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Max Perplex

Max Perplex

Titel: Max Perplex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hen Hermanns
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es Renate sagen. Zum neuen Konzept gehört auch, daß das Essen wie Kölsch serviert wird. Solange du nicht abwinkst, kriegst du immer wieder einen neuen Teller.«
    »Du kommst noch mal ganz groß raus mit dieser Kneipe. Entweder du landest in der Psychiatrie, oder du wirst noch reicher als Dagobert Duck.«
    Dann erzählte ich alles von meinem schwarzen Montag. Knodt hörte mir gebannt zu, paffte eine Montechristo und goß mir Wein nach, wenn es nötig war. Es war oft nötig. »Das mit Alwine tut mir leid«, sagte er, als ich mit meinem Bericht fertig war, »da werde ich dir wohl kaum helfen können. Aber mit diesem schrägen Breyvogel müßten wir doch irgendwie fertig werden.«
    »Aber wie? Wir haben nicht den geringsten Beweis gegen ihn.«
    »Vielleicht können wir diese beiden Bullen, die dich besucht haben, auf ihn ansetzen?«
    »Laß die Polizei aus dem Spiel.«
    »Wir könnten ihm Drohbriefe schreiben. Vielleicht lassen sich sogar ein paar Mark aus ihm rausleiern, wenn wir es geschickt machen.«
    »Ohne was gegen ihn in der Hand zu haben?«
    »Wir können so tun, als hätten wir Beweise. Laß uns einen Versuchsballon starten. Wir senden ihm einen anonymen Brief mit schönen Grüßen aus Kamerun. Weiter nichts. Und dann kriegt er jeden Tag einen neuen Brief. Zur Polizei wird er kaum gehen, nicht wahr? Aber er wird immer nervöser werden. Und irgendwann wird er einen Fehler machen, und dann haben wir ihn.«
    »Das ist nicht schlecht.«
    »Wir können ihm zum Beispiel auch damit drohen, alles seiner Frau zu stecken. Vielleicht ist das eine Schwachstelle. Oder er ist doch schwul und dadurch erpreßbar. Das mußt du doch rauskriegen können. Auf jeden Fall wird er jeden Tag was von uns hören. Jeden Tag ein Briefchen, bis er nicht mehr kann.«
    »Das hat was, Hartmut, das hat was. Nur, daß wir nicht mehr im Brieftauben-Zeitalter leben. Schon mal was von Telefonieren gehört? Ich will ein Erfolgserlebnis, und zwar schnell. Ich hab da eine Idee.«

    Wir parkten fünfzig Meter von Breyvogels Haus entfernt. Knodt schaltete Scheinwerfer und Motor aus. Es war eine ruhige, friedliche Nacht. Der Mond strahlte gütig auf die schönen Häuser herab, in denen erfolgreiche und glückliche Menschen von steigenden Quadratmeterpreisen, Ehebrüchen und Gattenmorden träumten.
    Ich tippte Breyvogels Nummer in Knodts durchdesigntes Autotelefon und beobachtete dabei das Haus. Nach zwanzig Rufzeichen ging oben unterm Dach ein Licht an, und Breyvogel meldete sich verschlafen.
    Ich hatte zwar zwei Flaschen Brunello intus, aber meine Stimme war klar, nüchtern und bedrohlich.
    »Breyvogel«, sagte ich, »hauen Sie sofort ab. Es ist alles entdeckt. Die sind hinter Ihnen her.«
    »Wer ist da? Sind Sie das, Karpinski?«
    »Karpinski haben sie geschnappt. Machen Sie, daß Sie wegkommen, Mensch. Es ist raus, begreifen Sie endlich!« Ich legte auf. Im Haus gingen weitere Lichter an. Unruhige Schatten huschten herum. Jetzt strahlte auch das Erdgeschoß auf wie eine Leuchtreklame.
    Durch ein großes Terrassenfenster konnten wir Breyvogels rührenden Abschied von seiner Gattin verfolgen. Sie schien ihn anzuschreien. Er schlug ihr so heftig ins Gesicht, daß sie stürzte, und verließ den Raum. Zwei Minuten später kam er mit einem Koffer aus dem Haus, ging in die Garage, warf sich und den Koffer in einen fetten BMW der Großkotz-Reihe und rauschte ab. Mein kleines Experiment war gelungen. Wir lachten uns kaputt. So ein Mordsvergnügen hatte ich schon lange nicht mehr gehabt. Einfach einen Bonzen in die Flucht schlagen. Anruf genügt. Das Max-Reinartz-Rache-Konzept.

    »Das war ’ne Superidee«, lobte mich Knodt.
    »Tynset«, sagte ich.
    »Kismet?«
    »Vergiß es.«
    Knodt war alles andere als ein Literat. Die Idee mit dem Anruf war geklaut. Wolfgang Hildesheimer hatte sie in seinem Roman >Tynset< beschrieben. Sein Protagonist schlug mit Anrufterror dieser Art Altnazis in die Flucht. Es soll bloß noch einer sagen, aus den Büchern würden wir nichts fürs Leben lernen.
    »Sagt dir der Name Karpinski was?« fragte ich Knodt.
    Er überlegte einen Moment, schüttelte dann den Kopf.
    »Nie gehört. Wer soll das denn sein?«
    »Breyvogel dachte, ich sei dieser Karpinski, als ich ihn anrief. Also muß der mit drinhängen.«
    »Die Frage ist nur, in was? Nur die Kamerungeschichte oder noch mehr?«
    »Bestimmt noch mehr. Aber das dürfte sich wohl bald klären. Wenn Breyvogel einfach verschwindet, wird es sicher eine offizielle Untersuchung und Fragen

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