Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
McCreadys Doppelspiel

McCreadys Doppelspiel

Titel: McCreadys Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
über den Tisch und zeigte auf einen längeren Bericht auf der fünften Seite.
    »Polizeitaucher bargen heute an der Schleuse Teddington die Leiche eines amerikanischen Touristen aus der Themse. Nach Angaben eines Sprechers wird angenommen, daß der Mann gestern abend in der Nähe von Eton ins Wasser gefallen ist. Der Tote wurde als Calvin Bailey identifiziert, ein amerikanischer Beamter, der seinen Urlaub in London verbrachte.
    Wie aus der amerikanischen Botschaft verlautet, hatte Bailey mit einem Bekannten, einem Zweiten Sekretär an der Botschaft, in einem Restaurant in Eton zu Abend gegessen. Nach dem Essen fühlte sich Bailey nicht wohl und ging an die frische Luft. Sein Bekannter blieb noch, um die Rechnung zu begleichen. Als er hinausging, konnte er Bailey nirgends finden. Er wartete noch eine Stunde und nahm dann an, Bailey sei alleine nach London zurückgekehrt. Als ein Anruf ergab, daß dies nicht der Fall war, benachrichtigte er die Polizei. Die sofort angeordnete Suche blieb ohne Ergebnis.
    Heute morgen sagte ein Polizeisprecher in Eton, Bailey sei offenbar auf dem Treidelpfad spazieren gegangen, dabei ausgerutscht und ins Wasser gefallen. Bailey war Nichtschwimmer. Die Witwe des Ertrunkenen stand für Auskünfte nicht zur Verfügung. Sie hat einen Schock erlitten und befindet sich in ärztlicher Behandlung.«
    McCready legte die Zeitung weg und starrte auf die Tür.
    »Oh, du armer Hund«, sagte er leise. »Du armer, armer Hund, du.«
    Joe Roth nahm am Morgen die erste Maschine nach Washington und fuhr zu der Villa in Georgetown. Er reichte seine fristlose Kündigung ein, die nach vierundzwanzig Stunden wirksam wurde, und verließ den DCI als ernüchterter, weiser gewordene Mann. Bevor er ging, brachte er noch eine Bitte vor. Der DCI gewährte sie ihm.
    Roth erreichte die Ranch spät am Abend desselben Tages.
    Oberst Orlow war noch wach, alleine in seinem Zimmer, und spielte Schach gegen einen Computer. Er war gut, aber der Computer war besser. Der Computer hatte die weißen Figuren; Orlow hatte die anderen, die nicht schwarz, sondern dunkelrot waren. Der Kassettenrecorder spielte ein Album der Seekers aus dem Jahr 1965.
    Kroll betrat den Raum als erster, ging zur Seite und stellte sich mit dem Rücken zur Wand auf. Roth folgte ihm und schloß die Tür hinter sich. Orlow blickte auf, erstaunt.
    Kroll sah ihn unverwandt an, mit leerem Blick und ausdruckslosem Gesicht. Unter seiner linken Achselhöhle zeichnete sich ein Höcker ab. Orlow sah es und blickte zu Roth hinüber. Keiner von beiden sagte etwas. Roth sah ihn nur mit sehr kalten Augen an. Der verwirrte Ausdruck auf Orlows Gesicht wich einem resignierten Begreifen. Keiner sagte etwas.
    Die reine, klare Stimme von Judith Durham füllte den Raum.
    »Fare thee well, my own true lover, This will be our last goodbye...«
    Krolls Hand näherte sich dem Recorder.
    »For the carnival is over.«
    Kroll drückte auf den >Off<-Knopf, und Stille trat ein. Orlow sagte nur ein Wort, das zweite in seiner Muttersprache, seit er in Amerika war:
    »Kto?« Das bedeutet: »Wer?«
    Roth sagte: »Gorodow.«
    Es war wie ein Faustschlag. Orlow schloß die Augen und schüttelte ungläubig den Kopf.
    Er sah auf das Brett vor sich und legte einen Finger auf die Krone seines Königs. Er drückte und ließ los. Der rote König fiel um, Eingeständnis des Spielers, daß er verloren hatte. Der Brautpreis war bezahlt und angenommen worden, aber es würde keine Hochzeit geben. Der rote König rollte ein
    Stückchen und blieb liegen.
    Pjotr Alexandrowitsch Orlow, ein sehr tapferer Mann und ein Patriot, erhob sich und ging in die Dunkelheit, um vor den mächtigen Gott zu treten, der ihn geschaffen hatte.

London, Century House
    »Das ist ja alles schön und gut, Denis, und auch höchst eindrucksvoll«, sagte Timothy Edwards, als die Kommission am Mittwochmorgen wieder zusammentrat, »Aber wir müssen uns doch fragen: Werden wir diese bemerkenswerten Talente in Zukunft jemals wieder brauchen?«
    »Ich glaube, ich kann Ihnen nicht ganz folgen, Timothy«, erwiderte Denis Gaunt.
    Sam McCready lehnte sich zurück, soweit die hohe, senkrechte Lehne des Stuhls es gestattete, und ließ die anderen palavern. Sie sprachen über ihn, als sei er schon ein Möbelstück, etwas aus der Vergangenheit, ein Gesprächsthema, das man im Club erörtern konnte, wenn der Portwein gereicht wurde.
    Er sah durchs Fenster in den hellen blauen Julihimmel hinaus. Da draußen lag eine ganze Welt, eine andere

Weitere Kostenlose Bücher