Max Perplex
nach seinem Motiv geben. Dieser kleine Anruf wird also große Folgen haben. Genial, was?«
»Du bist der Größte, Max.«
»Wissen ist Macht. Und wenn man nichts weiß und machtlos ist, muß man eben mit Ideenreichtum und praktischer Intelligenz das Spiel wieder an sich reißen.«
Knodt reichte es jetzt.
»Du bist einfach unschlagbar, Max. Ich kann wirklich nicht verstehen, daß dich Alwine wegen eines billigen Theaterheinis einfach so stehen läßt.«
»Arschloch. Davon kann doch gar keine Rede sein.«
»Ich denke, du hast einen bösen Verdacht.«
»Ach, hör doch auf, Mensch.«
»Und wenn sie wirklich was mit dem Kerl angefangen hat?«
»Mach mich nicht wahnsinnig, fahr endlich los.«
Knodt startete den Motor und ließ den Jaguar losgleiten. Der Vollmond stand immer noch samtig gelb da oben, als sei überhaupt nichts geschehen. Verlogener Trabant.
»Ich fahre nach Würzburg«, hörte ich plötzlich eine Stimme sagen. Es war meine eigene. »Wenn dieser Glanzmann-Fall erledigt ist, fahre ich nach Würzburg.«
»Bist du bescheuert? Willst du da ein Eifersuchtsdrama abziehen oder was?«
»Nein, ich will Alwine sehen. Ich will mit ihr reden.«
»Was Alwine da in Würzburg macht, ist sehr wichtig für sie. Also halte dich da raus.«
»Mag sein, daß du recht hast.«
»Und daß sie was mit diesem Kerl hat, ist doch lächerlich. Der ist wichtig für sie, was das Theaterspielen betrifft, das ist alles. So was wirst du auch in Zukunft erleben. Laß sie in Ruhe und warte, bis sie wieder in Köln ist.«
Wir fuhren auf eine Kreuzung zu, und Knodt bremste, als die Ampel auf Rot schaltete. Es regnete schon wieder, die Scheibenwischer surrten, kein Mensch war draußen zu sehen. Ich sah mir Knodts Profil an. Er starrte ernst und konzentriert geradeaus. Dann merkte er, daß ich ihn anstarrte, und sah mich ernst und konzentriert an. Dann schaltete die Ampel auf Grün, und er gab Gas.
»Denk von mir, was du willst«, sagte ich, »ich fahr hin.«
»Du bist wirklich ein Arsch, Max. Ein unverbesserlicher, romantischer, eifersüchtiger Idiot. Ich weiß überhaupt nicht, warum ich mich mit dir noch abgebe. Wahrscheinlich, weil ich an deiner Stelle auch hinfahren würde.«
14.
Die Beschattung von Frau Glanzmann lief glänzend. Ich hatte Philip Glanzmann am Nachmittag noch mal angerufen und gefragt, um welche Uhrzeit sie denn immer ungefähr zu ihrem Bodybuilding gehen würde, und saß um Viertel vor sieben gemütlich in meinem Volvo und beobachtete das Haus. Ich hatte die Sitzheizung eingeschaltet und Verdis >Simon Boccanegra< in den CD-Player geschoben. Claudio Abbado dirigierte mit elegantem Drive das Orchestra del Teatro alla Scala, Piero Cappuccilli, Mirella Freni und auch José Carreras gaben ihr Bestes. Trotzdem wurde es mir nur warm um den Arsch, mein Herz blieb kalt und hart. Wenn ich einmal schlechte Laune habe, dann hält das auch an. Dann helfen weder Opernmusik noch taoistische Grundsätze. Da saß ich also in meinem dicken Auto und war kurz davor, der Frau eines mir völlig unbekannten Mannes nachzuschleichen, um sie des außerehelichen Bürsteins zu überführen. Und ich selbst war prall gefüllt mit der auserlesensten Eifersucht. Ich wußte nicht, ob ich über mich lachen oder weinen sollte.
Kurz nach sieben kam Frau Glanzmann aus dem Haus und stieg in einen dunkelgrünen Minicooper mit weißem Dach. Zumindest wußte ich schon mal, wohin der Automobiltrend ging. Mein Volvo war out.
»Simon Boccanegra! Simon Boccanegra!« schluchzte der Chor der Mailänder Scala jäh auf, als Frau Glanzmann losfuhr. Sie fuhr zum Neumarkt, kurvte einmal um den ganzen Platz, bog dann in die Apostelnstraße ein und parkte in der zweiten Reihe. Sie stieg nicht aus. Nach zwei Minuten kam ein breitschultriger Typ in einem neongelben Jogginganzug auf den Minicooper zu.
»Qual cieco fato a oltraggiarmi ti traea? Sul tuo capo io qui chiedea l’ira vindice del ciel«, dröhnte jetzt Nicolai Ghiaurov, »sag, welch ein Dämon bewog dich, mich zu kränken, auf dein Haupt hab ich beschworen Gottes Rache, Gottes Zorn!«
Ich überlegte, ob ich Frau Glanzmann beistehen sollte, falls der Prol sie anmachen würde. Er hatte blondes, kurzes Haar und einen blonden Seehundschnäuzer. Als er sich runterbeugte, um die Beifahrertür zu öffnen, sah ich, daß er das Haar hinten lang trug. Ich hatte mich geirrt. Er machte Frau Glanzmann nicht an. Er wurde bereits ungeduldig erwartet. Die Mischung aus Prol und Zuhälter zwängte sich ins Auto
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