Media Control
einmal weniger bedrohlich erscheinen und die Pest des internationalen Terrorismus abklingen würde - nicht, weil die Welt sich auf einmal geändert hätte, sondern weil die innenpolitischen Probleme sich verlagert hatten. Einige Jahre später sehen wir die Folgen dieses Wandlungsprozesses. Jene Ideologen, die damals über die sowjetischen Barbaren und deren Lakaien herzogen, gerieren sich jetzt staatsmännisch-diplomatisch, befürworten Gipfeltreffen und Abrüstungsverhandlungen. Aber die grundlegenden Probleme bleiben und müssen bewältigt werden.
Während dieser Periode ihrer globalen Hegemonie haben die USA nie gezögert, Gewalt anzuwenden, wenn ihre führenden Schichten von »nationalistischen Regimes« bedroht wurden, die »den niedrigen Lebensstandard der Massen« anheben, die Produktion für den einheimischen Bedarf verbessern und ihre heimischen Ressourcen kontrollieren wollen. Um solche Bedrohungen abzuwehren, müssen die Vereinigten Staaten, wie hochrangige Planungsdokumente erklären, für »ein politisches und wirtschaftliches Klima sorgen, das private Investitionen einheimischen und ausländischen Kapitals begünstigt«. Dazu gehört auch die »Gelegenheit, zu verdienen und, für das ausländische Kapital, ordentliche Gewinne in die Heimat abzuführen«. 77 Ganz offen wird erklärt, daß zur Durchsetzung dieser Ziele die Anwendung von Gewalt nötig sein kann, weil eine solche Politik kaum die Zustimmung der Bevölkerung findet und fortwährend durch subversive »Kommunisten« bedroht wird.
In der Dritten Welt müssen wir (so George Kennan) »unsere Rohstoffe schützen«, die exportorientierte Produktion fördern und einen internationalen Handelsliberalismus pflegen, sofern dieser den Interessen von US-Investoren nützt. Der freie Markt ist gut, wenn die einheimischen privilegierten Schichten davon profitieren, anderenfalls muß er durch den Einsatz staatlicher Macht reguliert werden.
Die Medien und die Intellektuellen allgemein erfüllen ihren »gesellschaftlichen Zweck« dann, wenn sie diese Dinge vor der Öffentlichkeit verbergen und die umfangreichen Beweise in staubigen Archiven unter Verschluß halten. Man kann retrospektiv von Fehlern, Mißverständnissen, Übertreibung der kommunistischen Bedrohung, falsche Einschätzung der nationalen Sicherheit, persönliches Versagen, ja, selbst von korrupten und betrügerischen Führungspersönlichkeiten sprechen, darf aber nicht die Beschaffenheit und Funktion der Institutionen untersuchen. Das bleibt Randbereichen der Medien und der wissenschaftlichen Literatur überlassen. Diese Resultate sind auf zufriedenstellende Weise erreicht worden.
In den kapitalistischen Demokratien der Dritten Welt sieht die Lage oft ähnlich aus. So wird Costa Rica mit Recht als Demokratiemodell für Lateinamerika bezeichnet: Die Presse ist fest in den Händen ultrarechter Kräfte, somit muß man sich über die Pressefreiheit in Costa Rica keine Sorgen machen. Das Ergebnis wurde in diesem Fall nicht durch Gewalt erreicht, sondern durch den freien Markt unter Hinzunahme legaler Methoden, um »Kommunisten« unter Kontrolle zu halten; außerdem spielte wohl auch der Zustrom nordamerikanischen Kapitals während der sechziger Jahre eine Rolle.
Wenn solche Mittel nicht ausreichen, um die amtlich zugelassene Version von Demokratie und Pressefreiheit durchzusetzen, stehen andere zur Verfügung, die, solange sie erfolgreich sind, für richtig und angemessen gehalten werden. Ein Beispiel dafür liefert das El Salvador der siebziger Jahre. Dort breiteten sich, vielfach von der Kirche gefördert, Bauernorganisationen, Selbsthilfegruppen, Gewerkschaften und andere Nichtregierungs-Organisationen (NGOs) aus. Dagegen zog die Staatsmacht mit wütendem Terror zu Felde, den die Vereinigten Staaten mit Unterstützung beider Parteien und dem allgemeinen Beifall der Medien organisiert hatten. Nach einiger Zeit wurden dann, zur Beschwichtigung der Öffentlichkeit in den USA, »Schauwahlen« [demonstration elections] abgehalten, 78 während die Regierung Reagan eine Reduzierung der augenfälligsten Greueltaten anordnete, um nicht die materielle Unterstützung für den weiterhin notwendig erscheinenden Staatsterror minderer Intensität zu gefährden.
Unterdessen war die unabhängige Presse in El Salvador - zwei kleine Zeitungen namens La Cronica del Pueblo und El Independiente - 1980/81 von Sicherheitskräften (»Todesschwadronen«) vernichtet worden. Die Herausgeber konnten fliehen, nachdem einige
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