Media Control
»Unterstützt ihr die Leute in Iowa?« Wäre die Antwort: »Ja, wir unterstützen sie« oder »Nein, wir tun es nicht«? Es ist noch nicht einmal eine Frage, sondern nur eine bedeutungslose Äußerung. Und darum geht es. PR-Slogans wie »Unterstützt unsere Truppen« bedeuten nichts und sollen nichts bedeuten. Genausogut könnte die Frage lauten: »Unterstützt ihr die Leute in Iowa?« Natürlich gibt es eine grundlegendere Frage. Sie lautet: »Unterstützt ihr unsere Politik?« Aber gerade darüber sollen die Leute nicht nachdenken. Gute Propaganda erfindet einen Slogan, dem alle zustimmen können, ohne wissen zu müssen, was er bedeutet, weil er nämlich nichts bedeutet. Sein Wert besteht gerade darin, von der wirklich bedeutungsvollen Frage abzulenken: »Unterstützt ihr unsere Politik?« Statt dessen denken die Leute über die Frage nach, ob sie die Truppen unterstützen sollten. »Natürlich bin ich nicht dagegen, das zu tun.« Damit hat die Propaganda gewonnen.
Das in den dreißiger Jahren erdachte Konzept funktioniert bis heute, und die PR-Industrie setzt weiterhin auf eine Demokratie, in der die Spezialisten im Dienst der Wirtschaft stehen, während die übrige Bevölkerung aller Möglichkeiten, sich zu organisieren, beraubt ist, weil der Kampf um Rechte nur Ärger verursacht. Die Leute sollen vor dem Fernseher sitzen und sich die Botschaft einhämmern lassen, es sei am wichtigsten, dieses oder jenes Produkt zu kaufen und das Leben der reichen Mittelschichtfamilie zu führen, die einem auf dem Bildschirm vorgeführt wird, und ansonsten möglichst harmonisch und amerikanisch zu sein. Das ist alles. Manch einer mag sich denken, es müsse doch noch mehr im Leben geben, aber da er allein vorm Kasten sitzt, kann er nur annehmen, verrückt zu sein, weil so etwas in den Soaps und Werbespots nicht vorkommt. Und da es nicht die Möglichkeit gibt, sich zu organisieren - ein ganz entscheidender Punkt -, können die Leute nicht herausfinden, ob sie verrückt sind, und nehmen eben an, sie seien es, weil es keine Alternative zu geben scheint.
Das ist das Ideal der Privatwirtschaft und der PR-Industrie, und sie unternehmen große Anstrengungen, es zu erreichen. Die »verwirrte Herde« muß ruhig gehalten und abgelenkt werden. Sie soll sich den Superbowl anschauen oder Sitcoms oder Krimi- und Horrorfilme, und ab und zu bedeutungslose Slogans - »Unterstützt unsere Truppen!« - rezitieren. Sie muß vor allen möglichen Teufeln, die sie von außen oder innen oder sonstwoher bedrohen, in Angst und Schrecken gehalten werden, weil sie sonst anfängt zu denken, was gefährlich ist, da die Herde nicht denken kann.
Seit dem Wagner-Gesetz von 1935 wird die US-amerikanische Gesellschaft zunehmend von den Interessen der Wirtschaft dominiert. Im Gegensatz zu allen anderen staatskapitalistischen Ländem gibt es hier noch nicht einmal die sonst üblichen sozialstaatlichen Regelungen wie etwa ein nationales Gesundheitssystem - das man in Südafrika allerdings auch nicht kennt. Es gibt keine Regelungen, die das Überleben der Armen und Ärmsten sichern. Gewerkschaften existieren so gut wie nicht mehr, und das gilt auch für andere Formen öffentlicher Organisation wie etwa politische Parteien. Die Medien gehören Konzernmonopolen und vertreten im wesentlichen identische Anschauungen. Die beiden Parteien - Demokraten und Republikaner - sind Fraktionen der Wirtschaftspartei. An die fünfzig Prozent der Bürger gehen nicht zur Wahl, weil es ihnen bedeutungslos erscheint. Sie sind marginalisiert und einflußlos. Dagegen haben diejenigen, die, um mit Edward Bernays, einer der führenden Persönlichkeiten der PR-Industrie, zu sprechen, den »Konsens organisieren«, die notwendigen Mittel und Ressourcen.
Die Herstellung der öffentlichen Meinung
Manchmal ist es notwendig, die Bevölkerung (und sei es mit der Peitsche) zur Befürwortung außenpolitischer Abenteuer zu bewegen. Normalerweise nämlich sind die Leute, wie während des Ersten Weltkriegs, friedliebend eingestellt und sehen keinen Grund für die Regierung, in anderen Ländern Folter, Krieg und Mord zu betreiben. Folglich muß die Angstpeitsche geschwungen werden. Bernays selbst, der schon Mitglied der Creel-Kommission gewesen war und dort seine Lektion gelernt hatte, gelang in dieser Hinsicht ein beachtlicher Erfolg. Er leitete 1954 die PR-Kampagne für die United Fruit Company, als die USA darangingen, die demokratisch gewählte Regierung von Guatemala zu beseitigen und durch eine
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