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Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Allan
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die Muskeln an seinen Schultern und seiner Brust schienen vor Anstrengung schier zu bersten. Der tote Körper von Mutter Löwe bewegte sich leicht, so daß es ihm gelang, seinen Kopf unter ihr hervorzustrecken und tief Luft zu holen. »Helft mir!« rief er dann.
    Er hörte Rascheln im Unterholz, schwaches Flüstern und dann Rattes leise, aber deutliche Stimme. »Karibu?«
    »Ich bin in Ordnung!« antwortete er. »Er ist tot, der Löwe ist tot, und jetzt holt mich endlich hier rausl«
    Plötzlich wurde die Nacht lebendig. Ratte stieß einen schrillen Triumphschrei aus. Schlange lachte wie wahnsinnig. Die anderen stimmten ein, und Karibu mußte brüllen, um sich Gehör zu verschaffen.
    »Seid still, ihr Narren! Wir sind hier nicht allein. Seid still!« Allmählich kehrte wieder Ruhe ein, nur hin und wieder durch angestrengtes, gedämpftes Schnauben unterbrochen, als die anderen sich plagten, den blutigen Löwenkörper von Karibus hingestreckter Gestalt zu hieven.
    Nach einigen Minuten schweißtreibender Mühe spürte Karibu, wie die Last des toten Tieres von ihm genommen wurde und er nicht länger das Gefühl verspürte, daß ihm sämtliche Rippen gebrochen würden. Er setzte sich auf und wuchtete sich dann auf die Füße. Als er zu Boden sah, bemerkte er, daß der schlaffe Kadaver des lie genden Löwen ihm auch so fast bis zur Hüfte reichte.
    Gigantisch, wahrlich. Doch ein Löwe und kein Geist, auch wenn es der größte Löwe war, den er je zu Gesicht bekommen hatte. Er hatte mehr als Glück gehabt in dieser Nacht. Er schickte ein stummes Dankgebet an den Geist der Lüfte, der gewiß über ihn gewacht hatte.
    Erst als das erledigt war, erlaubte er sich, über die Situation nachzudenken. Es war schon mehr als seltsam - alles, was er von den mächtigen Raubtieren wußte, sagte ihm, daß sie nie nach Einbruch der Dunkelheit auf die Pirsch gingen. Darüber hinaus wichen Höhlenlöwen den Menschen gewöhnlich aus. Und doch hatte dieses Riesenvieh sie bei Nacht angegriffen? Warum?
    Er sollte nie eine Antwort auf seine Frage erhalten, nie entdecken, daß Mutter Löwe über die Jahre hin ihre Angst vor dem Menschen verloren hatte; eine gewisse Vertrautheit - die Male, wo sie Menschenblut gekostet hatte - hatte auch zu Verachtung geführt. Denn dies war tatsächlich dieselbe Löwin, die Knospe den Bauch aufgeschlitzt, Blüte fast enthauptet und später noch zwei kleine Kinder des Mammutvolkes verschleppt hatte, die sich zu weit von ihren Müttern entfernt hatten und nie mehr gefunden wurden.
    Sie war ein Menschenfresser geworden, und es war der Geruch von Menschenblut und Menschenbeute gewesen, der sie angelockt hatte, hatte sie doch Mayas Hilflosigkeit ebenso deutlich gewittert, mit der sie die Erschöpfung eines Beutetieres gewittert hätte, draußen in der Steppe, die so gut zur Farbe ihres Fells paßte.
    Doch das sollte Karibu nie erfahren, und so blieb ihm nichts übrig, als verwundert seinen Kopf zu schütteln, während er darauf wartete, daß das Herz in seiner Brust wieder ruhiger schlug. Die anderen drängten sich um ihn, vor Ehrfurcht verstummt vor dem Ungeheuer, das ihr großer Jäger mit einem einzigen Speerstoß zur Strecke gebracht hatte.
    Karibu schüttelte sich, bückte sich, legte die Hand um seinen Speerschaft und ruckte ihn hin und her, um seine Waffe aus dem mächtigen Kadaver zu ziehen.
    »Geist der Lüfte, das war knapp«, sagte Ratte.
    Karibu nickte.
    »Sie muß krank gewesen sein - oder von einem bösen Geist getrieben.«
    Karibu wußte dazu nichts zu sagen. Rattes Gedanke glich seinen eigenen schlimmen Ahnungen allzusehr. Endlich löste sich der Speer aus dem festen Fleisch des einst starken Tieres. Der Jäger kniete sich hin und wischte die Spitze am Löwenfell sauber.
    Für einen Moment verlockte ihn der Gedanke, sich eine Tro phäe mitzunehmen - der Kopf wäre wirklich nett; Karibu konnte das schwache Aufblitzen der langen Zähne des Tieres sehen, die im Sternenlicht schimmerten -, entschied jedoch, daß sie nicht genug Zeit für solche Spielereien hätten. In der stillen Nachtluft hallten Geräusche meilenweit; wer mochte den Kampflärm noch gehört haben?
    »Gehen wir«, sagte er, als er seine Waffe gesäubert hatte. Leise murrend versammelte sich der Rest der Männer um ihn. Auch sie verlangte es nach Trophäen; in dem toten Körper zu ihren Füßen ruhte große Macht, und es würde nur wenige Minuten dauern, um die Klauen von dem Riesenkadaver abzutrennen. Karibu jedoch gewährte ihnen diese

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