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Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Allan
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nicht ganz sechs Fuß unter ihm. Zu seiner Rechten sprudelte eine Vielzahl von Quellen direkt aus dem Felsen. Das Wasser dieser Quellen vereinte sich schnell und sammelte sich vielleicht weitere drei Fuß tiefer in einem großen, kla ren See, um an dessen entgegengesetztem Ende wieder abzulaufen und sich seinen weiteren Weg zu suchen. Ohne jeden Zweifel wußte Alter Zauber, daß diese Quellen niemals versiegen würden, daß dieser See im Winter nicht zufrieren würde. Kleine, pfeilschnelle Schatten glitzerten unter der leicht gekräuselten Wasseroberfläche des kleinen Sees, und der Wissensdurst der Schamanen erweckte den Wunsch in ihm, hier einfach Rast zu machen und die Schatten aus dem Wasser zu fischen, einfach nur, um sie anzusehen und herauszufinden, wie sie gestaltet waren.
    Dann fiel sein Blick auf ein weiteres Wunder: Auf dem gegen-
    überliegenden Seeufer war die Erde schlammig und ohne Grasbewuchs.
    Er machte die Fährte des Mammuts, des Bisons und sogar - furchtsam -  die des Löwen aus. Die Spur verlief parallel zu m anderen Ufer des Flusses, um sich gen Osten zu verlie ren.
    Wärme, Schutz, Wasser, Nahrung!
    Nie zuvor hatte das Volk einen Flecken gefunden, der ihnen so gute Möglichkeiten bot zu überleben. Plötzlich fuhr dem Schamanen ein Gedanke durch den Kopf; bedächtig drehte er sich erneut um die eigene Achse, auf der Suche nach ganz bestimmten Spuren. Einmal hielt er inne und starrte lange und aufmerksam hin, schüttelte dann jedoch den Kopf.
    Diese Knochen waren schon alt und teilweise durch heruntergefallene Felsbrocken zermalmt.
    Endlich gestattete er sich einen weiteren Seufzer der Erleichterung.
    Nichts, was er erblickte, deutete auf die Gegenwart von anderen Stämmen oder Jägern hin. Sollte er nichts finden, das das Gegenteil bewies, sah es so aus, als sei sein Vo lk als erstes auf diesen Ort gestoßen. Der Gedanke überraschte ihn nicht sonderlich. Er persönlich hatte nur einmal in seinem Leben einen anderen Stamm zu Gesicht bekommen, und das war in seiner frühesten Jugend gewesen, viele Meilen und Jahre weit weg. Niemand außer ihm selbst lebte mehr, um sich daran zu erinnern. Alle anderen waren längst in die ewige Stille der Tundra gewandert. Er wußte, daß die Jüngeren über Geschichten von anderen Stämmen lachten, und selbst die Erwachsenen hielten solche Erzählungen möglicherweise teils für Mythen, teils für Träume. Er wußte es besser und war froh, keine Spuren möglicher Rivalen zu finden.
    Nun hob er den Blick, um das Land am anderen Flußufer zu betrachten.
    Der zerstampfte Schlamm ging in Land über, auf dem Gras wuchs, das so leuchtend grün war, daß seine Augen bei dessen Anblick schmerzten, und noch ein Stück weiter jene fremdartigen Bäume. Es waren Bäume, daran bestand kein Zweifel, aber solche, die er noch nie gesehen hatte. Ihre Stämme waren, ganz anders als die der knorrigen Kiefern, die er kannte, dick und mit tiefen Runzeln durchzogen. Die Blätter - wenn es denn Blätter waren - wuchsen dicht und schwer an den Ästen, so breit wie die Handspanne eines Mannes. Und hoch waren diese Bäume!
    Alter Zauber legte den Kopf in den Nacken, bis er ihre Wip fel sehen konnte. Von der Klippenspitze aus hatten sie wie große grüne Wolken ausgesehen, die das Tal beschatteten. Hier unten bemerkte er zum ersten Mal, was für Giganten sie in Wahrheit waren.
    Was für mächtige Geister mußten in diesen Bäumen wohnen!
    Diese Überlegung ließ ihn plötzlich wieder seiner Aufgabe gedenken. Es waren die Geister dieser Bäume und auch die anderen neuen Geister, die hier lebten, denen er begegnen und mit denen er sprechen mußte. Bevor er nicht entschieden hatte, ob diese neuen Geister seinem Volk willkommen heißen würden, konnte er keinem von seinen Leuten den Zugang zu dem, was auf den ersten Blick als Paradies erschien, gestatten.
    Denn genau das war das Tal: ein Ort des Traums auf Erden, ein Reich der Legende, des Großen Geheimnisses.
    Er schüttelte den Kopf. Zu früh, um daran auch nur zu denken. Selbst Geist wußte nichts von dem Geheimnis, obwohl Alter Zauber glaubte, daß die Zeit nahte, wo er davon würde erfahren müssen.
    Ich werde alt, dachte er. Meine Zeit geht zu Ende. Doch es muß noch ein letztes Zeichen geben, bevor...
    Erneut verbannte er den Gedanken, obwohl sein Herz angesichts der Möglichkeiten freudig hüpfte.
    Alles schön nacheinander. Er rückte sein Schulterbündel zurecht und wanderte westwärts, um die Quellen zu umgehen, und so als erster

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