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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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hat die allmächtige Stimme, die Euch berufen hat, Euch auch mitgeteilt, daß es den kleinen rosa Wurm in den Eingeweiden aller Menschen gibt.«
    Es gab wieder Gelächter, und Rob reagierte verärgert. »Ich glaube, daß es den wurmartigen Fortsatz am Blinddarm bei allen Menschen gibt. Ich habe ihn bei mehr als einem Menschen gefunden.«
    »Bei... sagen wir vier?«
    »Bei nicht weniger als einem halben Dutzend.« Sie starrten nun statt der Zeichnung ihn an.
    »Ein halbes Dutzend, Master Cole? Wie seid Ihr dazu gekommen, in das Körperinnere von sechs Menschen zu sehen?«
    »Einige waren bei Unfällen aufgeschlitzt worden, andere bei Kämpfen. Sie waren nicht alle meine Patienten, und die Erfahrung eignete ich mir im Lauf der Jahre an.« Es klang sogar für seine Ohren unwahrscheinlich.
    »Waren auch Frauen darunter?« fragte Dryfield. »Darunter waren auch Frauen«, gab er zögernd zu.
    »Hmmmph«, machte der Vorsitzende, womit er andeuten wollte, daß er Rob für einen Lügner hielt.
    »Hatten sich die Frauen denn duelliert?« fragte Hunne aalglatt, und diesmal lachte sogar Rufus. »Es ist schon ein Zufall, daß Ihr auf diese Weise in das Innere so vieler Leichen blicken konntet«, stellte Hunne fest, und als Rob das widerliche, schadenfrohe Licht in seinen Augen glitzern sah, wurde ihm endgültig klar, welch ein Fehler es gewesen war, sich freiwillig zu einem Vortrag im Lyceum zu melden.

    Julia Swane entging der Themse nicht. Am letzten Tag des Februar hatten sich mehr als zweitausend Menschen bei Tagesanbruch versammelt, um jubelnd zuzusehen, wie sie zusammen mit einem Hahn, einer Schlange und einem Stein in einen Sack eingenäht und in die Untiefe bei St. Giles versenkt wurde.
    Rob wohnte dem Ereignis nicht bei. Statt dessen ging er zu Bostocks Kai, um nach dem Leibeigenen zu sehen, dessen Fuß er amputiert hatte. Aber der Mann war nicht zu finden, und ein unfreundlicher Aufseher teilte ihm nur mit, daß der Leibeigene an einen anderen Ort gebracht worden sei. Rob machte sich Sorgen, da er wußte, daß das Leben eines Leibeigenen von seiner Arbeitsfähigkeit abhing. Er sah ein anderes dieser bedauernswerten Geschöpfe, dessen Rücken kreuz und quer von Peitschenwunden bedeckt war, die sich scheinbar in den Körper fraßen. Rob ging nach Hause und bereitete eine Salbe aus Ziegenfett, Schweinefett, Öl, Weihrauch und Kupferoxyd, dann kehrte er zum Kai zurück und strich sie auf das entzündete Fleisch des Leibeigenen. »Was soll denn das, zum Teufel?«
    Ein Aufseher ging auf sie los, und obwohl Rob mit'dem Auftragen der Salbe noch nicht ganz fertig war, floh der Leibeigene. »Das ist Master Bostocks Kai. Weiß er, daß Ihr Euch hier herumtreibt ?«
    »Das spielt keine Rolle.«
    Der Aufseher starrte ihn an, folgte ihm aber nicht, und Rob war froh, daß er Bostocks Kai ohne weitere Unannehmlichkeiten verlassen konnte.
    Es war die Jahreszeit, in der viele Abführmittel gebraucht wurden, denn es hatte den ganzen Winter hindurch kein Gemüse gegeben. Rob stellte einen Aufguß aus Rhabarber her, den er in einer Woche restlos verbrauchte.
    Die Erfahrung im Lyceum hatte in seinem Mund den bitteren Geschmack von Asche hinterlassen. Am Montag zwang er sich trotzdem, dem Märztreffen als ein Zuschauer beizuwohnen, der den Mund hielt. Aber die Würfel waren schon gefallen, und er stellte fest, daß sie ihn für einen albernen Aufschneider hielten, dessen Phantasie mit ihm durchgegangen war. Einige lächelten spöttisch, als sie ihn sahen, während andere ihn nur kalt anblickten. Aubrey Rufus fordene ihn nicht auf, sich zu ihm zu setzen, sondern schaute weg, als ihre Blicke sich begegneten, und Rob setzte sich an einen Tisch zu Fremden, die ihn nicht in ihr Gespräch einbezogen. Der Vortrag handelte von Brüchen des Armes, Unterarmes und der Rippen sowie von Luxationen der Kinnlade, der Schulter und des Ellbogens. Er enthielt so viele Fehler in der Behandlung und in der Darstellung, daß er Jalal-al-Din, den Knocheneinrichter, in helle Wut versetzt hätte. Rob aber schwieg.
    Sobald der Sprecher geendet hatte, wandte sich das Gespräch dem Ertränken der Hexe zu.
    »Es werden noch andere erwischt werden, merkt Euch meine Worte«, meinte Sargent, »denn Hexen üben ihre verwerflichen Künste nie allein aus. Wenn wir Körper von Kranken untersuchen, müssen wir uns bemühen, das Teufelsmal zu entdecken und zu melden.«
    »Wir müssen dafür sorgen, daß wir über jeden Tadel erhaben sind«, meinte Dryfield nachdenklich, »denn

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