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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Whiteside schickte zwei Bataillone regulärer Soldaten voraus, während die Freiwilligen sich fast eine Woche lang die Bäuche vollschlugen und ausruhten. Keinen Augenblick lang vergaßen sie, dass sie sich in einer gefährlichen Umgebung befanden. An einem milden Vormittag im Mai brannten etwa tausendsechshundert Berittene Prophetstown nieder, den verlassenen Ort, in dem Weiße Wolke residiert hatte. Danach befiel sie eine unerklärliche Nervosität, und sie redeten sich ein, dass hinter jedem Hügel rachedurstige Indianer lauerten. Bald wurde aus der Nervosität Angst, und aus dieser Angst heraus kam es zu einer wilden Flucht. Die Soldaten ließen Ausrüstung, Waffen, Munition und Proviant zurück und liefen vor einem nicht existierenden Feind davon, stürmten quer durch Grasland, Buschwerk und Wald und hielten erst an, als sie, einzeln oder in kleinen Gruppen, aber alle mit schamroten Gesichtern, die Siedlung Dixon erreicht hatten, zehn Meilen von ihrem Ausgangspunkt entfernt.
    Zur ersten wirklichen Feindberührung kam es kurze Zeit später. Schwarzer Falke und an die vierzig Tapfere waren unterwegs zu Angehörigen der Pottawattamies, von denen sie ein Maisfeld mieten wollten. Sie hatten eben ihr Lager am Ufer des Rock River aufgeschlagen, als ein Läufer berichtete, dass sich eine große Streitmacht der mookamonik in ihre Richtung bewege. Ohne lange zu zögern, band Schwarzer Falke eine weiße Fahne an eine Stange und schickte damit drei unbewaffnete Sauks zu den Weißen, um ein Treffen zwischen ihm und deren Kommandanten zu erbitten. Als Beobachter schickte er fünf berittene Sauks hinter den Unbewaffneten her. Die Truppen, die keine Erfahrung mit Indianerkämpfen hatten, erschraken beim Anblick der Sauks. Sie überwältigten die drei Männer mit der Waffenstillstandsflagge und machten sie zu Gefangenen. Dann jagten sie den fünf Beobachtern nach, von denen sie zwei einholten und töteten. Die drei anderen erreichten, das Militär im Rücken, das Lager. Als die weißen Soldaten auftauchten, wurden sie von fünfunddreißig Tapferen unter der Führung von Schwarzer Falke, den die kalte Wut gepackt hatte, angegriffen. Er war bereit, einen ehrenhaften Tod zu sterben, um den Verrat der Bleichgesichter zu rächen. Die Soldaten aber, die die Vorhut der Kavallerie bildeten, hatten keine Ahnung, dass die Indianer keine gewaltige Streitmacht hinter sich hatten. Sobald sie die heranstürmenden Sauks erblickten, ließen sie ihre Ponys wenden und flüchteten.
    Nichts ist so ansteckend wie Panik, und innerhalb weniger Minuten herrschte im Militärlager ein Chaos. In dem Durcheinander konnten zwei der drei gefangenen Sauk-Unterhändler fliehen; der dritte wurde erschossen. Die zweihundertfünfundsiebzig bewaffneten und berittenen Soldaten wurden von Entsetzen gepackt und flohen so hysterisch wie wenige Tage zuvor der Hauptteil der Freiwilligen, nur dass diesmal die Bedrohung nicht eingebildet war. Schwarzer Falke und seine wenigen Dutzend Krieger jagten ihnen nach, überwältigten die Versprengten und sammelten elf Skalpe. Einige der fliehenden Weißen kamen erst zur Besinnung, als sie wieder bei sich zu Hause waren, aber die meisten Soldaten sammelten sich schließlich in Dixon.
    Ein Leben lang sollte das Mädchen, das damals Zwei Himmel hieß, die Freude über diesen Erfolg nicht vergessen. Ein Kind spürte Hoffnung. Die Nachricht vom Sieg verbreitete sich schnell in der rothäutigen Welt, und bald darauf schlossen sich zweiundneunzig Winnebagos den Sauks an. Schwarzer Falke stolzierte in einem Rüschenhemd und mit einem ledergebundenen Gesetzbuch unter dem Arm umher - beides stammte aus einer Satteltasche, die ein fliehender Offizier zurückgelassen hatte. Er hielt eine flammende Rede. Seine Tapferen hatten bewiesen, sagte er, dass die mookamonik geschlagen werden können, und jetzt würden andere Stämme Krieger schicken, um die große Allianz zu bilden, von der er träumte. Aber die Tage vergingen, und es kamen keine Krieger. Die Vorräte gingen zur Neige, die Jagd war wenig erfolgreich. Schließlich schickte Schwarzer Falke die Winnebagos in eine Richtung und führte seine Leute in eine andere. Gegen seine Befehle überfielen die Winnebagos schutzlose weiße Siedler und nahmen Skalpe, darunter den von St. Vrain, dem Indianerbevollmächtigten. Zwei Tage lang war der Himmel grünlich-schwarz, und der Manitu Shagwa ließ Erde und Luft erzittern. Zwei Himmels Mutter warnte Schwarzer Falke, keine neuen Unternehmungen

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