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McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Innendienst, aber gut.
    »Natürlich«, fuhr Gaunt fort, »weiß Sam genauso gut wie jeder von uns, daß wir nicht in der Vergangenheit leben und immer wieder über den Kalten Krieg nachdenken können. Der springende Punkt ist, daß es heute andere Gefahren gibt, die unser Land bedrohen, und diese Gefahren nehmen ständig zu. Ich nenne nur die Lieferung modernster Waffensysteme an höchst instabile Diktatoren in der Dritten Welt - wir alle wissen genau, was Frankreich dem Irak alles geliefert hat - und natürlich den Terrorismus.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang« - er nahm von einem der Beamten der Dokumentenabteilung einen braunen Ordner entgegen und öffnete ihn - »an die Affäre erinnern, die im April 1986 begann und im Spätsommer 1987 endete, obwohl das Problem Irland wohl nie ein Ende finden wird. Solche Versuche wird es wahrscheinlich immer wieder geben, und es wird auch künftig Aufgabe der >Firma< sein, sie zu vereiteln. Sam McCready vor die Tür setzen? Offen gesagt, meine Herren, das könnte uns teuer zu stehen kommen.«
    Die Controller der Abteilungen >Westliche Hemisphäre< und >Inlandsoperationen< nickten, während Edwards sie finster anblickte. Diese Art von Einverständnis paßte ihm nicht in den Kram. Aber Gaunt las unbeirrt vor, welche Ereignisse im April 1986 zu der Situation geführt hatten, die sich dann im Frühjahr 1987 bedrohlich zugespitzt hatte.
    »Am 16. April 1986 bombardierten Kampfflugzeuge von amerikanischen Flugzeugträgern in der Großen Syrte und Kampfbomber von britischen Stützpunkten aus die Privatresidenz von Oberst Gaddafi bei Tripolis. Das Haus, in dem der Oberst schlief, wurde von einer Maschine beschossen, die von dem amerikanischen Flugzeugträger Exeter aufgestiegen war.
    Gaddafi blieb am Leben, erlitt aber einen Nervenzusammenbruch. Als er sich erholt hatte, schwor er Rache, den Briten ebenso wie den Amerikanern, denn wir hatten die F-111-Bomber von unseren Basen Upper Heyford und Lakenheath aufsteigen lassen.
    Im Frühjahr 1987 erfuhren wir, auf welche Weise Gaddafi sich an Großbritannien rächen wollte, und der Fall wurde Sam McCready übertragen.«

Ein Kriegsopfer
     
     
1
     
    Pater Dermot O’Brien erhielt die Nachricht aus Libyen auf dem normalen Weg für solch eine erste Kontaktaufnahme - mit der Post.
    Es war ein völlig normaler Brief, und hätte ihn irgend jemand geöffnet - was nicht geschehen war, denn die Republik Irland fängt keine Postsendungen ab -, hätte er nichts Interessantes darin gefunden. Dem Poststempel nach kam er aus Genf, und das war auch der Fall; der Aufdruck neben der Briefmarke besagte, daß der Absender beim Weltkirchenrat beschäftigt war, und das war nicht der Fall.
    Pater O’Brien fand den Brief eines Morgens im zeitigen Frühjahr des Jahres 1987 in seinem Fach in der Haupthalle neben dem Refektorium, als er vom Frühstück kam. Er sah die anderen vier Briefe durch, die er bekommen hatte, aber sein Blick kehrte zu dem aus Genf zurück. Er trug auf der Rückseite die leichte Bleistiftmarkierung, die besagte, daß er ihn nicht vor anderen öffnen oder herumliegen lassen sollte.
    Der Priester nickte freundlich zwei Amtsbrüdern zu, die ins Refektorium gingen, und begab sich in sein Zimmer im ersten Stock.
    Der Brief war auf dem üblichen knisternden Luftpostpapier geschrieben. Der Text war freundlich, ja herzlich, begann mit »Mein lieber Dermot.« und war im Ton eines Geistlichen gehalten, der einem Amtsbruder schreibt, mit dem er seit Jahren befreundet ist. Der Weltkirchenrat ist zwar eine protestantische Organisation, doch hätte kein beiläufiger Beobachter etwas dabei gefunden, daß ein lutherischer Geistlicher einem Freund schrieb, der zufällig katholischer Priester war. Es war die Zeit vorsichtiger ökumenischer Annäherung, vor allem auf internationaler Ebene.
    Der Freund in Genf sandte seine besten Grüße, sprach die Hoffnung aus, daß er bei guter Gesundheit sei, und plauderte über die Arbeit des Weltkirchenrats in der Dritten Welt. Zur Sache kam er im dritten Absatz des mit Schreibmaschine geschriebenen Textes. Er schrieb, der Bischof denke mit Vergnügen an eine frühere Begegnung mit Pater O’Brien zurück und würde sich gerne erneut mit ihm treffen. Die Unterschrift lautete schlicht »Dein Freund Harry«.
    Pater O’Brien legte den Brief nachdenklich weg und schaute aus dem Fenster über die Wiesen der Grafschaft Wicklow zum Städtchen Bray und weiter zu den grauen Wassern der Irischen See. Diese freilich

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