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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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und 0,799 Zentimeter... die dritte 0,803 Zentimeter. »Warum sind die Wunden unterschiedlich breit?« »Weil die Waffe offensichtlich vorne spitz zulief. Je heftiger der Stoß, desto größer die Wunde.« »Glaubst du, dass man den Schuldigen je finden wird?«
    »Nein, glaube ich nicht«, erwiderte sein Vater. »Höchstwahrscheinlich waren es drei. Lange Zeit habe ich überall nach einem Mann namens Ellwood R. Patterson gesucht. Aber der ist spurlos verschwunden. Vermutlich war es ein falscher Name. Ein Mann namens Cough war bei ihm. Aber auch von dem konnte ich nirgends eine Spur finden. Dann war da noch ein junger Kerl mit einem großen Muttermal im Gesicht und einer Gehbehinderung. Ich werde jedesmal ganz nervös, wenn ich einen Hinkenden oder einen mit einem Mal im Gesicht sehe. Doch bisher habe ich nur Leute gefunden, die entweder das Mal hatten oder hinkten. Nie beides. Die Behörden waren nicht daran interessiert, sie zu ergreifen, und jetzt...« Er zuckte mit den Achseln. »Zu viel Zeit ist vergangen, es ist Jahre her.« Shaman glaubte zu merken, dass seinem Vater nur noch eine stille Trauer geblieben war und dass Zorn und Leidenschaft längst ausgebrannt waren.
    Eines Tages im April ritten Shaman und sein Vater am katholischen Konvent vorbei. Rob J. lenkte Trude auf den Zuweg, und Shaman folgte ihm etwas verwundert auf Boss.
    Als sie das Gebäude betraten, bemerkte Shaman, dass einige Nonnen seinen Vater mit Namen begrüßten und ganz und gar nicht überrascht schienen, ihn zu sehen. Rob stellte ihm Miriam Ferocia vor, die offensichtlich die Leiterin des Klosters war. Sie bot ihnen Plätze an, seinem Vater einen wuchtigen Ledersessel und ihm einen Holzstuhl mit gerader Rückenlehne unter einem Kruzifix, von dem Jesus traurig herabblickte. Eine Nonne brachte ihnen guten Kaffee und warmes Brot.
    »Ich muss wohl den Jungen öfters mitbringen«, sagte sein Vater zur Mutter Oberin. »Sonst bekomme ich nämlich kein Brot zum Kaffee.« Shaman erkannte, dass sein Vater ein Mann von überraschender Vielseitigkeit war und dass er ihn vermutlich nie ganz verstehen würde. Shaman hatte gesehen, dass die Nonnen gelegentlich Patienten seines Vaters pflegten und dabei immer paarweise auftraten. Rob J. und die Oberin sprachen kurz über einige Fälle, doch schon bald wandte sich die Unterhaltung der Politik zu, und es wurde deutlich, dass der Besuch privat und rein freundschaftlich war. Rob J. sah zum Kruzifix hinauf. »Die >Chicago Tribune< zitiert Ralph Waldo Emerson mit den Worten, John Brown habe seinem Galgen eine Glorie verliehen, als handle es sich um ein Kreuz«, sagte er.
    Miriam Ferocia erwiderte, dass Brown, ein abolitionistischer Eiferer, der gehenkt worden war, weil er in West Virginia ein Waffenlager der Vereinigten Staaten geplündert hatte, für alle Gegner der Sklaverei inzwischen zum Märtyrer geworden sei. »Aber die Sklaverei ist nicht der eigentliche Grund für die Probleme zwischen Nord und Süd. Die Wirtschaft ist der eigentliche Grund. Der Süden verkauft seine Baumwolle und seinen Zucker an England und die übrigen europäischen Staaten, und er kauft Fertigwaren von diesen Ländern anstatt vom industrialisierten Norden. Der Süden ist der Überzeugung, dass er die übrigen Vereinigten Staaten nicht braucht. Trotz Mr. Lincolns Reden gegen die Sklaverei liegt hier das eigentliche Problem.«
    »Mit Wirtschaft kenne ich mich nicht aus«, sagte Shaman nachdenklich. »Ich hätte das Fach dieses Jahr belegt, wenn ich wieder aufs College gegangen wäre.«
    Als die Nonne fragte, warum er denn nicht nach Galesburg zurückgekehrt sei, gestand ihr sein Vater, dass Shaman suspendiert worden war, weil er einen Hund seziert hatte.
    »Ach, du meine Güte! War er wenigstens schon tot?« fragte sie. Nachdem sie ihr versichert hatten, dass das der Fall gewesen sei, nickte sie zufrieden. »Ja, dann ist es ja in Ordnung. Ich habe auch nie Wirtschaft studiert. Das liegt mir im Blut. Mein Vater hat als Schreiner damit begonnen, Heuwagen zu reparieren. Heute besitzt er ein Wagenbauwerk in Frankfurt und eine Kutschenfabrik in München.« Sie lächelte. »Mein Vater heißt Brotknecht. Der Name geht zurück auf meine Vorfahren im Mittelalter, die Bäcker waren. In Baden, wo ich Novizin war, gab es aber einen Bäcker, der ausgerechnet Wagenknecht hieß.«
    »Was hatten Sie für einen Vornamen, bevor Sie Nonne wurden?« fragte Shaman. Als er sah, dass sie zögerte und sein Vater die Stirn runzelte, wusste er, dass die Frage

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