Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen
Flaggkapitän auf der
Black Prince.«
Sie stand auf und legte ihm die Hand auf die Schulter, neben die einzelne Epaulette. »Das freut mich, Val. Jetzt geht es mir schon viel besser.«
Die Tür öffnete sich, von draußen wehte Kühle herein.
»Was ist, Maisie?«
Das Mädchen starrte erst sie an, dann Keen. »Entschuldigung, Mylady, aber da ist ein Bote für den Herrn Kapitän.«
Keen erhob sich. »Ich habe in der Admiralität hinterlassen, daß man mich hier erreichen kann.«
Erschreckt sah sie ihn an. »Bestimmt ist etwas passiert!«
Keen ging hinaus, kam aber schon kurz darauf wieder. Als er Catherines Hände ergriff, fühlten sie sich an wie Eis.
»Es war tatsächlich ein Bote von der Admiralität«, sagte er und griff fester zu, als sie ihre Hände wegziehen wollte. »Bitte, hören Sie mir zu. Richard möchte sicher, daß Sie dies wissen.« Er sah eine Ader an ihrem schönen Hals aufgeregt klopfen. »Es gab ein Seegefecht, und Richards Schiff war hineinverwickelt, schon auf dem Weg zurück nach England. Mehr weiß man noch nicht. Ein Schoner brachte die Nachricht nach Dover.«
Sie sah sich in dem großen Zimmer um wie ein gefangenes Tier.
»Ist er verletzt? Was kann ich tun? Ich kann doch nicht hier sitzen und warten!«
Er führte sie zu ihrem Stuhl zurück. Ihre Stärke und ihr Mut hatten sie nicht verlassen, sie brauchte nur eine Richtung für ihr Tun.
»Sie bleiben hier, Catherine.« Als sie widersprechen wollte, fuhr er fort: »Richard würde genau das von Ihnen erwarten. Und ich bleibe hier bei Ihnen, bis wir mehr wissen.«
»Wann wird das sein?« fragte sie leise.
»Bald. Morgen oder übermorgen.«
Sie sah ins Feuer. War es das Ende? Das Ende seines Lebens, das Ende ihrer Liebe? Ein Bote kam und lieferte eine Meldung ab – aus. Plötzlich mußte sie an Nelson denken und an Emma Hamilton. Die am lautesten seinen Tod beklagten, dachten am wenigsten an die Frau, die Nelson geliebt hatte. Emma Hamilton war schon jetzt vergessen, niemand wußte, wo sie sich aufhielt.
Sie stand auf. »Ich möchte mich ein bißchen zurückziehen, um an Richard zu denken. Das verstehen Sie doch, Val?«
In auswegloser Lage
Beißendes Licht kroch über den Morgenhimmel. Bolitho stützte sich auf die Reling des Achterdecks, sie fühlte sich vom vielen Salz so rauh an wie Sandstein. Die
Truculent
bewegte sich auf dem neuen Kurs etwas gleichmäßiger.
Die Sonne suchte den Dunst zu durchbrechen, der über der Kimm stand. Einzelne Wolken trieben am Himmel, so zerfasert wie die Nebelbänke daheim in Cornwall. Aus der Kombüse roch es noch immer nach heißem Fett. Die Männer, die an Deck arbeiteten, sahen jetzt besser aus nach einem warmen Frühstück und einer doppelten Portion Rum. Bolitho stellte sich die Seekarte vor. Die Fregatte segelte mit Südwestkurs platt vor dem Wind und schien über die mitlaufenden Seen zu hüpfen. Vierzig Meilen entfernt an Steuerbord lagen die düsteren Fjorde Norwegens und jenseits davon die offene See und die Arktis, die ihnen diesen beißenden Wind schickte. Dreißig Meilen voraus, so die Schätzung des Masters, lag an Backbord immer noch ein Stückchen Dänemark. Bis dahin reichte das Patrouillengebiet der
Zest.
Bolitho schirmte die Augen ab und blickte achteraus. Ihr Verfolger war vom Deck aus nicht mehr zu sehen.
Inskip tauchte an seiner Seite auf, und er erkundigte sich höflich: »Geht es Ihnen jetzt besser, seit wir die offene See gewonnen haben?«
»Ja, aber das liegt mehr an Ihrem Mann Allday als am Seegang.« Inskips sonst so blasses Gesicht war kräftig gerötet, und sein Atem roch nach Rum. Er räusperte sich umständlich. »Das Rezept hat er selbst erfunden, nehme ich an: heißer Haferschleim mit viel Rum.«
Ein paar Schritte entfernt standen Poland und der Erste ins Gespräch vertieft. Immer wieder blickten sie zur Mastspitze hoch, und schließlich schickte Williams einen Decksoffizier mit einem Teleskop nach oben.
Inskip fragte beunruhigt: »Was hat das zu bedeuten?« Er deutete achteraus. »Der Franzose kann uns doch nicht mehr gefährlich werden?«
Bolitho rieb sich das Kinn, sah im Geiste wieder die Seekarte vor sich. »Die Korvette folgt uns wie ein Jagdhund. Oder wie ein Aasgeier, der wartet, was auf dem Schlachtfeld für ihn abfallt.«
Er hörte Poland rufen: »Klar bei Großsegel, Mr. Williams! Diesen Damenwind wollen wir doch nicht verschenken.«
Durch das Schiff ging ein Ruck, als der Wind in die zusätzliche Segelfläche faßte und es noch schneller
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