Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen

Titel: Mauern aus Holz, Maenner aus Eisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
eines Admirals, sei ein Leuteschinder. Ihre Lordschaften in der Admiralität hatten wahrscheinlich geglaubt, nach Kapitän Varian habe die
Zest
eine harte Hand nötig.
    Es folgten noch viele Fragen – zu Reparaturen und Vorräten, zu Patrouillengebieten und möglichen Gefechten. Bolitho gestand sich ein, daß er auch nach diesem langen Treffen seine Kommandanten noch nicht richtig kannte. Aber er wollte ihnen wenigstens einige seiner Grundsätze vermitteln. »Mit unnötigen Signalen verliert man zuviel Zeit im Gefecht. Und Zeit zählt im Kampf, wie Sie alle wissen. Ich habe darüber einige Briefe mit Lord Nelson gewechselt, den ich leider, wie Sie wohl alle, nie persönlich getroffen habe.« Er sah zu Adam hinüber. »Mein Neffe ist die Ausnahme, er hatte das Glück, Nelson öfter zu treffen. Leider ist er nicht mehr unter uns, aber sein Beispiel wird uns helfen.«
    Er spürte, daß alle gespannt auf seine nächsten Worte warteten.
    »Nelson hat einmal gesagt, daß kein Kommandant viel falsch machen kann, wenn er sein Schiff im Kampf neben das des Gegners legt.« Crowfoot von der
Glorious
nickte eifrig, und an der Tür lauschte Jenour auf jedes Wort. »Ich glaube, besser als Nelson kann man es nicht sagen.«
    Sie trennten sich erst nach zwei Stunden und reichlichem Weingenuß. Beim Abschied dachten sie offenbar schon daran, was sie, an Bord zurückgekehrt, ihren Offizieren berichten würden.
    Bolitho empfing noch den jüngsten Kommandanten des Geschwaders, den von der Kurierbrigg
Mistral,
den Allday später als »noch so einen zwölfjährigen Skipper« charakterisierte.
    Der Nordwest war abgeflaut, die großen Linienschiffe kürzten ihre Segel für die kommende Nacht. Eigentlich hatte Keen den Admiral zu sich zum Abendessen einladen wollen, doch als er sah, daß der Kommandant der Brigg ihm einen Privatbrief übergab, verzichtete er darauf. Vorsichtig öffnete Bolitho den Umschlag und las im Licht der Kerzen Catherines Zeilen:
Liebster, erst gestern hast du mich verlassen, und schon glaube ich, es ist eine Ewigkeit her …
Bolitho sah sich in der leeren Kajüte um. Hatte er Catherines Lachen gehört, oder war es ein Murmeln der See gewesen? Er vertiefte sich wieder in ihren Brief.
     

»Aber er hat ihre Herzen …«
    Falls das Nordseegeschwader unter dem neuen Kommando Bolithos baldige Ablösung vom öden Blockadedienst erwartet hatte, so wurde es enttäuscht. Wochen und Monate vergingen, der Frühling vertrieb den eisigen Wind und die ewige, kalte Nässe des Nordens, und noch immer patrouillierten sie scheinbar sinnlos von den friesischen Inseln bis hoch zum Skagerrak, wo Poland seinen letzten Kampf ausgetragen hatte. Bolitho verlangte viel von ihnen, mehr als jeder andere zuvor. Segelmanöver, Kanonendrill, in Kiellinie segeln, nebeneinander segeln – alles übten sie mit so wenig Kommandos und Signalen wie möglich. Dann teilte er sein Geschwader in zwei Gruppen, ließ den würdigen Crowfoot von der
Glorious
die zweite Division übernehmen und führte sie gegeneinander. Inzwischen waren die beiden Vierundsiebziger
Valkyrie
und
Tenacious
wieder zum Geschwader zurückgekehrt und hatten einen kleinen Schoner mitgebracht, die
Radiant
unter dem Kommando eines älteren Leutnants, der früher beim Zoll gedient hatte.
    Der Schoner war zwar klein, aber sehr handlig. Immer wieder stieß er zwischen die Inseln vor oder kreuzte dicht an die flache Küste heran, sah sich dort um und floh erst dann aufs offene Meer hinaus, wenn ein feindliches Patrouillenschiff endlich Anker gelichtet und Segel gesetzt hatte und ihm bedrohlich nahe kam.
    Eines Morgens öffnete Allday ein Heckfenster – und frühlingshafte Wärme strömte herein. Bolitho starrte bei der Rasur an die Decke und fühlte das Messer über sein Kinn kratzen. »Ich glaube, alle hassen mich wegen des Drills, zu dem ich sie zwinge«, sagte er.
    Allday dachte nach, rasierte aber weiter. »Das ist auch ganz gut so, Sir Richard. Auf einem kleinen Schiff sollte man den Drill nicht übertreiben, aber auf einem Dickschiff wie diesem sollten Offiziere und Mannschaften nicht zu eng zusammenwachsen.«
    Bolitho sah ihn fragend an. »Wieder eine deiner Weisheiten. Und wie ist die zu verstehen?«
    »Zwischen den Decks braucht man jemanden, den man hassen kann. Das macht einen Mann so scharf wie der Schleifstein das Messer.«
    Bolitho lächelte und ließ seine Gedanken wandern. Cornwall mußte nach dem trüben Winter jetzt wunderbar frisch riechen. Gelber Stechginster und große

Weitere Kostenlose Bücher