Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mecklenburger Winter

Mecklenburger Winter

Titel: Mecklenburger Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
Vom Netzwerk:
Unglauben, Angst und ganz viel Unsicherheit. Kai konnte alles erkennen und bemerkte auch, das winzige Zögern, bevor Leon den Kopf schüttelte. „Nein, besser nicht“, brachte er hervor, spielte plötzlich wieder mit dem Teelöffel, wirbelte ihn schneller durch seine schlanken Finger und senkte den Blick. Eine ganze Minute lang sagte Kai nichts, sah ihn nur an.
    Da ist etwas. Da muss etwas sein. Kai war sich plötzlich ganz sicher. Und er verstand. Oh ja, er verstand absolut. Er konnte nur zu genau nachvollziehen, was los war.
    „Leon, hast du etwa Angst davor schwul zu sein?“, fragte Kai vorsichtig mit gesenkter Stimme. Der Teelöffel fiel beinahe aus den Fingern, die nun so stark zitterten, dass Leon ihn kaum festhalten konnte. Noch immer sah er Kai nicht an. Sein Atem hatte sich beschleunigt und seine Wangen glühten. „Ich bin ganz bestimmt nicht schwul“, behauptete er, hob weder den Kopf, noch den Blick, starrte nur auf seine Finger mit dem Teelöffel und schien weiter in sich zusammen zu sacken. Er sah unglaublich jung und verletzlich aus. Und unglücklich.
    „Hast du Angst davor, weil dein Vater dich immer beschimpft?“, bohrte Kai nach, schämte sich selbst dafür, Leon zu bedrängen, dennoch wusste er, dass es richtig war. Wenn Leon seine Gefühle unterdrückte, nie darüber reden konnte, sich stets verleugnen musste, wie schrecklich musste es für ihn sein. „Es ist nichts Schlimmes daran, schwul zu sein“, fügte Kai hinzu, lächelte beruhigend und griff nach Leons bebenden Händen, umschloss sie fest mit seinen. Leon zuckte abermals zusammen und starrte Kai direkt an. Dann zog er abrupt seine Hände zurück, richtete sich auf und reckte das Kinn entschlossen vor.
    „Ich bin aber nicht schwul!“, behauptete er entschieden, bemüht, Kai herausfordernd anzusehen, doch dieser erkannte seine unterschwellige Unsicherheit und jubelte innerlich: Nein, sicher ist er sich gar nicht. Nicht, wie er mich gerade ansieht. Ich kann es sehen. Das ist ein Zeichen. Danke.  
    „Los, küss mich“, verlangte Leon ganz plötzlich. Überrascht blinzelte Kai. „Wie?“, brachte er überrumpelt hervor. „Du sollst mich küssen“, wiederholte Leon, klang nicht mehr ganz so sicher wie zuvor. Sein Blick wurde unsteter, huschte unruhig über Kais perplexes Gesicht. Dieser runzelte die Stirn. Leon wollte also die Probe aufs Exempel machen? Mit ihm? Er schluckte schwer. Oh Mann, was für eine Versuchung.  
    „Willst du das wirklich?“, hakte Kai vorsichtshalber nach. Leon einmal küssen zu dürfen, wie genial ist das denn?  
    „Ja“, erklärte Leon entschlossener. „Na los. Mach schon.“ Herausfordernd blickte er Kai an. Seine Augen funkelten und in ihnen spiegelte sich eine Entschlossenheit wieder, die Kai überraschte. Leon stand auf und trat um den Tisch auf ihn zu.
    „Los, küss mich“, verlangte er abermals und Kai stand langsam auf. „Auch wenn ich es bereuen werde …“, setzte er hilflos an; freudig erregt klopfte sein Herz, das Blut rauschte in seinen Ohren, „... absolut bereuen werde.“ Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, den Blick unverwandt auf Leons Mund gerichtet. Diese Lippen sind wunderschön, rosig, völlig ungeküsst, Versuchung pur. Kais Herz schlug noch schneller. Du begehst einen Riesenfehler. Ganz dumme Idee.  
    „Scheiße, ich werde es so bitter bereuen“, stieß Kai hervor, trat im selben Augenblick an Leon heran, legte seine Hand in dessen Nacken und zog ihn zu sich. „Aber ich kann nicht anders“, brachte er noch hervor, dann fanden seine Lippen Leons und er berührte endlich diese verführerischen Lippen.
    Endlich. Endlich am Ziel.

19 Eiswürfel
     
    Das Finale eines Ultras. Das Erreichen des Gipfels eines gewaltigen Berges. Die Euphorie, der Endorphinrausch. Unbesiegbar. Das unglaubliche Gefühl, es geschafft zu haben, die eigenen Grenzen überwunden zu haben, sich selbst besiegt zu haben, nichts davon konnte schöner sein, als dieser eine Moment in dem Kai Leon küssen durfte.
    Ich darf ihn küssen. Wirklich. Er will, dass ich ihn küsse.
    Hastig schob Kai zur Seite, warum Leon ihn küssen wollte und dass eine nicht unbeträchtliche Chance bestand, dass Leon eben doch nicht auf Männer stand oder gar - unvorstellbar - nicht auf jemand wie Kai stand. Der Gedanke blieb da, lauerte hinter dem Gefühl reiner Glückseligkeit.
    Ein Kuss, der alles offenbaren würde. Kais Körper brauchte keine weitere Aufforderung, um bei dieser Vorstellung das Blut entsprechend

Weitere Kostenlose Bücher