McCreadys Doppelspiel
Sie mal, was Sie gelernt haben.«
»Zu Befehl«, sagte Rowse und griff nach der Handbremse.
»Jetzt.«
Rowse riß mit aller Kraft die Handbremse hoch, während McCready den Jaguar jäh herumriß. Das Heck des Wagens schwang mit quietschenden Reifen herum. In zwei Sekunden hatte die schwere Limousine gewendet und fuhr jetzt in die entgegengesetzte Richtung. McCready hielt direkt auf den Scheinwerfer des entgegenkommenden Motorrads zu. An zwei nicht gekennzeichneten, ganz in der Nähe stehenden Wagen gingen die Scheinwerfer an, und die Motoren wurden angelassen.
Ruetter fuhr einen Bogen, um dem Jaguar auszuweichen. Die schwere Honda kam von der Straße ab und fuhr über den Bordstein auf den Rasen. Fast hätte der Fahrer auch noch der Parkbank ausweichen können, aber eben nur fast. Vom Beifahrersitz aus sah Rowse, wie das Motorrad einen Salto über die Bank machte und die beiden Personen abwarf. Den anderen Wagen entstiegen drei Männer.
Ruetter atmete schwer, war aber unverletzt. Er griff in sein Sakko.
»Bewaffnete Polizei. Keine Bewegung«, sagte eine Stimme neben ihm. Ruetter drehte sich um und sah in die Mündung eines Dienstrevolvers des Typs Webley .38. Das Gesicht über der Waffe lächelte. Ruetter beschloß, dem anderen diesen Gefallen nicht zu tun, und nahm die Hand wieder aus der Jacke. Der Sergeant von der Special Branch trat einen Schritt zurück, den Webley auf den Kopf des Deutschen gerichtet. Ein Kollege fischte die Walther P.38 Parabellum aus Ruetters Motorradjacke.
Die junge Frau war bewußtlos. Ein hochgewachsener Mann in einem hellgrauen Mantel kam von einem der Wagen auf McCready zu.
»Was ist mit den beiden, Sam?«
»RAF. Bewaffnet. Gefährlich.«
»Die Frau ist nicht bewaffnet«, sagte Ruetter auf englisch. »Das ist ein Skandal.«
Der Commander von der Special Branch holte eine kleine Pistole aus der Tasche, ging zu der Frau hinüber, drückte ihr die Automatik in die rechte Hand und steckte sie dann in einen Plastikbeutel.
»Jetzt ist sie es«, sagte er.
»Ich protestiere aufs schärfste«, sagte Ruetter. »Das ist eine flagrante Verletzung unserer Bürgerrechte.«
»Wie wahr«, sagte der Commander traurig. »Wie soll’s weitergehen, Sam?«
»Die haben mein Bild. Möglicherweise kennen sie meinen Namen. Und sie haben mich mit ihm gesehen.« Er machte eine
Kopfbewegung zu Rowse hin. »Wenn das bekannt wird, ist in den Straßen Londons bald die Hölle los. Die beiden müssen festgesetzt werden, ohne daß irgend jemand etwas davon erfährt. Keine Spurensicherung. Keine Vorführung. Bestimmt sind sie nach dem Unfall schwer verletzt. Wie wär’s mit einem Polizeikrankenhaus?«
»Würde mich nicht wundern, wenn wir sie auf die Isolierstation legen müßten. Wo sie doch im Koma liegen, die armen Kleinen. Und weil sie keine Papiere bei sich haben, kann es Wochen dauern, bis wir sie identifiziert haben.«
»Ich heiße Wolfgang Ruetter«, sagte der Deutsche. »Ich bin Rechtsanwalt aus Frankfurt und verlange, sofort meinen Botschafter sprechen zu dürfen.«
»Ich weiß nicht, ich bin in letzter Zeit so schwerhörig. Muß das Alter sein«, klagte der Commander. »Also ab mit ihnen ins Auto. Sobald wir sie identifiziert haben, werden sie natürlich dem Gericht vorgeführt. Aber das kann dauern. Wir bleiben in Verbindung, Sam.«
Auch nach dem Gesetz über die Verhinderung von Terroranschlägen darf ein bewaffnetes und identifiziertes Mitglied einer terroristischen Vereinigung, das festgenommen wird, in Großbritannien nicht länger als sieben Tage in Haft bleiben, ohne einem Richter vorgeführt zu werden. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel, selbst in einer Demokratie.
Rowse fuhr am nächsten Morgen nach Gloucestershire zurück, um sein gewohntes Leben wieder aufzunehmen und auf die versprochene Nachricht von Hakim al-Mansur zu warten. Sobald er die Information über Bestimmungshafen und Ankunftszeit des Waffenschiffes hatte, würde er, so sah er es, die Nachricht an McCready weitergeben. Der SIS konnte das Schiff dann zurückverfolgen, es im Mittelmeer ausfindig machen und mit Mahoney und seinen Leuten an Bord im Ostatlantik oder im Ärmelkanal aufbringen. So einfach war das.
Der Kurier kam sieben Tage später. Ein schwarzer Porsche rollte sehr langsam in den Hof von Rowses Anwesen, und ein junger Mann stieg aus. Einen Augenblick lang betrachtete er das grüne Gras und die Blumenbeete in der Sonne - er war dunkelhaarig, blickte mürrisch drein und stammte aus einem trockeneren,
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