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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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fort und pflückte stundenlang Krauter. Er wußte nicht recht, was er tun sollte. Doch er vertraute Rob vollkommen, und so kam der Tag, an dem Rob James seinem Vater nachlief, als dieser aus dem Hof ritt. »Pa! Darf ich dich begleiten?
    Ich kann ja auf den Wallach achtgeben oder so.« Rob nickte und zog ihn hinter sich aufs Pferd. Bald begann Rob James, gelegentlich in die Apotheke zu kommen, und der Unterricht ging weiter. Als er neun Jahre alt war, wollte er auf seinen eigenen Wunsch hin seinem Vater jeden Tag als Lehrling assistieren.

    Ein Jahr nachdem Jura Agnes zur Welt gekommen war, gebar Mary einen dritten Sohn, Nathanael Robertson.
    Ein Jahr später hatte sie eine Totgeburt, einen Knaben, der vor seiner Bestattung auf den Namen Carrik Lyon Cole getauft wurde. Dann folgten zwei schwere Fehlgeburten nacheinander. Obwohl sie sich noch im gebärfähigen Alter befand, wurde sie nicht mehr schwanger. Es schmerzte sie, denn sie hatte ihm viele Kinder schenken wollen, aber Rob war erleichtert, weil sie allmählich ihre Kraft und ihren früheren Schwung wiedererlangte. Eines Tages, als ihr jüngstes Kind in seinem fünften Lebensjahr war, ritt ein Mann, der einen staubigen schwarzen Kaftan und einen glockenförmigen Lederhut trug und einen beladenen Esel mitführte, in Kilmarnock ein.
    »Friede sei mit dir!« begrüßte ihn Rob auf hebräisch, und der Jude starrte ihn erstaunt an, als er seine eigene Sprache hörte, und antwortete:
    »Auch dir Frieden!« Er war ein athletischer Mann mit einem großen, ungepflegten braunen Bart und einer wettergegerbten Haut. Die Linien um seinen Mund und die Fältchen in seinen Augenwinkeln verrieten seine Erschöpfung. Er hieß Dan ben Gamliel, war aus Rouen und weit von daheim entfernt.
    Rob sorgte für seine Tiere, gab ihm Wasser, damit er sich waschen konnte, und setzte ihm dann koschere Speisen vor. Er stellte fest, daß er das Hebräische nur noch schlecht beherrschte, denn eine erstaunliche Anzahl von Wörtern war ihm entfallen. Doch über Brot und Wein konnte er den Segen sprechen. »Seid Ihr etwa Juden?« fragte Dan ben Gamliel. »Nein, wir sind Christen.«
    »Warum tut Ihr das dann?«
    »Wir haben eine große Schuld zu begleichen«, sagte Rob. Seine Kinder saßen am Tisch und starrten den Mann an, der keine Ähnlichkeit mit den Leuten hatte, die sie kannten, und sie hörten verwundert, wie ihr Vater gemeinsam mit ihm seltsame Segenssprüche murmelte, bevor sie aßen.
    »Möchtet Ihr vielleicht nach dem Essen mit mir studieren?« In Rob stieg eine fast vergessene Erregung hoch.
    »Vielleicht setzen wir uns zusammen und studieren die Gebote«, schlug er vor. Der Fremde sah ihn an. »Ich bedaure. Nein, ich kann nicht.« Dan ben Gamliels Gesicht war blaß. »Ich bin kein Gelehrter«, murmelte er. Rob verbarg seine Enttäuschung und führte den Reisenden zu einem guten Schlafplatz, wie er ihn in einem jüdischen Dorf erhalten hätte. Am nächsten Morgen stand er früh auf. Unter den Dingen, die er aus Persien mitgebracht hatte, fand er den Judenhut, den Gebetsschal und die Gebetsriemen. Er gesellte sich zu Dan ben Gamliel zum Morgengebet.
    Der Jude staunte, als Rob sich den kleinen schwarzen Behälter um die Stirn band und die Lederriemen um seinen Arm schlang, um die Buchstaben zum Namen des Unaussprechlichen zu ordnen. Der Jude beobachtete, wie Rob vor und zurück schwankte, und lauschte seinen Gebeten.
    »Ich weiß, was Ihr seid«, sagte er heiser. »Ihr wart Jude und seid abtrünnig geworden. Ein Mann, der unserem Volk und unserem Gott den Rücken gekehrt und seine Seele dem anderen Volk gegeben hat.«
    »Nein, so ist es nicht«, widersprach Rob und sah mit Bedauern, daß er das Gebet des anderen unterbrochen hatte.
    »Ich werde es Euch erklären, wenn Ihr fertig seid.« Damit entfernte er sich. Doch als er zurückkam, um den Mann zum Frühstück zu holen, war Dan ben Gamliel nicht mehr da. Das Pferd war fort, der Esel war fort, die schwere Last war allein aufgehoben und fortgeschleppt worden. Sein Gast war lieber geflohen, als sich der gefürchteten Ansteckung der Abtrünnigkeit auszusetzen.

    Dan ben Gamliel war Robs letzter Jude gewesen; nie wieder sah er einen, noch sprach er je wieder ein Wort Hebräisch. Auch die Erinnerung an das Persische entglitt ihm langsam, und er beschloß eines Tages, den >Kanon< Ibn Sinas ins Englische zu übersetzen, damit er den Arzt aller Ärzte zu Rate ziehen konnte. Er brauchte schrecklich lange dazu. Immer wieder sagte er sich, daß Ibn

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