Media Control
Presse besser zu manipulieren verstehen, läßt Viorst offen, meint aber wohl nicht die arabischen Staaten. Die Doppelmoral, so fährt er fort, resultiere auch aus den höheren Erwartungen, die wir an Israel stellen. Daß die Medien sich sehr wohl über den Terrorismus der PLO erregten, jedoch bestenfalls gedämpft auf den weitaus größeren Terror Israels reagierten, bleibt unerwähnt.
Das Kolloquium zur Berichterstattung über den Libanonkrieg hält sich an diese Vorgaben. Etwa fünfzig Prozent der Teilnehmer bezichtigen die Medien der Doppelmoral, die andere Hälfte sucht den Vorwurf der Einseitigkeit zu widerlegen. Daß man den Medien auch Voreingenommenheit für Israel vorwerfen könnte, kommt nicht zur Sprache.
Das politische Spektrum der Diskussionsteilnehmer reicht von Wattenberg und Morton Kondracke (dem Herausgeber der New Republic) auf der nationalistischen Rechten bis zu den Liberalen Viorst und Nick Thimmesch (vom American Enterprise Institute). Kondracke beklagt die Gegnerschaft der Medien zur Regierung, »wodurch wir unsere Gesellschaft nach Kräften auseinanderfasern, weil wir das für unsere berufsbedingte Pflicht halten«.
Nick Thimmesch widerspricht dieser Einschätzung:
»Die Medien haben sich gewandelt und sind von der einseitigen zur zweiseitigen Berichterstattung übergegangen. Es gibt jetzt eine ehrliche und legitime Debatte wichtiger Themen, die in aufgeklärter Weise geführt wird. Dafür ist der angriffslustigeren und intelligenteren Presse zu danken.«
Von diesem Spektrum gibt es kaum Abweichungen. William Ringle von Gannett Newspapers meint, daß »einige Leute alles, was von Arafat kommt, unhinterfragt übernehmen«, sagt aber leider nicht, an wen er dabei denkt. Immerhin fügt er hinzu, daß es in der Vergangenheit »eine ganze Anzahl von Reportern gab, die unhinterfragt alles übernahmen, was Israel an Informationen aushändigte oder was ihnen auf von der Regierung finanzierten Reisen gezeigt wurde«. Das ist der einzige Hinweis auf eine mögliche alternative Perspektive.
Tatsächlich gibt es viele Indizien dafür, daß die Medien während des Libanonkriegs und danach die israelische und US-amerikanische Haltung völlig unkritisch übernahmen. Aber auch hier geht es darum, daß die Möglichkeit einer einseitig pro-israelischen Berichterstattung gar nicht in Erwägung gezogen wird.
Bolling weist daraufhin, daß in den Seminaren, die der Studie zugrundeliegen, »nur wenige Araber und proarabische Personen vertreten waren, die schon seit langem den Eindruck haben, daß die Berichterstattung der US-Medien über den Nahen Osten auf eklatante Weise pro-israelisch sei und daß Araber und ihre Interessen und Standpunkte fortwährend verunglimpft würden - und die keinen Grund sehen, ihre Haltung angesichts der Berichterstattung über den Krieg im Libanon zu ändern«. Bolling erklärt nicht, warum nur »Araber und pro-arabische Personen« diesen Eindruck haben müssen. Stillschweigend wird unterstellt, daß Menschen von Gefühlen, nicht aber von Gedanken geleitet werden. Diese Unterstellung ist so bemerkenswert wie unwahr; viele amerikanische, europäische und israelische Kommentatoren, die weder arabisch noch pro-arabisch sind, sondern häufig den arabischen Staaten und der PLO extrem kritisch gegenüberstehen, bemängeln die pro-israelische Einstellung der US-amerikanischen Medien. Bolling sagt auch nicht, welche Anstrengungen unternommen wurden, um Gesprächspartner zu finden, deren Ansichten den Rahmen des Üblichen gesprengt hätten.
Die dann folgenden Dokumente spiegeln das gewohnte Bild. In einem einleitenden Essay verteidigt Roger Morris die Medien wegen ihrer höchst professionellen Berichterstattung über die Kriegsereignisse (meines Erachtens eine durchaus zutreffende Einschätzung) und ihrer »ausgewogenen Kommentare« (was man anders sehen kann). Als Beleg zitiert er ein Editorial der New York Times von Anfang August 1982, in dem es heißt: »Die PLO hat das gequälte West-Beirut genauso auf dem Gewissen wie Israel.« Das wurde geschrieben, als israelische Artillerie und Luftwaffe Tausende von Zivilisten tötete, Krankenhäuser und Wohnviertel bombardierte und die Bevölkerung als Geisel hielt, um sie zu zwingen, den Abzug der PLO zu fordern. Weiter stellt Morris fest, daß die Journalisten »echtes Mitgefühl für die leidende Stadt zeigten und entsetzt waren über die von der israelischen Armee angerichteten Zerstörungen, auch wenn die Anwesenheit der Truppen
Weitere Kostenlose Bücher