Mecklenburger Winter
je mehr sich Kai in Fahrt redete. „Du bist der geborene Langstreckenläufer und du siehst einfach toll aus mit den flachen Muskeln und deinen ewig langen Beinen. Allemal besser, als dieser wandelnde Muskelprotz da draußen, der beim Laufen keine hundert Meter gegen dich bestehen könnte.“
Kai holte Luft und Leon setzte nun doch an etwas zu sagen, doch Kai ließ ihm keine Chance: „Mann, Leon. Du bist ein durchtrainierter Sportler. Du bist voll okay! Dein Körper hat unglaublich viel Kraft und Energie. Ich finde dich tausend Mal besser und viel begehrenswerter, als so einen Muskelprotz. Du bist perfekt, so wie du bist.“ Die Worte verhallten im Raum und Kai biss sich betreten auf die Lippe. Das hatte er eigentlich nicht alles sagen wollen. Zu spät, er konnte seine Worte nicht zurücknehmen. Sie waren da, hingen im Raum, schwebten unwiderruflich zwischen ihnen.
Verdammt, du hättest ihm auch gleich sagen können, wie sehr er dich anmacht und das du ihn am liebsten gleich hier flachlegen würdest, stöhnte Kai innerlich. Sag ihm jetzt noch explizit, was du alles mit ihm anstellen möchtest und verjage ihn endgültig, du geiler Riesenhornochse.
Leon blickte ihn sprachlos mit großen Augen an. In Kais Kopf wirbelten tausend hastig gemurmelte Entschuldigungen herum, aber nichts kam ihm über die Lippen. Es gab keine. Er meinte, was er sagte.
Zwischen ihnen vibrierte die Luft vor Spannung, Kai spürte es, wusste, dass Leon sich gleich abwenden, ihm eine runterhauen oder vor ihm fliehen würde und damit alles vorbei war. Er war zu weit gegangen. Kai wand sich, ihm war heiß und kalt, er brachte einfach nichts mehr über die Lippen. Er versuchte verzweifelt Leons Ausdruck zu enträtseln, bat wortlos um Verzeihung, seine Hand krallte sich fester in die Schulter.
Gänzlich unerwartet zuckten Leons Mundwinkel und er begann zu lächeln. Es breitete sich von seinen Lippen aus, ergriff die Augen und Kais Knie wurden wacklig, sein Herz schlug langsam, schmerzhaft. Diese wunderschönen Augen ...
„Du bist ja auch schwul“, sage Leon und grinste noch immer. „Klar, dass du das anders siehst.“ Seine Worte brachen den Bann. Ein hysterisches Lachen wollte unbedingt an dem Kloß in Kais Hals vorbei und er musste plötzlich auch schmunzeln.
„Ja, bin ich nun mal“, meinte er und wurde sich schlagartig bewusst, wie nahe er Leon gekommen war. Wahrhaftig, er berührte nackte, schwitzende Haut. Da war Leons Duft, nach Schweiß, Heu, einem bekannten Waschmittel; diese besondere Mischung wie eben nur Leon roch. Zum ersten Mal so nahe an ihm dran, dass er sich nur vorbeugen müsste, die Lippen spitzen und …
„Äh, Kai?“ Leon lächelte schelmisch und biss sich vergnügt in die Unterlippe. „Deine Hand da ...“ Sein Grinsen wurde breiter und er sog die Lippen ein, seine Augen bekamen ein freches Funkeln. „Die liegt eindeutig da, wo sie nicht liegen sollte.“ Kai starrte ihn an und begriff erst nicht, was Leon meinte, sein ganzes Denken war verlangsamt. Klar, das Blut wurde gerade dringend woanders benötigt. Langsam wurde er sich bewusst, dass seine linke Hand eindeutig den Bereich von Leons unterem Rücken verlassen hatte. Sie lag genaugenommen auf der Verlängerung desselben, nämlich direkt auf seinem runden, perfekten Hintern.
„Oh, Entschuldigung“, brachte Kai hervor und zog sie hastig zurück. So warm, so angenehm. Dieser Hintern sah nicht nur gut aus, er fühlte sich auch gut an. Er grinste verlegen, fand überraschend schnell wieder zu sich selbst zurück. „Dumme Angewohnheit“, meinte er entschuldigend, warf Leon einen betretenen Blick zu. Dessen Mundwinkel zuckten nur spöttisch. „Ah so?“, meinte er und zog die Augenbrauen hoch. In seinen Augen war nur wenig der bekannten Unsicherheit, vor allem ein überaus belustigter Ausdruck.
Kai schoss das Blut in die Wangen. Verdammt, so etwas war ihm schon lange nicht mehr passiert. Das letzte Mal war er dreizehn gewesen. Bei seinem ersten Kuss durfte man noch rot werden. Aber hier, jetzt und heute?
„Tatscht du eigentlich allen Kerlen einfach so auf den Hintern?“ Leon grinste noch immer. Mühsam riss Kai sich zusammen, lächelte schief. „Nur denen, die ich mag“, gab er zu. Leon schien zu überlegen, was er von Kais Benehmen halten sollte. Ganz offenbar floh er nicht und verpasste ihm keine. Wenn das kein guter Anfang ist.
„Los, sehen wir mal, ob du mich auf dem Rad da schlagen kannst. Dafür braucht man nämlich vor allem Ausdauer“,
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