf Jahren in diesen Gewässern erlitten hatte. Die Dänen hatten sicher alle ihre Schiffe von den Inseln und vom Festland hier versammelt und unter ein Oberkommando gestellt. Ein kluges Vorgehen.
»Ich habe zwei Botschaften an ihn geschickt. Auch der Hof ist informiert, aus Höflichkeit. Meine Briefe hätten längst zu einem Gespräch führen müssen!« Inskip war ungehalten.
»Die Leute werden sich fragen, was ein englisches Kriegsschiff hier will.« Bolitho beobachtete eine schnittige Galeere, die langsam an der
Truculent
vorbeiruderte. Die langen roten Riemen hoben und senkten sich im Gleichtakt, als käme die Besatzung geradewegs aus der Antike. Doch diese Galeeren waren gefährlicher, als sie aussahen. Sie konnten jedes Segelschiff ausmanövrieren, wie Bolitho aus eigener böser Erfahrung wußte. Ihre schwere Bugkanone konnte das Heck jedes Kriegsschiffes zertrümmern, ohne Gegenwehr fürchten zu müssen. Wen mehrere Galeeren gleichzeitig angriffen, der wurde schnell zu einem Wrack, das diese behenden Wölfe der See zerrissen.
»Die Leute werden es bald erfahren, wenn wir hier noch länger liegen müssen«, knurrte Inskip.
Allday sammelte die Kaffeebecher ein, obwohl das eigentlich die Aufgabe von Inskips Diener gewesen wäre, der sich im Nebenraum zu schaffen machte. Bolitho sah auf die Uhr. Jenour hätte längst zurück sein müssen. Inskip hatte ihn vor Stunden mit einem weiteren Brief losgeschickt.
»Glauben Sie, daß die Franzosen in die Sache involviert sind?«
Inskip brachte seine Gedanken in Kiellinie. »Die Franzosen? Sie sehen die wohl überall, Bolitho. Aber vielleicht ist es tatsächlich so.«
Er unterbrach sich, als Agnew, sein Diener, mit vor Kälte roter Nase durch den Türspalt spähte. »Der Leutnant kehrt zurück, Sir Charles.«
Inskip rückte seine Perücke zurecht und stellte sich in Positur.
»Er kommt nicht allein, wie man hört.«
Die Tür flog auf, Jenour trat ein. Hinter ihm erschien der Kommandant der
Dryaden
und ein großer Mann in dunklem Samtmantel, der nur Minister Haarder sein konnte.
Man begrüßte einander mit Verbeugungen, doch nur Inskip bot Haarder die Hand. Wie alte Gegenspieler standen sie sich gegenüber, dachte Bolitho, und schienen sich abzutasten.
Dann blickte Haarder Bolitho an. »An Sie erinnere ich mich noch von Ihrem letzten Besuch hier.«
Bolitho hörte keinen feindlichen Unterton in den Worten des Ministers. »Damals wurde ich mit großer Höflichkeit empfangen«, sagte er, und jedermann verstand, was er unausgesprochen ließ: aber diesmal nicht!
Haarder zuckte mit den Schultern. »Wir machen uns keine Illusionen, Admiral. Die dänische Flotte ist wieder eine Beute, die sich jeder gern einverleiben«, seine Augen funkelten, »oder auf den Grund des Meeres schicken würde, falls ihm ersteres nicht gelingt.« Ernst sah er sie an. »Meine Ministerkollegen sind von Ihren guten Absichten nur schwer zu überzeugen.« Er hob die Hand, um Inskips Protest zu unterdrücken. »Falls es stimmt, daß die Franzosen den Oberbefehl über unsere Flotte anstreben, und das unterstellen Sie ja wohl – was sollen wir dagegen tun, meine Herren? Sollen wir gegen sie kämpfen? Und könnten wir diesen Kampf gewinnen, wenn doch das starke England schon zwölf Jahre lang
Weitere Kostenlose Bücher