Meckerfritz - 1: Bissige und ironische Betrachtungen des Alltags. (German Edition)
am Lenker zeigen sich und die Co-Pilotin reibt den Schweiß im Gesicht des Fahrers mit einem Handtuch weg. Quengelnde Gören auf der Rückbank, denen die Einsparung der Klimaanlage ebenfalls nicht behagt, maulen herum. Sie säßen jetzt lieber, wie auch Mutti und Vati im Cabrio.
Das Schild „Ausfahrt” weist dem Freiluftchauffeur die Richtung seines Heimathafens an und er setzt den Blinker. Noch ein paar Kilometer durch die Stadt und schon steht das noble Gefährt sicher in der Garage. Verwöhnt vom ampelfreien Sausen auf der Vierspurigen, stoppt das erste rote Licht an einer Kreuzung die naturklimatisierte Weiterfahrt.
In Bruchteilen von Sekunden sammelt das Fahrzeuginnere die von oben ungehindert eindringende Hitze. Wer für die Länge dieser Rotphase verantwortlich ist, sollte auf der Stelle entmannt werden. Saunaähnliche Temperaturen bringen zwar nicht den Motor, jedoch das Gemüt der Insassen zum Kochen. Die Betätigung der Klimaanlage erweist sich als weniger hilfreich, der Körperschweiß rinnt in kleinen Bächen an Rücken und Beinen gen Sitz und Sandalen.
Das sorgfältig aufgelegte Make-Up im Antlitz der Beifahrerin hält sich nicht an die Sprüche der TV-Reklame und bildet kreative Muster im Stile einer Horror-Maske. Erst jetzt wird die Anschaffung der Sonnenbrille vollumfänglich gewürdigt. Die Frisur unter dem neckigen Käppi ähnelt dem Inhalt eines Topfes mit Sauerkraut.
Schon geht es weiter, die Ampel zeigt ein freundliches Grün. Kühlung von außen wird geliefert, fast wie bestellt. Es sind viele Ampeln in einer großen Stadt und nicht alle stehen ständig mit „grüner Welle” parat und schon wird es wieder langsamer, denn auch diese Lichtanlage steht auf Rot.
Jugendliche aus einem bedachten, doch mit Klimaanlage ausgerüsteten Fahrzeug von der Nebenspur, machen sich mit albernen Faxen deutlich darüber lustig, wie das Rouge der Cabrio-Grazie das Weite sucht und auf Unterkieferhöhe zunächst Zwischenetappe einlegt. Der Boliden-Pilot versucht dieses Manko mit kräftigen Tritten auf das Gaspedal auszugleichen, doch erheitert die nebenstehenden Insassen nur noch um so mehr.
Wenn es doch jetzt bloß „grün” leuchtete, käme man aus der Nummer einigermaßen schadlos raus. War es Telepathie oder simple Technik eines Relais, die Ampel schaltete auf Grün und das Cabrio preschte davon. Auf dem Parkplatz der nächsten Tankstelle wurde angehalten, das Verdeck zugezogen und sich auf dem Rest der Fahrt bis zum Ziel an der gottlob funktionieren und nicht aus Kostengründen eingesparten Klimaanlage erfreut.
Eines dürfte aber auch klar sein. Beim nächsten Cabrio muss ein elektrisches Verdeck her, sonst taugt’s ja nichts.
Gülle-Dealer
Langjährige Studien ergaben, dass der heutige Konsument völlig überfüttert ist, was wohlstandsbedingte Nahrungsaufnahme anbelangt. Vom 3-Sternemenu „back to the roots” könnte man den neuen Trend ohne Weiteres nennen.
Fernab vom gegrillten Alaska-Lachs nebst Achtundneunziger Dom Perignon, auch dem Beluga-Kaviar und den zitronensaftbeträufelten Austern wird versagt, widmen sich kritische Gaumen mehr und mehr der Inhalation naturbasierender Aromen: der Gülle.
Frei von chemischen Zusätzen, Phosphaten und Emulgatoren, Nebenwirkungen oder sonstigen postum auftretenden körperlichen Einschränkungen, wird die Gülle nach uralten Prozeduren hergestellt. Reife, Gärungsprozess und Lagerung spielen dabei eine wichtige Rolle. Die Sterilität der Herstellungsumgebung darf keinesfalls unerwähnt bleiben.
Ebenso werden auch Jugendliche als kommende Gülle-Konsumenten angesprochen, ist doch gerade diese Zielgruppe dem Schnüffeln verfallen. Der Kommentar eines 14-Jährigen sagt es mehr als deutlich: „Junge Junge, ein Hieb aus dem Kanister und es haut dir die Scheidewände raus…”
So ziehen sie übers Land und durchkreuzen unsere Städte, einen Kanister immer mit dabei, die Gülle-Dealer. Man trifft sie fast an jeder belebten Ecke und wer ein leeres Behältnis und das entsprechende „Kleingeld” bei sich hat, wird sofort beliefert. Die Logistik ist flächendeckend und penibel vorbereitet worden. Über Funk ordert ein Gülle-Dealer Nachschub vom Großraumtransporter und lässt seinen Kanister auffüllen.
Stammkunden soll es schon geben und selbst Gründungen von Vereinen wurden bekannt. Wer gestern noch im düsteren Stübchen verstohlen seinen Joint drehte, dröhnt sich nun mit Gülle zu und muss
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