Max Perplex
Niedervoltnippes, Designerkitsch, wenige, aber teure Möbel.
Ich täuschte noch mal eine Ohrfeige an, die seine Hände instinktiv nach oben fliegen ließen, und gab ihm einen satten Schlag in den Magen. Nicht nur aus der Schulter, sondern gleichzeitig auch aus der Hüfte heraus. Das war genug. Er schnappte nach Luft, ließ sich ächzend auf ein weißes Ledersofa fallen und beschmutzte es mit einem schlechtverdauten Menü aus der DALAG-Kantine.
Ich gab ihm eine Minute, um Luft zu holen und sich das Schnurrbärtchen sauberzuwischen.
Dann begann das Verhör.
»Was findet Anna Ziegler bloß an dir, Eberhard? Ist dein Eber so hart?«
Holder weinte. Er tat mir leid. Trotzdem ging ich auf ihn zu und täuschte noch mal einen Schlag an.
»Laß mich in Ruhe!« schrie er. »Was hab ich dir getan?«
Seine Brille hatte er bereits in der Diele durch die Kraft meiner Watschen eingebüßt. Mit kurzsichtigen, tränengefüllten Augen starrte er mich an und erkannte mich wieder.
»Ich kann nichts dafür! Breyvogel hat Sie verprügeln lassen. Ich habe damit nichts zu tun!«
»Womit hast du nichts zu tun, Eberhard?«
Er hatte einen Mordsschiß. So leicht war das. Und so widerwärtig. Es war das erste Mal in meinem Leben, daß ich so rücksichtslos Gewalt ausübte. Es gefiel mir überhaupt nicht, wie leicht es war, jemand in Angst und Schrecken zu versetzen, jemand so erbärmlich zu erniedrigen. Aber es gefiel mir auch nicht, mich von Typen wie Holder verarschen zu lassen. Also gab ich ihm rein prophylaktisch noch eine Watsche.
»Erzähl mir alles, was du von Ziegler und Breyvogel weißt!«
»Was denn? Was wollen Sie wissen?«
»Erzähl einfach. Stell dir vor, ich wäre ein Psychoanalytiker. Leg dich schön auf die Couch, und erzähl einfach drauflos. Dann gehe ich wieder nach Hause. Oder du erzählst nichts und liegst wochenlang im Krankenhaus.«
»Ich weiß doch nicht, was Sie wissen wollen.«
»Warum wollte Breyvogel Ziegler los werden?«
»Ich weiß es nicht.«
»Du warst Zieglers Assistent, und jetzt bist du Breyvogels Assistent. Du mußt es wissen.«
Ich schnappte mir eine teuer aussehende Karaffe und schmetterte sie gegen ein Regal, das mit Compact-Discs gefüllt war. Es regnete Splitter, und es roch nach Sherry.
»Los, Eberhard, leg los. Ich will hier nicht mein Hooligan-Diplom ablegen.«
Ich griff mir eine zweite Karaffe und warf sie gegen den mir unbekannten Neuen Wilden. Die Karaffe zerbrach nicht, nur der Inhalt schwappte raus und entfaltete ein herrliches Scotch-Aroma.
»Ziegler war Breyvogel im Weg.« Hört, hört, mein Vögelchen fing an zu singen.
»Warum?«
»Wir hatten einen Schaden in der Produktion. Geräte im Auftragswert von über 10 Millionen Mark wurden fehlerhaft produziert.«
»Ein bißchen Tempo, Eberhard, ja?«
»Die Reparaturkosten wären enorm gewesen.«
»Was für verdammte Geräte waren das, Eberhard?«
»Notstromaggregate. Es war nicht mehr gewährleistet, daß sie zuverlässig funktionieren würden.«
»Und?«
»Breyvogel wollte sie nach Kamerun verscherbeln. Ohne Reparatur, aber mit einer schönen Provision für sein Privatkonto.«
»Und Ziegler wollte auch eine Provision?«
»Diese Art Notstromaggregate werden in Krankenhäusern gebraucht. Stellen Sie sich vor, was passiert, wenn der Strom ausfällt und auch die Notstromaggregate versagen. Ziegler war dagegen.«
»Der ist ja richtig edel. Wer hätte das gedacht?«
»Für Breyvogel war es geradezu ideal, daß Ziegler entführt wurde. Er brachte das Geschäft unter Dach und Fach. Und als rauskam, daß Ziegler diese Geliebte hatte, machte er dem Aufsichtsrat so lange die Hölle heiß, bis Ziegler rausgeworfen wurde.«
»Wegen imageschädigender Unmoral.«
»Genau.«
»Warum hat Ziegler denn nicht die Kamerun-Geschichte publik gemacht?«
»Er hätte nichts beweisen können. Breyvogels Geschäftspartner in Kamerun sind natürlich bestochen. Denen ist es scheißegal, ob die Geräte funktionieren oder nicht.«
»Und die Leute am Band? Ich meine, die müssen doch was von dem Schaden mitgekriegt haben. Es gibt doch Qualitätskontrollen und so was.«
»Welche Leute am Band? Haben Sie schon mal was von Computer-Aided Manufacturing gehört? An unseren Bändern sind keine Leute. Das wird alles computergesteuert, und die paar Leute, die das regeln, hat Breyvogel auch geschmiert. Da ist nichts zu machen.«
»Aber du könntest doch sicher was dagegen tun.«
Er antwortete nicht.
»Wenn du schon nichts dagegen unternimmst, warum
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