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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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kalten Böden durch das stille Haus, um in den Tagebüchern seines Vaters etwas nachzulesen.
    Und er beobachtete Alden mit besonderer Sorgfalt und einer eigenartigen, faszinierten Sanftmut, einer neuen, kühlen Wachsamkeit. Manchmal betrachtete er den alten Mann, als sähe er ihn zum erstenmal. Alden verbrachte die Tage in einem ruhelosen Halbschlaf. Doch eines Abends riss Alex, als er ihn mit dem Stethoskop abhörte, die Augen auf. »Da ist ein neues Geräusch... als würde man zwei Haarsträhnen mit den Fingern aneinander reiben.«
    Shaman nickte. »Das sind Rasselgeräusche.«
    »Und was bedeuten sie?«
    »Dass mit seiner Lunge etwas nicht stimmt«, sagte Shaman.
    Am 9. April heirateten Sarah Cole und Sydney Blackmer in der First Baptist Church von Holden’s Crossing. Die Trauung vollzog Reverend Gregory Bushman, dessen Stelle Sydney in Davenport einnehmen sollte. Sarah trug ihr bestes graues Kleid, das Lillian an Kragen und Manschetten mit von Rachel erst am Tag zuvor fertiggestellter Spitze verschönert hatte.
    Mr. Bushman predigte sehr schön, es machte ihm offensichtlich Freude, einen Kollegen zu verheiraten. Alex erklärte Shaman, dass Sydney sein Gelübde mit der kräftigen, selbstsicheren Stimme eines Geistlichen ablegte, Sarah dagegen das ihre leise und in zitterndem Ton. Als das Paar sich nach der Zeremonie der Gemeinde zuwandte, sah Shaman, dass seine Mutter unter ihrem kurzen Schleier lächelte. Nach dem Gottesdienst zog die Gemeinde zum Farmhaus der Coles. Die meisten Gäste brachten einen zugedeckten Teller mit Speisen mit, obwohl die ganze Woche zuvor Sarah und Alma Schroeder gekocht und Lillian gebacken hatten. Die Leute aßen und aßen, und Sarah freute sich sehr darüber.
    »Wir haben alle Schinken und Würste aus dem Kühlhaus aufgebraucht. Ihr werdet noch im Frühjahr schlachten müssen«, sagte sie zu Doug Penfield.
    »Aber mit Vergnügen, Mrs. Blackmer«, erwiderte Doug galant - als erster, der sie bei diesem Namen nannte. Nachdem der letzte Gast gegangen war, nahm Sarah ihren gepackten Koffer und küsste ihre Söhne. Sydney fuhr sie in seinem Buggy zu dem Pfarrhaus, das sie schon wenige Tage später wieder verlassen würde, um mit ihm nach Davenport zu ziehen.
    Kurze Zeit später holte Alex seinen falschen Fuß aus dem Schrank im Gang und schnallte ihn sich ohne fremde Hilfe an. Shaman hatte es sich im Arbeitszimmer bequem gemacht und las in medizinischen Fachzeitschriften. Immer und immer wieder stapfte Alex an der geöffneten Tür vorbei, während er mit vorsichtigen Schritten im Gang auf und ab ging. Shaman merkte an der Stärke der Erschütterungen, dass sein Bruder das Bein mit der Prothese viel zu hoch hob, und er wusste, welche Schmerzen Alex jeder Schritt bereiten musste. Als Shaman in ihr gemeinsames Schlafzimmer kam, war Alex bereits eingeschlafen. Die Prothese steckte noch in Strumpf und Schuh und stand neben Alex’ rechtem Schuh, als gehöre sie dort hin.
    Am nächsten Vormittag trug Alex die Prothese in der Kirche als Hochzeitsgeschenk für Sarah. Die Brüder waren zwar keine Kirchgänger, aber ihre Mutter hatte sie gebeten, zur Feier ihrer Verehelichung an diesem Sonntag am Gottesdienst teilzunehmen, und nun konnte sie den Blick nicht von ihrem Erstgeborenen lösen, als der den Mittelgang entlang zur vordersten Bank ging, die für die Familie des Pfarrers reserviert war. Alex stützte sich auf einen Stock aus Eschenholz, den Rob J. in seiner Praxis aufbewahrt hatte, um ihn an Patienten auszuleihen. Manchmal zog er den falschen Fuß etwas nach, manchmal hob er ihn zu hoch. Aber er strauchelte nicht und ging mit festem Schritt auf seine Mutter zu.
    Sie saß zwischen ihren Söhnen und erlebte, wie ihr Gatte mit der Gemeinde andächtig betete. Die Predigt begann er damit, allen zu danken, die mit ihm seine Hochzeit gefeiert hatten. Er sagte, dass Gott ihn nach Holden’s Crossing geführt habe und ihn nun wieder wegführe, und er dankte allen, die seine Amtszeit hier so bedeutungsvoll für ihn gemacht hatten.
    Er war eben dabei, diejenigen beim Namen zu nennen, die ihm geholfen hatten, das Werk des Herrn zu tun, als plötzlich Lärm durch die halbgeöffneten Kirchenfenster drang. Zuerst war es nur ein schwaches Jubeln, das aber sehr schnell anschwoll. Eine Frau kreischte, und heisere Schreie waren zu hören. Auf der Hauptstraße feuerte jemand einen Schuss ab, und eine ganze Salve folgte.
    Die Kirchentür sprang auf, und Paul Williams stürzte herein. Er lief zum Pfarrer und

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