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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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zurückgewiesen worden. Beleidigt machte er den Engländern das gleiche Angebot, die ihn mit Respekt behandelten, sich seiner Dienste versicherten und ihm Waffen, Munition, Orden und den roten Rock gaben, der einen Soldaten auszeichnete.
    Jetzt, da Schwarzer Falke sich dem Alter näherte, musste er zusehen, wie in seinem Langhaus Whiskey verkauft wurde. Schlimmer noch, er musste mit ansehen, wie sein Stamm durch den Alkohol verdorben wurde. Vandruff und sein Freund B. F. Pike machten die Indianer betrunken und luchsten ihnen Felle, Pferde, Gewehre und Fallen ab. Schwarzer Falke ging zu Vandruff und Pike und bat sie, keinen Whiskey mehr an die Sauks zu verkaufen. Als seine Bitte ignoriert wurde, kam er mit einer Handvoll Krieger wieder, die die Fässer aus dem Langhaus rollten, sie zerschlugen und den Whiskey auf die Erde gossen. Vandruff packte daraufhin seine Satteltaschen mit Proviant für eine lange Reise und ritt nach Bellville, der Heimatstadt von John Reynolds, dem Gouverneur von Illinois. In einer eidlichen Aussage gab er vor dem Gouverneur zu Protokoll, die Sauks befänden sich auf einem Raubzug, in dessen Verlauf es zu einer Messerstecherei und zu großen Schäden an weißem Besitz gekommen sei. Dann überreichte er dem Gouverneur ein von B. F. Pike unterzeichnetes Schreiben, in dem es hieß, dass »die Indianer ihre Pferde auf unseren Feldern weiden lassen, unser Vieh erschießen und drohen, unsere Häuser anzuzünden, wenn wir nicht verschwinden«.
    Reynolds war erst frisch in sein Amt gewählt worden und hatte den Wählern versprochen, für die Sicherheit der Siedler in Illinois zu sorgen. Ein Gouverneur, der erfolgreich die Indianer bekämpfte, konnte sich Hoffnungen auf die Präsidentschaft machen. »Bei Gott, Sir«, sagte er bewegt zu Vandruff, »Sie bitten den richtigen Mann um Gerechtigkeit.«
    Siebenhundert berittene Soldaten kamen und schlugen in der Nähe von Sauk-e-nuk ihr Lager auf. Ihre Anwesenheit sorgte für Aufregung und Angst. Gleichzeitig stampfte ein Rauch spuckendes Dampfschiff den Rock River herauf. Das Schiff lief auf einige der Felsen, die dem Fluss seinen Namen gaben, auf, aber die mookamonik konnten es wieder flottmachen. Bald darauf lag es vor Anker, seine Kanone direkt auf die Indianersiedlung gerichtet. Der Kriegshäuptling der mookamonik, General Edmund P. Gaines, berief eine Konferenz mit den Indianern ein. Hinter einem Tisch saßen der General, der Indianerbevollmächtigte St. Vrain und der Händler Davenport, der als Dolmetscher fungierte. Etwa zwanzig indianische Würdenträger waren dem Aufruf gefolgt. General Gaines behauptete, der Vertrag von 1803, der das Fort auf Rock Island ermöglicht hatte, habe dem Großen Vater in Washington auch alles Land der Sauks östlich des Mississippi überschrieben: sechzig Millionen Morgen. Er sagte den verblüfften und verwirrten Indianern, sie hätten dafür jährliche Entschädigungszahlungen bekommen, und jetzt wolle der Große Vater in Washington, dass seine Kinder Sau-enuk verließen und sich auf der anderen Seite des Masesi-bowi, des Mississippi, ansiedelten. Ihr Vater in Washington werde ihnen Mais schenken, damit sie den Winter überstünden. Häuptling der Sauks war Keokuk, der wusste, dass die Übermacht der Amerikaner zu groß war. Als Davenport ihm die Worte des weißen Kriegshäuptlings übersetzte, drückte eine große Faust Keokuks Herz.
    Obwohl die anderen ihn ansahen, damit er antworte, blieb er stumm. Aber ein Mann stand auf, der im Kampf an der Seite der Briten genug Englisch gelernt hatte, um selbst zu sprechen. »Wir haben unser Land nie verkauft. Wir haben nie eine Entschädigung dafür erhalten. Wir werden in unserem Dorf bleiben.«
    Der Indianer, den General Gaines vor sich sah, war schon fast ein Greis und ohne den Kopfschmuck eines Häuptlings. In fleckigen Rehlederhosen stand er da, hohlwangig, mit einer hohen, knochigen Stirn. Seine hochgestellte Skalplocke, die seinen rasierten Schädel in zwei Hälften teilte, war mehr grau denn schwarz. Eine riesige Hakennase ragte herausfordernd zwischen weit auseinander liegenden Augen hervor. Sein mürrischer Mund wollte so gar nicht zu dem Grübchenkinn passen, das eher an einen Liebhaber erinnerte. Gaines seufzte und sah Davenport fragend an. »Schwarzer Falke heißt der Mann.«
    »Was ist er?« fragte der General den Dolmetscher. Aber Schwarzer Falke antwortete selbst: »Ich bin ein Sauk. Meine Vorfahren waren Sauks, große Männer. Ich möchte da bleiben, wo ihre

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