Mea Suna: Seelensturm Band 1 (German Edition)
nicht der Taluri aus dem Wald? Aber ...? Ich brauchte einen Augenblick, um zu verstehen. Trotzdem ergab das keinen Sinn. Wieso half er mir?
»Verschwinde, Amy«, rief er, während er Matteo bewegungsunfähig festhielt. Er sah mich direkt an. Auch seine Augen sahen aus wie schwarze Kugeln, doch in ihnen blitzte etwas auf. Mein schmerzendes Bein erinnerte mich daran, dass ich mich so schnell wie möglich in Sicherheit bringen sollte. Der Schmerz breitete sich im ganzen Körper aus und ich befürchtete, es nicht zurück zu schaffen.
»Los, hau endlich ab, bevor es zu spät ist!«, schrie er mich an. Ungläubig trat ich rückwärts, bis ich schließlich unter großen Anstrengungen davon humpelte.
Kapitel 8 Luca
Dieses Mädchen! Sie verwirrte mich, brachte mich völlig aus dem Konzept. Ich wusste, was meine Aufgabe war, konnte aber nicht sagen, warum ich ihren hübschen Kopf nicht vom restlichen Körper trennen konnte.
Nie zuvor hatte ich je gezögert. Selbst dann nicht, als ich das erste Mal etwas in mir spürte, was mich bis in meine Träume verfolgte. Ich wusste nur, dass es falsch war, sie zu töten. Irgendwie fühlte es sich dieses Mal nicht richtig an. Dieses Mädchen weckte Gefühle in mir, die ich nicht kannte. Immer, wenn wir eine Illustris sahen, brannte es in uns. Jenes Feuer, das sie in uns auslösten, wenn wir in ihre Nähe kamen.
Das Brennen wuchs mit jedem Meter, bis die Glut schließlich zu einem Inferno wurde und wir in einen Blutrausch verfielen. Unser Bewusstsein war dann ausgeschaltet. Es gibt keine Emotionen, nur den unwiderstehlichen Drang, ihr den Kopf vom Rumpf abzuschneiden, damit wir endlich den
Seelensturm
in uns zum Schweigen bringen können.
Roy Morgion brachte uns bei, dass diese vernichtende Qual von einer Illustris kam. Sie war der Feind, den es zu vernichten galt. Mit ihrem Tod fanden wir die innere Ruhe, die wir nur in dem Augenblick ganz und gar verspürten. Viele Male hatte ich den Frieden gefunden. Doch seit einiger Zeit verspürte ich so etwas wie Reue und ein Gewissen, wenn ich an diese Mädchen dachte. Besonders bei diesem Mädchen. Instinktiv wusste ich deshalb, dass etwas falsch lief. Ein Gewissen spürte keiner von uns, zumindest kannten wir so etwas nicht, daher gab es keine Gefühle wie Mitleid oder gar Bedauern in uns.
Seit ein paar Monaten war das bei mir anders und ich hatte keine Erklärung dafür. Hinzu kam, dass diese Illustris noch etwas anderes mit mir anstellte. Ich wollte mehr von ihr wissen, wollte sie ansehen, mit ihr reden. Aber töten? Nein, töten wollte ich sie vorerst nicht. Sie war so anders als die anderen Illustris. Ich erkannte sie sofort. Das Strahlen ihrer Haut verriet sie. Es verriet sie alle. Merkwürdig war nur, dass dieses Mädchen nicht immer ihre wahre Identität preisgab. Matteo kannte ihren Namen. Er hatte sie aufgespürt und seit ich sie das erste Mal gesehen hatte, rang ich mit meinem inneren Teufel.
Mit aller Kraft hielt ich Matteo fest. Hinderte ihn daran, unseren Auftrag zu Ende auszuführen. Er war schon mitten in einem Kampf mit ihr, als ich gerade noch rechtzeitig dazukam. Ich spürte die Flammen, wie sie in mir zu lodern begannen. Unterdrückte das aufsteigende Gefühl, ihr etwas antun zu wollen. Die Grenze zwischen menschlichen Emotionen und die der kaltblütigen Taluris vermischten sich und je länger sie mich ansah, wurde es für mich immer schwieriger, der Glut nicht nachzugeben.
»Verschwinde«, rief ich, während ich versuchte, Matteo weiter festzuhalten und er so sein Vorhaben nicht ausführen konnte.
Ich sah direkt in ihre grün-grauen Augen. Wie lange konnte ich ihr schönes Gesicht ansehen, bevor mein Rausch jegliche Farben nahm und ich sie nur noch als schwarze Gestalt vor mir stehen sah?
Matteo wehrte sich mit aller Kraft, während sie immer noch fassungslos zu uns rüber sah. Sie war verletzt, doch ich wusste, sie würde überleben. Allmählich wurde mein innerer Drang stärker und damit auch gefährlicher für sie.
»Los, hau endlich ab, bevor es zu spät ist!«, schrie ich, in der Erkenntnis, dass es sich nur noch um Sekunden handelte, bis auch ich sie jagen würde.
Endlich humpelte sie davon. Ich kämpfte, versuchte den Impuls zu unterdrücken, bis ich nach und nach spürte, wie mit jedem Meter, den sie zwischen uns brachte, das Brennen endlich nachließ.
Auch Matteo wurde ruhiger. Wie ein wildes Tier hatte er versucht, sich aus meinem Griff zu befreien. Wir atmeten beide schwer, und als sich seine
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