Mecklenburger Winter
kommen, was für eine Beule da gegen seine Hüfte drückte. Mit aller Macht hielt Kai seine Hände davon ab, über diesen verführerischen Körper zu wandern, das T-Shirt, nur ein lächerliches, dünnes Stoffteil, hoch zu schieben, die warme Haut darunter in Besitz zu nehmen. Wie gerne wollte er heiße Küsse darauf verteilen, jeden Zentimeter Haut in Besitz nehmen, erkunden, erforschen.
Reiß dich zusammen. Geh nicht zu weit, ermahnte er sich, während seine Lippen Leons liebkosten. Gefühlte Ewigkeiten standen sie zusammen, dabei waren es in Wahrheit nur Sekunden, bis sich Leon löste und sehr entschlossen zurückwich. Kai brauchte derweil länger, um sich von dem Kuss zu lösen. Er bewegte sich vorwärts, wollte diese wundervolle Berührung nicht aufgeben, noch das erregende Gefühl, Leons Körper zu halten, ihn so herrlich nah an seinem zu spüren.
„Lässt du mich jetzt wieder los?“, fragte Leon gleichwohl leise, atmete hörbar schneller. „Äußerst ungern“, gab Kai schlagfertig, kaum weniger schnell atmend zurück, grinste schief und gab Leon bedauernd frei. Seine Hände zitterten, sein Herz raste.
Was für ein Vorgeschmack. Wie wird es erst sein, wenn sich Leon mehr traut, sich mir weiter öffnet, seine Schüchternheit ganz ablegt? Wie wunderbar wird es sich anfühlen, ihn zu halten, ihm zu zeigen, wie toll, wie begehrenswert er ist, all seine Ängste zu vertreiben? Ich werde dir zeigen, wie fantastisch du bist, etwas ganz Besonderes, einmalig auf dieser Welt!
Verliebt blickte Kai Leon an. Dieser hielt dem verzückten Blick hingegen nicht lange stand, wandte sich abrupt ab und wich zurück. Immerhin schien auch er einen Moment zu brauchen, um sich zu sammeln. Verlegen strich er sich sein Haar zurück und ließ sich auf seinen Stuhl fallen.
„Und?“, brachte Kai hervor, verblüfft über Leons abweisende, wenig begeisterte Reaktion. Eigentlich hatte er schon erwartet, dass dieser ihm nun anders gegenübertreten würde. Nicht, dass er ihm gleich um den Hals fallen würde und ihn abknutschen. Nein. Und okay, ganz bestimmt würden sie auch nicht auf der Stelle im Bett landen, dafür war Leon bestimmt nicht der Typ. Aber so ein wenig mehr Begeisterung …
„Naja ...“, nuschelte Leon, vermied es krampfhaft Kai anzusehen. Seine Wangen waren noch immer gerötet. Automatisch griff Leon nach dem Teelöffel auf dem Tisch und seine Finger nahmen ihr nervöses Spiel auf. „War ganz okay, denke ich.“ Seine Stimme war ziemlich leise. „Okay?“, würgte Kai ungläubig hervor, seltsam schrill, viel zu hell „Ganz okay“ hatte noch nie jemand seine Küsse genannt. Vor allem nicht einen solchen, so voll Leidenschaft, Begehren, Liebe und Verlangen. Okay? Nur okay? Kai wollte schreien, aufstampfen, herum rennen, stand aber erstarrt mit offenem Mund, völlig erschlagen von diesen Worten da. Okay?
Nur ganz kurz hob Leon den Blick, senkte ihn sofort, als ob er Angst hätte, Kai jetzt zu genau anzusehen. Der Teelöffel wirbelte schneller in seinen Fingern.
„Naja, mir … geht jetzt keiner ab … oder so“, erklärte Leon stockend, grinste verlegen, schaute jedoch nur auf seine Finger. Perplex starrte Kai ihn an. Einer der wenigen Momente in seinem Leben, wo Kai wirklich sprachlos war. Ihm war verdammt heiß, sein Unterleib zuckte freudig, seine Lippen brannten. Nur sein Kopf war seltsam leicht, komisch leer, erschwerte es einen klaren Gedanken zu fassen. Er hatte mit viel gerechnet, selbst einen kräftigen, schmerzhaften Tritt hätte er besser verkraftet als ein: „Okay.“
Kai konnte ein keuchendes Geräusch nicht zurückhalten. Seine Kehle war merkwürdig eng. Nun hob Leon doch den Kopf und blickte Kai bang an. Der Teelöffel rutschte ihm prompt aus der Hand, fiel klirrend auf den Tisch. Dennoch wandte Leon den Blick diesmal nicht ab. In seine Augen war ein seltsam flehender Ausdruck getreten, der Kai tief berührte.
„Ich bin eben nicht schwul“, sagte Leon so leise, dass es kaum zu verstehen war und zuckte die Achseln. Er konnte jedoch Kais intensiv forschendem Blick nicht standhalten. Sein umherirrender Blick fiel erneut auf den Löffel und hastig griff er danach. Kai schluckte schwer. Wieder und wieder, bis Leons Worte endlich mit voller Wucht angekommen waren. Und er verstand. Er verstand sehr gut.
„Oh“, piepste er, hatte augenblicklich das Gefühl, jemand würde ihm Eiswürfel einzeln, mit grausamem Vergnügen über den Rücken ziehen. Dabei stand sein Unterleib noch immer in Flammen.
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