Mecklenburger Winter
noch vage zu erkennen waren. Jedoch führte eindeutig nur eine Fußspur aus der Haustür in die winterliche Welt hinaus. Aber das würde doch bedeuten ...
Kais Herz machte einen rekordverdächtigen Sprung und schlug erregt los, als er die Haustür aufschloss. Sein Blick fiel sofort auf die Halbstiefel und die Jacke, die noch im Flur waren. Der Duft seines eigenen Duschgels lag in der Luft, zauberte automatisch das Bild eines frisch geduschten, natürlich nur mit einem Handtuch bekleideten, Leon in Kais Kopf. Vom Regen in die Traufe, dachte der resignierend und schloss die Tür hinter sich. Trotzdem war er erleichtert. Er würde sich entschuldigen. Jetzt gleich.
Im Wohnzimmer lief der Fernseher. Klopfenden Herzens näherte sich Kai, überlegte fieberhaft, was er sagen sollte. Er musste sich entschuldigen, nur was sollte er sagen? Sorry, dass du so scharf aussiehst, dass ich gleich einen Ständer bekomme, wenn ich nur ein Stückchen blanke Haut von dir zu sehen bekomme? Ich bin leider ein triebgesteuerter Homo, der bei einem so leckeren Stückchen Frischfleisch einfach nur zubeißen möchte? Schöner Mist!
Leon saß bereits angekleidet auf einem Sessel, hatte seine Beine angezogen und mit den Armen umschlungen. Er trug Kais Trainingshose und sein eigenes T-Shirt. Als Kai hereinkam, blickte er augenblicklich hoch. Ein scheues Lächeln überzog seine schmalen Lippen und er schluckte, wirkte ein wenig bedrückt. Rasch setzte er sich richtig hin und schaltete den Fernseher aus.
„Besser?“, fragte er nach, biss sich in einer überaus verlegen wirkenden Geste in die Unterlippe und Kai verspürte den überwältigenden, brennend heißen Wunsch, ihn zu umarmen und wie wild abzuküssen. Gott, er ist so unglaublich begehrenswert. Beherrsche dich bloß. Kai holte Luft und setzte hastig sein übliches, cooles Lächeln auf. Da musst du jetzt durch, ermahnte er sich.
„Ja! Sorry, deswegen“, meinte er wenig einfallsreich. Leon kaute auf seiner Unterlippe herum und blickte ihn unverwandt unter seinen fransigen Haarspitzen an. „Kannst du ja nichts für“, meinte er, lächelte scheu und strich sich die feuchten Haare aus dem Gesicht. Kai konnte sich von seinem Anblick nicht lösen, wünschte sich so sehr, dass Leon aufstehen, zu ihm kommen, ihn umarmen würde, er einfach irgendetwas tun würde, um ihm zu beweisen, dass er nicht völlig ohne Siegeschancen war. Es gab doch immer einen Weg. Immer. Nichts war unmöglich.
Stumm sahen sie sich an. Ewig lange, wie es Kai schien, denn er konnte den Blick nicht mehr abwenden. Dann stand Leon tatsächlich auf und kam einen Schritt auf ihn zu. Kai stand wie erstarrt, spürte sein hektisch schlagendes Herz, seine feuchten Hände und den Schweiß auf seinem erhitzten Körper. Bitte küss mich, flehte er sehnsuchtsvoll, bitte gib mir doch ein winziges Signal, dass ich nicht auf verlorenem Posten kämpfe, nur so einen klitzekleinen Hinweis.
Leon blieb stehen, ließ die Schultern unbewusst nach vorne sacken. Er leckte sich nervös über die Lippen und deutete hinter Kai auf die Küche. „Ich habe uns schon Frühstück gemacht. Ich wusste nur nicht, wo alles ist.“ Der Blick aus den graugrünen Augen huschte unsicher über Kais Gesicht und seine Wangen wirken rosig.
Er hat ja auch gerade geduscht. Er riecht nach meinem Duschgel und trotzdem typisch Leon, dachte Kai sehnsüchtig, sog den Duft tief ein. Ich kann sogar Heu riechen, der Geruch ist untrennbar mit Leon verbunden. Es wäre so wunderschön, ihn mal im Arm zu halten, meine Nase in diese Haare zu drücken und ihn voll und ganz einzuatmen.
„Oder soll ich besser gehen?“, fügte Leon leise hinzu, klang sehr mutlos und seine Schultern fielen noch weiter nach vorne. Offenbar interpretierte er Kais Schweigen völlig falsch. „Ich will dir ja nicht auf die Nerven fallen ...“
„Nein!“, stieß Kai hastig hervor, biss sich auf die Zunge um jedes unbedachte weitere Wort abzuwürgen und fügte lächelnd hinzu: „Ich hab meine Hormone schon wieder im Griff. Ich genieße jetzt einfach ganz unschuldig deinen bekleideten Anblick.“ Leon lächelte, doch das Lächeln erreichte seine Augen nicht ganz.
Verdammt, wie schwer muss es für ihn sein, schoss es Kai durch den Kopf. Sein Vater beschimpft ihn ständig als unmännlich, als Schwuchtel und der erste echte Schwule dem er begegnet, bekommt bei dem Anblick nackter Haut gleich einen Hormonschock. Tolle Sache!
„Sorry, ich bin wohl einfach schon zu lange Single. Der
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