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Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Mayas Tagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Südhalbkugel.«
    Zu dumm, dachte ich, der Typ ist humorfrei. Er lud mich zu einem Tee ein, weil wir noch auf einen Lieferwagen warten mussten, der ihm einen Kühlschrank bringen und eigentlich seit drei Stunden hier sein sollte. Vor einem Haus flatterte ein weißes Tuch an einem Pfahl, als wollte sich da jemand ergeben, zeigte aber an, dass dort frisches Brot verkauft wurde; wir gingen hinein. Drinnen standen vier einfache Tische mit Wachstuchdecken, ein Sammelsurium von Stühlen, außerdem ein Tresen und ein Holzofen miteinem rußgeschwärzten Teekessel. Eine beleibte, fröhlich wirkende Frau begrüßte Manuel Arias mit einem Kuss auf die Wange und betrachtete mich etwas unschlüssig, ehe sie sich einen Ruck gab und mich ebenfalls küsste.
    »Amerikanerin?«, wollte sie von Manuel wissen.
    »Sieht man das nicht?«, sagte er.
    »Und was ist auf ihrem Kopf passiert?« Sie zeigte auf meine gefärbten Haare.
    »Ich bin so zur Welt gekommen«, sagte ich säuerlich.
    »Die Gringuita spricht ja, dass man’s versteht!«, rief sie begeistert. »Setzt euch, setzt euch, der Tee kommt sofort.«
    Sie packte mich am Arm und zog mich energisch auf einen Stuhl, während Manuel mir erklärte, dass jede englischsprachige Person mit hellem Teint in Chile ein »Gringo« und die Koseform »Gringuito« oder »Gringuita« nett gemeint ist.
    Die Wirtin brachte uns Teebeuteltee und eine Pyramide duftender Hefebrötchen, frisch aus dem Ofen, dazu Butter und Honig, und dann setzte sie sich zu uns und wachte darüber, dass wir nichts verkommen ließen. Kurz darauf hörten wir das Keuchen des Lieferwagens, der mit einem schwankenden Kühlschrank auf der Ladefläche über die unbefestigte Straße mit den vielen Schlaglöchern heranrumpelte. Die Frau trat vor die Tür, pfiff durch die Zähne, und im Nu waren ein paar Jugendliche da, die halfen, den Kühlschrank abzuladen, ihn zum Ufer trugen und über einen Steg aus Bohlenbrettern weiter auf Manuels Motorboot schafften.
    Das Boot ist ungefähr acht Meter lang, aus Fiberglas, weiß, blau und rot bemalt in den Farben der chilenischen Nationalflagge, die am Bug flatterte und fast genauso aussieht wie die texanische. Auf der Seite stand der Name: Cahuilla . Der Kühlschrank wurde so gut es ging vertäut, und jemand half mir an Bord. Der Hund kam in seinem jämmerlichen Trott hinter mir her. Er hatte die eine Pfote halb angezogen und lief seitwärts.
    »Und der?« Manuel sah mich fragend an.
    »Der gehört mir nicht, er ist mir in Ancud nachgelaufen. Angeblich sollen die chilenischen Hunde ja sehr intelligent sein, und der hier hat Rasse.«
    »Deutscher Schäferhund und Foxterrier, wenn du mich fragst. Der Körper von einem großen Hund und die Pfoten von einem kleinen.«
    »Ich bade ihn, dann wirst du sehen, er ist ein schickes Tier.«
    »Wie heißt er?«
    »Fucking dog auf Chilenisch.«
    »Wie bitte?«
    »Fákin.«
    »Ich kann nur hoffen, dass dein Fákin sich mit meinen Katern verträgt. Nachts musst du ihn anbinden, nicht dass er abhaut und Schafe jagt.«
    »Das wird nicht nötig sein, er schläft bei mir.«
    Fákin lag platt auf den Boden des Bootes gedrückt, hatte die Schnauze zwischen den Vorderpfoten, rührte sich nicht und sah mich unverwandt an. Er ist nicht verschmust, aber wir verstehen uns in der Sprache von Flora und Fauna, in telepathischem Esperanto.
    Vom Horizont rollte eine Lawine dicker Wolken heran, und es wehte ein kühler Wind, aber das Meer war ruhig. Manuel lieh mir einen Wollponcho, und dann redete er nicht mehr, konzentrierte sich aufs Steuer und auf die Geräte, den Kompass, ein GPS, das Seefunkgerät und was er da sonst noch hat, während ich ihn verstohlen ansah. Meine Nini hatte mir erzählt, er sei Soziologe oder so, aber auf seinem Boot konnte man ihn gut für einen Seemann halten: mittelgroß, schmal, kräftig, sehnig und muskulös, das Gesicht von der Salzluft gegerbt, mit markanten Falten und kurzen, störrischen Haaren, im selben Grau wie seine Augen. Bei alten Leuten kann ich das Alter nicht schätzen; von weitem hat Manuel sich gut gehalten, er geht noch zügig und hat nicht diesen krummen, greisenhaften Rücken, aber aus der Nähe merkt man, dass er älter ist als meine Nini, also muss er über siebzig sein. Ich bin wie eine Bombe in seinem Leben eingeschlagen. Ich muss behutsam sein, sonst tut es ihm noch leid, dass er mich bei sich aufgenommen hat.
    Nach fast einer Stunde Fahrt, vorbei an etlichen Inseln, die unbewohnt aussahen, obwohl sie es nicht sind,

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