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Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Mayas Tagebuch: Roman (German Edition)

Titel: Mayas Tagebuch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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zeigte Manuel auf eine Erhebung, die aus der Ferne kaum mehr war als ein dunkler Strich am Horizont und sich beim Näherkommen als ein Hügel entpuppte, gesäumt von einem Strand aus schwärzlichem Sand und Felsen, wo vier Holzboote kieloben zum Trocknen lagen. Manuel fuhr die Cahuilla seitlich an einen schwimmenden Anleger heran und warf den Kindern, die zahlreich angerannt kamen, dicke Taue zu, mit denen sie das Boot gekonnt an ein paar Pfosten festmachten. »Willkommen in unserer Metropole«, sagte Manuel und deutete auf das Dorf aus Holzhäusern auf Stelzen am Ufer. Mich überlief es kalt, denn das würde von nun an meine gesamte Welt sein.
    Ein Grüppchen Leute näherte sich dem Strand, um mich in Augenschein zu nehmen. Manuel hatte angekündigt, er hole eine Amerikanerin ab, die ihm bei seinen Forschungsarbeiten helfen werde; falls man hier mit jemand Seriösem gerechnet hatte, muss die Enttäuschung bei meinem Anblick groß gewesen sein.
    Um den Kühlschrank aufrecht vom Boot zu schaffen, bedurfte es etlicher Helfer, die einander lachend Dampf machten, weil es schon dunkel zu werden begann. In einer Prozession ging es dann hoch zum Dorf, vorneweg der Kühlschrank, dahinter Manuel und ich, gefolgt von einem Dutzend lärmender Kinder und einer buntscheckigen Nachhut von Hunden, die meinen Fákin wütend anbellten,sich aber nicht an ihn herantrauten, weil sein grenzenlos überhebliches Gebaren keinen Zweifel daran ließ, dass jeder, der es wagte, die Konsequenzen zu spüren bekäme. Fákin ist offenbar nicht leicht einzuschüchtern und lässt keinen an seinem Hinterteil schnüffeln. Wir kamen am Friedhof vorbei, wo ein paar Ziegen mit prallem Euter zwischen Gräbern mit Plastikblumen und Miniaturhäuschen weideten, von denen einige sogar für die Toten möbliert sind.
    Die Pfahlbauten im Dorf sind durch Holzstege miteinander verbunden, und auf der Hauptstraße, wenn man die so nennen will, sah ich Esel, Fahrräder, einen Jeep mit dem Emblem der chilenischen Polizei, zwei gekreuzten Gewehren, und drei oder vier alte Autos, die in Kalifornien Sammlerstücke wären, hätten sie nicht so viele Beulen. Manuel erklärte mir, das Gelände sei hier unwegsam und im Winter der Matsch oft tief, deshalb transportiere man schwere Lasten zumeist mit dem Ochsenkarren und leichtere mit dem Maultiergespann und die Leute seien ansonsten zu Pferd oder zu Fuß unterwegs. Verblichene Schilder wiesen auf kleine Läden hin, zwei Lebensmittelgeschäfte, eine Apotheke, mehrere Kneipen, zwei Restaurants, die aus ein paar Metalltischen vor einer Fischtheke bestehen, außerdem ein Internetcafé, in dem es auch Batterien, Limo und Krimskrams zu kaufen gibt für die Besucher, die einmal in der Woche von einer Agentur für Ökotourismus hierher gebracht werden, um das beste Curanto von Chiloé zu essen. Darüber muss ich später schreiben, bisher habe ich es noch nicht gekostet.
    Einige Leute kamen aus den Häusern und sahen mich scheu und schweigend an, bis sich ein plattnasiger Mann, wuchtig wie ein Kleiderschrank, ein Herz fasste und mich begrüßte. Er wischte sich die Hand an der Hose ab, ehe er sie mir hinhielt, und schenkte mir ein in Gold gefasstes Lächeln. Das war Aurelio Ñancupel, Nachfahr eines berühmten Piraten und auf der Insel unentbehrlich, weil man in seiner Kneipe anschreiben lassen kann, er Zähne zieht und einen Fernseher mit Flachbildschirm hat, vor dem seine Stammkundschaft sich schart, wenn es Strom gibt. Die Kneipe heißt »Taverne zum lieben Toten«; da sie günstig in der Nähe des Friedhofs liegt, ist sie Pflichtstation der Trauernden, die dort den Kummer der Beisetzung ertränken.
    Ñancupel sei Mormone geworden, weil er mehrere Frauen heiraten wollte und nicht mitbekommen habe, dass die Mormonen wegen einer neuen Prophezeiung, die der US-Verfassung besser entspricht, der Vielweiberei abgeschworen haben, stellte Manuel mir den Mann vor, der sich dazu im Chor mit den Umstehenden vor Lachen bog. Manuel machte mich noch mit anderen Leuten bekannt, deren Namen ich nicht behalten konnte, die mir aber alle zu alt schienen, um die Eltern der Horde von Kindern hier zu sein; inzwischen weiß ich, es sind die Großeltern, denn die Generation dazwischen arbeitet nicht auf der Insel.
    Dann kam eine Frau in den Fünfzigern die Straße entlang auf uns zu, sie hatte etwas Gebieterisches, war füllig und schön und hatte das beigefarbene Haar einer grau gewordenen Blondine im Nacken nachlässig hochgesteckt. Das war Blanca

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