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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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verbargen sich hinter den sanft gewellten Hügeln, und für den Betrachter in dem alten Gutshaus in Sandymount, dem Sitz seines Ordens, verschwammen sogar die Türme von Bray in dunstiger Ferne. Aber die Sonne schien hell auf die grünen Wiesen, die er so sehr liebte - mit der gleichen Inbrunst, wie er den großen Feind jenseits des Meeres haßte.
    Der Brief hatte ihn in Aufregung versetzt. Es war lange her, fast zwei Jahre, seit er in Tripolis gewesen war, zu einer persönlichen Audienz bei Oberst Muammar Gaddafi, dem Großen Führer der libyschen Volksdschamahirija, dem Hüter von Allahs Wort, dem Mann, der in dem Brief als >der Bischof< bezeichnet wurde.
    Es war eine seltene Gelegenheit, ein Privileg gewesen, aber trotz der blumigen Sprache, der weichen Stimme und der großartigen Versprechungen war letztlich nichts dabei herausgekommen. Kein Geld, keine Waffen für die Sache der Iren. Es war auf eine Enttäuschung hinausgelaufen, und der Mann, der die Begegnung eingefädelt hatte, Hakim al-Mansur, Chef der Auslandsabteilung des libyschen Geheimdienstes, der jetzt als >Harry< unterschrieben hatte, hatte sein Bedauern zum Ausdruck gebracht.
    Und nun dies, eine Vorladung, denn darum handelte es sich im Grunde genommen. Es wurde kein Zeitpunkt für das Treffen mit dem Bischof vorgeschlagen, aber Pater O’Brien wußte, daß das unnötig war. Harry meinte >unverzüglich<. Zwar konnten einen die Araber jahrelang hinhalten, wenn ihnen danach war, doch wenn man eine solche Einladung von Gaddafi erhielt, fuhr man hin - falls man auf seine Großzügigkeit zählte.
    Pater O’Brien wußte, daß seine Kampfgefährten tatsächlich auf diese Großzügigkeit angewiesen waren. Die Gelder aus Amerika flossen nur noch spärlich; die ständigen Appelle der Dubliner Regierung - in Pater O’Briens Augen ein Haufen Verräter -, keine Waffen und kein Geld nach Irland zu schicken, hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. Es wäre unklug gewesen, der Aufforderung aus Tripolis nicht Folge zu leisten. Das Problem war nur, daß er eine gute Ausrede finden mußte, warum er schon wieder auf Reisen gehen wollte.
    Dabei hätte Pater O’Brien ein paar Wochen Ruhe durchaus gebrauchen können. Er war erst drei Tage zuvor aus Amsterdam zurückgekehrt, angeblich von einem Seminar über den Kampf gegen den Hunger in der Welt.
    Während seines Aufenthalts auf dem Festland hatte er die Möglichkeit gehabt, sich heimlich aus Amsterdam zu entfernen und mit Geld, das er schon früher in Utrecht deponiert hatte, zwei langfristige Mietverträge unter falschen Namen für eine Wohnung in Roermond und eine in Münster abzuschließen. Beide Wohnungen sollten später den jungen Helden Unterschlupf bieten, die in diese Länder gehen würden, um den Feind dort zu bekämpfen, wo er es am wenigsten erwartete.
    Häufiges Reisen war für Dermot O’Brien ein selbstverständlicher Teil seines Lebens. Sein Orden befaßte sich mit missionarischer und ökumenischer Arbeit, und er war sein Auslandssekretär. Es war eine perfekte Tarnung für den Krieg;
    nicht den Krieg gegen die Armut, sondern den Krieg gegen die Engländer, der seine Berufung und sein Lebensinhalt war, seit er vor vielen Jahren den zerschmetterten Kopf des sterbenden jungen Mannes in Derry gehalten und die britischen Fallschirmjäger die Straße hinunterlaufen gesehen hatte. Er hatte den jungen Mann mit den Sterbesakramenten versehen und ein zweites, persönliches Gelübde abgelegt, von dem sein Orden und sein Bischof nichts wußten.
    Seit damals hatte er seinen unbändigen Haß auf die Menschen jenseits der Irischen See genährt und geschärft und sich mit ganzer Kraft der guten Sache gewidmet. Seine Dienste waren willkommen gewesen, und seit zehn Jahren war er nun der wichtigste international tätige Finanz- und Waffenexperte des provisorischen Flügels der IRA. Er beschaffte Geld, transferierte Beträge von einem getarnten Bankkonto auf ein anderes, besorgte falsche Pässe und kümmerte sich um Beschaffung und Lagerung von Semtex und Druckzündern.
    Mit seiner Hilfe hatten die Bomben im Regent’s Park und im Hyde Park junge Militärmusiker, Reiter und Pferde zerrissen; durch seine Arbeit hatte er dazu beigetragen, daß zugespitzte Bolzen vor dem Kaufhaus Harrods durch die Luft geflogen waren und Eingeweide zerfetzt und Gliedmaßen abgetrennt hatten. Er bedauerte, daß das notwendig war, aber er wußte, es war gerecht. Er las dann immer die Berichte in den Zeitungen und sah sich inmitten seiner entsetzten

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