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Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Allan
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hatte. »Halte es ihr an die Lippen«, wies Karibu ihn an. Wortlos gehorchte Ratte. Karibu konnte die Unruhe des kleineren Mannes spüren, doch er ignorierte sie.
    Mit Ratte konnte er fertig werden. Die Frau schmeckte die Flüssigkeit und stöhnte leise. Ihre Lippen - er konnte sehen, wie geschwollen sie waren - schlössen sich um das weiche Leder und saugten an ihm. Sie wurde ruhiger.
    Karibu seufzte. »Laß uns weitergehen«, sagte er.
    Sie war leicht wie ein Vögelchen. Wieder fragte er sich, was ihr wohl widerfahren sein mochte. Wenn sie am Leben blieb, würde sie es womöglich selbst erzählen können.
    Aus irgendeinem geheimnisvollen Grund sehnte er sich nach diesem Augenblick. Sie zu tragen, weckte in ihm schöne Erinnerungen an glücklichere Zeiten mit seiner Schwester.
    Schlange, der ihnen vorausgeeilt war, hastete zurück. »Es ist nicht mehr weit«, verkündete er. Sie gingen nun schon geraume Zeit nordwärts, parallel zum Fluß.
    Karibu knurrte. Seine Arme schmerzten, doch er hatte nicht vor, seine Bürde abzugeben. Schon hatte er begonnen, sie als sein Eigentum zu betrachten.
    Seine Entdeckung. Seine... Frau.
    Seine.
    Heimlager, das Grüne Tal
    Geist stellte sich vor, wie nett es sein würde, die Finger seiner rechten Hand zu Haken zu krümmen, seine Fingernägel in die weiche Stelle zwischen Speers Augen zu krallen und zu zerren, ihm das Wangenfleisch von den Knochen zu reißen wie die Haut eines erlegten Karibus. Er konnte das Muster des rohen Fleisches und der glänzenden weißen Sehnen, die dann freigelegt werden würden, beinahe vor Augen sehen. Er erbebte leicht angesichts dieser wunderschönen Vision, doch Speer bemerkte dies nicht. Geists Miene spiegelte nach wie vor Mißbilligung.
    »Sie hat den Weg in den Wald genommen«, ließ Speer mit ausdrucksloser Stimme verlauten.
    Geist hatte den Großteil des Tages im Geisterhaus verbracht, wo er die Leiche von Alter Zauber für das Feuer am nächsten Tag vorbereitet hatte.
    Was immer er auch von dem alten Schamanen gehalten hatte, gewisse Dinge mußte man ordentlich erledigen; die machtvollen Kräfte, die den Alten beschützt hatten, mußten besänftigt werden, und wenn auch nur, um zu verhindern, daß ihr Zorn sich gegen den neuen Schamanen rich tete.
    Darüber hinaus war Geist sich dessen bewußt, daß fremde Augen ihn beobachten würden, Augen, die auf den kleinsten Fehler in den Begräbnisriten lauern würden - Alte Beere mochte sich ihm dem Anschein nach unterworfen haben, doch sie war und blieb eine Gegnerin und verfügte immer noch über ihre mächtigste Waffe: den Klatsch der Frauen.
    Also hatte er alles gewissenhaft ausgeführt, auch wenn es ihn viel Zeit gekostet hatte; die Herrichtung des Körpers selbst, die langen Trauergesänge, die Überwachung der Errichtung des Scheiterhaufens.
    Endlich, in der Abenddämmerung, war er in sein Zelt zurückgekehrt, um dort zu entdecken, daß Maya fort war.
    Und nun erzählte ihm dieser Narr von einem Jäger, daß das halbe Dorf sie gehen gesehen hatte, daß jedoch niemand den Versuch gemacht hatte, sie aufzuhalten oder auch nur Geist von ihrem Verschwinden in Kenntnis zu setzen.
    Ja, es wäre sehr nett, Speer bei lebendigem Leib mit einem stumpfen Schabmesser zu häuten, dann seine Gedärme herauszuzerren und sie in den schreienden Schlund zu stopfen. Langsam.
    Geist sog zitternd den Atem ein und lächelte. Speer wandte den Blick ab.
    »Nun gut, Speer. Wann ist sie gegangen?«
    Speer teilte es ihm mit. Er hatte natürlich gesehen, wie sie fortgetaumelt war, hatte gedacht: »Gut, daß ich sie los bin.« Nun schwante ihm, daß er eine Art Fehler begangen haben könnte. Der Zorn wallte in beinahe sichtbaren Wogen von Geist aus, und Speer bemerkte erst jetzt, daß Geist bedeutend aufgebrachter war, als er vermutet hatte.
    Und das verwirrte ihn. Warum war Geist so wütend? Jeder, der Augen im Kopf hatte, hatte sehen können, daß der neue Schamane das Mädchen von Anfang an gehaßt hatte. Jahrelang hatte er Maya wie Dreck unter seinen Füßen behandelt. Ja, Speer war nicht davon überzeugt, daß Geist sie, ohne zu zögern, umgebracht hätte, wäre da nicht Alter Zauber gewesen, der sie schützte. Nun jedoch schien sich alles geändert zu haben.
    »Sie ist gegangen, als die Sonne hoch am Himmel stand. Was kümmert es dich, Schamane? Sie war ein böser Geist. Das hast du selbst gesagt.
    Warum liegt dir daran, daß ein böser Geist mitten unter dem Volk lebt?«
    Zum erstenmal spürte Geist die volle Bedeutung

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