Media Control
Daniel James eingeleitet, der den Medien vorwirft, sie seien »von den traditionellen Grundsätzen des Journalismus - Objektivität und Fairneß -beträchtlich abgewichen«. Er führt aus: »Die Berichterstattung der angesehenen Medien über Mittelamerika war äußerst voreingenommen [gegen die US-Regierung und ihre Verbündeten], was zu dem Schluß führt, daß es sich um tendentiösen oder einseitigen Journalismus gehandelt hat.« In der Berichterstattung über El Salvador sieht James »eine Überbewertung dieses Problems der Menschenrechte«. Man muß daran erinnern, daß diese Diskussionen nach dem Ausbruch von (durch die US-Regierung unterstützten und organisierten) Gewalttaten stattfanden, die von den Medien weitgehend ignoriert wurden. Immerhin gehe es, so James, um das »alles überlagernde« Problem: »Soll in El Salvador die Freiheit herrschen oder die Diktatur?« Freiheit wollen die Vereinigten Staaten, selbstredend, die Feinde aber die Diktatur. Doch ist die Situation nicht ganz hoffnungslos: »Zum Glück haben die Medien die Fähigkeit zur Selbstkritik bewiesen. Im Fall von El Salvador und zum Teil auch im Hinblick auf Nicaragua sind viele Beiträge, vor allem in der Washington Post, erschienen, die ihre Berichterstattung über das erstgenannte Land kritisierten« - also ihre exzessive Sorge um die Menschenrechte, und die Unfähigkeit, die Perspektive der US-Regierung zu übernehmen. Dieser »äußerst gesunde Trend« gibt Anlaß zu der Hoffnung, daß die Medien von ihrer Kritik an Washington und der Unterstützung der Feinde ablassen werden.
Die Stellungnahmen im darauf folgenden Kolloquium reichen von der Verteidigung der Berichterstattung über Mittelamerika als »weder einseitig noch tendentiös« (der Lateinamerikanist William LeoGrande) bis zur Unterstützung von James' Anschuldigungen. So betont der Contra-Lobbyist Robert Leiken: »Die Politik der USA besteht darin, die Demokratie in Lateinamerika zu verteidigen und zu bewahren.« Kein Wort darüber, daß die Medien »einseitig und tendentiös« die Perspektive der US-Regierung übernommen haben könnten. Kein Wort über die skandalöse Weigerung der Medien, die massiven Greueltaten der US-Vasallenstaaten in jenen Jahren zu thematisieren. Statt dessen wurde behauptet, die Morde seien der Linken und der extremen Rechten zuzuschreiben, nicht aber den Sicherheitskräften der von den USA unterstützten Regimes usw.
Es geht mir, noch einmal sei es gesagt, nicht darum, daß die Darstellung der US-Politik und der Rolle der Medien falsch ist (das ist sie ohnehin). Ich will vielmehr dar aufhinweisen, daß es nicht einmal möglich ist zu erörtern, ob sie falsch ist oder nicht.
Das zweite Thema, das die Studie behandelt, ist »das Eindringen israelischer Streitkräfte in den Südlibanon«, dem die Bombardierung und Belagerung von Beirut folgte. Die Diskussion wird von Ben Wattenberg eröffnet, der wie Daniel James zur Fraktion der »Falken« gehört. Er bezichtigt die Medien bei der Berichterstattung über den Libanonkrieg der »Doppelmoral«, weil sie einseitig Israel verurteilt hätten. (Indes begrüßte die New York Times den Einmarsch als »Befreiung« der Libanesen vom Joch Syriens und der PLO.) Diese Doppelmoral sei schon im Vietnamkrieg erkennbar gewesen und äußere sich jetzt auch im Hinblick auf Mittelamerika. Hier hätten die US-Medien die öffentliche Meinung »gegen eine aus meiner Sicht gemäßigte und moralische Reaktion seitens der Vereinigten Staaten« eingenommen. Mit der »gemäßigten Reaktion« meint Wattenberg das sogar von Daniel James konzedierte »unerhört brutale« Vorgehen der von den USA ausgebildeten und unterstützten Sicherheitskräfte in El Salvador, das die Mainstream-Medien bagatellisierten und entschuldigten, während Menschenrechtsgruppen, die Kirchen und alternative Medien versuchten, die Öffentlichkeit auf die Vorgänge in Mittelamerika aufmerksam zu machen.
Milton Viorst, ein Liberaler, stimmt Wattenbergs Darstellung der Berichterstattung über den Libanonkrieg im wesentlichen zu. Seiner Meinung nach könnte ein Grund für die antiisraelische Doppelmoral darin bestehen, daß »die Israelis im Ruf stehen, die Presse nicht so wirksam oder so vorsätzlich zu manipulieren, wie andere Nationen es tun« - eine Bemerkung, die alle überraschen dürfte, welche mit dem israelischen Apparat der hasbara (»Erklärung«), einem überaus wirkungsvollen Steuerungsinstrument, vertraut sind. 30 Welche »anderen Nationen« die
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