Media Control
verständlich gewesen sein mochte« (Hervorhebung von mir).
Ansonsten werden die Medien (mehrheitlich) wegen ihrer angeblich anti-israelischen Haltung angegriffen oder, weil sie unter schwierigen Bedingungen so objektiv wie möglich zu berichten suchten, verteidigt. Nur wenige Bemerkungen deuten auf die Möglichkeit einer proisraelischen Berichterstattung hin. In einer vom Amerikanisch-Arabischen Antidiskriminierungs-Komitee veröffentlichten Medienanalyse spricht der Nahostspezialist Eric Hooglund von einer »fortwährenden Einseitigkeit zugunsten Israels«. Roger Morris bemerkt einmal, daß die Medien »der israelischen Rechtfertigung für die Invasion bis vor die Tore von Beirut gefolgt sind«, und Milton Viorst schreibt: »Bis vor kurzem gab es keine kritischen Berichte zu Israel.« Darin erschöpft sich die alternative Sichtweise auf das Verhalten der US-Medien im Libanonkrieg.
In ihrem Bemühen, weitere Beweise für die anti-israelische Einseitigkeit der Medien zu finden, beziehen sich einige Kommentatoren auf die inadäquate Berichterstattung über die während des Bürgerkriegs im Libanon verübten Greueltaten. Dabei wird insbesondere die Zerstörung der von Christen bewohnten Stadt Damur durch die PLO 1976 häufiger erwähnt. Charles Krauthammer wirft den Medien vor, »die Geschichte der von der PLO und ihren Verbündeten an den christlichen Bewohnern begangenen Tötungen« unterschlagen zu haben. Kondracke erinnert sich ebenfalls an keine Berichterstattung über die laufenden Ereignisse in Damur, das sei erst nach der Zerstörung der Stadt geschehen. Wattenberg fügt hinzu: »Vorkommnisse wie in Damur, die die Greueltaten der PLO belegten, haben in den Medien kein größeres Aufsehen hervorgerufen.« Jim Hoagland von der Washington Post wendet ein, Damur sei »eine Titelgeschichte« gewesen. Unerwähnt bleibt der muslimische Slum Karantina, der kurz vor dem Angriff auf Damur von christlichen Milizen erstürmt, dann niedergebrannt und mit Bulldozern dem Erdboden gleichgemacht wurde. Das war keine Geschichte, schon gar nicht für die Titelseite, ebensowenig wie die Verbrechen von Israels phalangistischen Verbündeten gegen palästinensische und libanesische Muslime, wodurch die PLO in den Bürgerkrieg hineingezogen wurde. 31 Niemand verlor ein Wort über die Bombardierung einer UN-Schule in Damur durch israelische Kampfflugzeuge, bei der 41 Kinder verwundet oder getötet wurden (vgl. Kap. III).
Die PLO-Massaker von Damur wurden von der israelischen Propaganda weidlich ausgenutzt, wobei der Hintergrund unberücksichtigt blieb. Wie viele Opfer der Bürgerkrieg gefordert hat, ist unbekannt, und alle Schätzungen müssen mit Vorsicht behandelt werden. Der Politologe Naomi Weinberger von der Universität Yale beruft sich auf Standardquellen, wenn er die Zahl der Opfer des Massakers von Karantina mit l000 angibt. Für Damur nennt er keine Zahlen. Der israelische Oberleutnant Dov Jermija, der im Juni 1982 mit den israelischen Besatzungstruppen und christlichen Phalangisten in Damur eintraf, schätzt, daß 250 Personen ermordet wurden und bemerkt, daß die Stadt (1976 und 1982) »zum Teil durch die Syrer und die Terroristen [die PLO], zum Teil durch unsere Luftwaffe und Artillerie zerstört wurde«. Andere erfinden einfach Zahlen. Walter Laqueur behauptet (ohne Quellenangabe), daß in Damur 600 Menschen getötet wurden, und der Journalist Eric Silver, der sich auf »verläßliche israelische Quellen« beruft, spricht vom »Mord an Tausenden libanesischer Christen«. Ernstzunehmen ist die Untersuchung des Libanonkriegs zweier israelischer Autoren, des Militärspezialisten Ze'ev Schiff und des Arabisten Ehud Ja'ari, die Damur als »Schauplatz der vielen Vergeltungsmassaker in diesem grauenhaften Bürgerkrieg« beschreiben. 32
Während Angaben über arabische Greueltaten ohne Kommentar oder Analyse in Umlauf gebracht werden, bleiben die Opfer der von Israel seit Beginn der siebziger Jahre im Südlibanon unternommenen Operationen ungenannt. Die Medien zeigten sich desinteressiert, und insofern muß man hinsichtlich der Opferzahlen noch skeptischer sein. Die Beweislage ist mager und läßt nur den Schluß zu, daß viele Tausende getötet und Hunderttausende vertrieben wurden. 33 Unerwähnt bleibt auch, daß die Medien die Ansichten von Libanesen - insonderheit öffentliche Stellungnahmen - zum »Eindringen« der israelischen Armee in den Libanon verschwiegen, ein weiteres Beispiel für durchaus rassistisch motivierte
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