Media Control
für die Mediendiskussion entspricht genau den Voraussagen des Propaganda-Modells. Das gleiche gilt für die - prinzipiell sakrosankten - Auffassungen über die US-Regierung und ihre internationalen Beziehungen. Bolling meint, daß in der Dritten Welt »der Erfolg uns fortwährend gemieden hat - bis Grenada ... Was läuft falsch? Warum kann eine Nation, die so reich und mächtig ist und so gute Absichten hegt, ihre Ziele nicht schneller und effektiver in die Tat umsetzen? ... Warum haben wir unsere Auslandspolitik - die Unterstützung der Freiheit - nicht erfolgreicher betreiben können?« (Hervorhebungen von mir). Dann zitiert er Beispiele unseres Versagens, wozu er insbesondere Kuba rechnet, eine »für Volk und Regierung der Vereinigten Staaten besonders traurige Geschichte. Wie konnte es geschehen, daß ein warmherziges Volk 90 Meilen vor der Küste Floridas in so schreckliche Dinge verstrickt wurde?« Ob die Kubaner diese Einschätzung teilen und lieber die guten alten Zeiten der US-amerikanischen Vorherrschaft wiederhätten, ist ebenso unklar wie die Antwort auf die Frage, ob die von der Politik Kubas betroffenen Länder deren Folgen auch für »schrecklich« halten. Schließlich fragt man sich, welche »schrecklichen Dinge« anderen warmherzigen Völkern in der Karibik und Mittelamerika zugestoßen sein mögen, Dinge, welche die Bevölkerung der Vereinigten Staaten traurig stimmen müßten, wenn sie erführen, was für eine Rolle ihre von unfehlbar »guten Absichten« geleitete Regierung dabei gespielt hat.
Aber es geht in der Studie allein um die Frage, ob die freie Presse am Scheitern der gutwilligen Bemühungen der US-Regierung schuld ist. Stimmt es, daß »sentimentale und naive Medienvertreter ihre Berichte einseitig zugunsten der Revolutionen von underdogs abgefaßt haben« und »der humanitären Rhetorik von Terroristen ins Netz gegangen« sind? Bolling hält diese Vorwürfe für nicht ganz unbegründet, bleibt als Liberaler jedoch skeptisch.
Mein Einwand geht darauf hinaus, daß die Prämissen der Diskussion einigermaßen wertlos sind. Zwar wird »eifrig« nach gegenteiligen Meinungen gesucht, die indes allzu gegenteilig nicht sein dürfen. Es wurde keineswegs eifrig nach der Meinung gesucht, daß die Vereinigten Staaten Südvietnam angegriffen und in den siebziger und achtziger Jahren das Streben nach Freiheit, Unabhängigkeit, Demokratie und sozialen Reformen in Mittelamerika bekämpft haben, oder daß die Wahlen in Nicaragua so bedeutsam gewesen sind wie die in El Salvador, oder daß es den USA (mit Hilfe der freien Presse) gelungen ist, die mittelamerikanischen Friedensabkommen ebenso zu untergraben wie bereits 1973 (wiederum mit Unterstützung der Medien) die Pariser Verhandlungen über Vietnam, oder daß die USA seit mehr als zwanzig Jahren den Friedensprozeß im Nahen Osten behindern. Es ist keineswegs schwierig, Beweise für diese und andere gegenteilige Auffassungen beizubringen, die jedoch den Rahmen dessen, was den etablierten Mächten zugemutet werden kann, sprengen. Die Berichterstattung über den Vietnamkrieg war keineswegs »umfassend und nachhaltig«, die Fernsehreportagen keineswegs blutrünstig, und ihre Ausstrahlung dürfte, wie entsprechende Untersuchungen nahelegen, die bellizistischen Gefühle des Publikums eher verstärkt haben; die Medien unterstützten den Krieg noch lange, nachdem die Wirtschaftseliten ihn bereits als zu kostspielig abgeschrieben hatten, und selbst danach gab es kaum Abweichungen vom Propaganda-Modell. 28 Im Gegensatz zu jenen »notwendigen Illusionen«, die später gehegt und gepflegt wurden, blieben die Medien prinzipiellen Gegnern des Kriegs und Vertretern der pazifistischen Massenbewegungen weitaus mehr verschlossen als in den achtziger Jahren. 29 Ich weiß dies aus persönlicher Erfahrung, und andere, die ebenfalls zu den Dissidenten gehörten, dürften dieses Urteil bestätigen.
Die anderen für grundlegend erachteten Doktrinen sind zwar altbekannt, aber deshalb nicht weniger unhaltbar. Doch geht es mir nicht um ihre Falschheit, sondern um die Tatsache, daß keine Zweifel geschweige denn kontroverse Diskussionen darüber möglich sind. Als Wahrheiten letzter Instanz bilden sie den Rahmen, innerhalb dessen allererst eine Auseinandersetzung möglich scheint.
Der Bericht des Institute for the Study of Diplomacy bleibt in diesem Rahmen. Die zweiundzwanzig Seiten umfassende Diskussion der Medienberichterstattung über Mittelamerika wird von dem »Falken«
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