Media Control
demokratischeren Gesellschaften geht so etwas nicht. Deshalb ist hier das Mittel der Propaganda so wichtig. Sie ist für die Demokratie, was für die Diktatur die Knute. Jedoch ist die »verwirrte Herde« weder im einen, noch im anderen Fall fähig, die Interessen der Allgemeinheit zu erkennen.
Public Relations
Die Vereinigten Staaten waren das Pionierland der PR-Industrie. Ihr Ziel war, wie es deren Vorreiter formulierten, »das Bewußtsein der Öffentlichkeit (public mind) zu kontrollieren«. Sie hatten eine Menge aus den Erfolgen der Creel-Kommission und der antikommunistischen Feldzüge gelernt. In den zwanziger Jahren blühte die PR-Industrie auf und konnte die Öffentlichkeit für einige Zeit fast vollständig der Herrschaft der Geschäftswelt unterwerfen, so daß zu Beginn der dreißiger Jahre sogar Untersuchungsausschüsse des Kongresses sich mit ihrer Rolle beschäftigten. Viele Informationen über die Machenschaften der PR-Industrie stammen aus dieser Zeit.
Mittlerweile gibt die PR-Industrie etwa eine Milliarde Dollar pro Jahr für ihre Aktivitäten aus, immer noch mit der Absicht, »das Bewußtsein der Öffentlichkeit zu kontrollieren«. In den dreißiger Jahren gab es dazu Anlaß genug. Die Wirtschaftskrise florierte, und die Arbeiter organisierten sich. 1935 errang die Arbeiterbewegung mit dem Wagner-Gesetz ihren ersten (und letzten) Sieg in der Legislative, nämlich das Recht auf freie gewerkschaftliche Organisation. Damit ergaben sich aus Sicht der »Spezialisten« zwei ernsthafte Probleme. Zum einen funktionierte die Demokratie nicht richtig. Die »verwirrte Herde« hatte einen Sieg errungen, der in der Demokratie der Spezialisten nicht vorgesehen war. Zum anderen war es mit dem Wagner-Gesetz für die Arbeiter möglich geworden, sich zu organisieren und damit aus der Rolle des Zuschauers herauszutreten. Sie waren nicht länger atomisierte Individuen. Sie und andere Leute mit begrenzten Ressourcen konnten die politische Arena betreten, und das war äußerst bedrohlich. Die Privatwirtschaft leitete eine Großoffensive ein, um sicherzustellen, daß das Wagner-Gesetz der letzte Sieg für die Arbeiterbewegung auf dieser Ebene gewesen sein sollte, und sie hatte Erfolg. Ab 1935 nahm die Fähigkeit der Gewerkschaften zu organisiertem Handeln ständig ab, und die Zahl der Mitglieder, die während des Zweiten Weltkriegs noch einmal kurzfristig anstieg, begann zu sinken. Das geschah keineswegs zufällig, denn die Geschäftswelt widmete diesem Problem sehr viel Geld und Aufmerksamkeit. Sie spannte die PR-Industrie und andere Organisationen wie etwa die National Association of Manufacturers und den Business Roundtable für ihre Zwecke ein, um diese Entartung der Demokratie im Keim zu ersticken.
Die erste Gelegenheit dazu ergab sich bereits 1937. Im Westen von Pennsylvanien, in Johnstown, streikten die Stahlarbeiter, und die Geschäftswelt wollte diesen Streik mit neuen Methoden brechen. Man schickte nicht mehr, wie früher, Schlägertrupps los, die es auf die Kniescheiben von Streikwilligen abgesehen hatten, sondern bediente sich der subtileren Mittel der Propaganda, um die Öffentlichkeit gegen die Streikenden aufzuwiegeln, die als schädliche Störenfriede präsentiert wurden, deren Aktivitäten den Interessen der Allgemeinheit zuwiderliefen. Die Interessen der Allgemeinheit sind »unsere« Interessen: die des Geschäftsmanns, des Arbeiters, der Hausfrau. »Wir alle« sind ja Amerikaner und wollen in Frieden und Harmonie zusammenarbeiten. Aber die Streikenden stören diesen Frieden und sind darum unamerikanische Subjekte. Wenn »wir alle« miteinander leben wollen, müssen wir sie stoppen. Der Konzernchef und die Reinmachefrau haben die gleichen Interessen. Diese Botschaft wurde der Öffentlichkeit mit großem Aufwand verkauft, schließlich kontrollierte die Geschäftswelt die Medien und ließ sich die Kampagne etwas kosten, die dann auch Erfolg hatte. Man sprach später von der »Mohawk-Valley-Formel« und benutzte sie noch häufig, um Streiks zu brechen. Es war, wie man sagte, eine »wissenschaftliche Methode«, die darauf abzielte, die öffentliche Meinung mit leeren Begriffen wie »Amerikanismus« gegen Aktionen der Arbeiterbewegung einzunehmen. Wer will schon gegen Amerikanismus oder Harmonie sein? Oder gegen die im Golfkrieg erhobene Forderung: »Unterstützt unsere Truppen«? Oder gegen gelbe Bänder, mit denen man die Heimkehrenden begrüßt?
Was bedeutete es denn, wenn z.B. jemand fragte:
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