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Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Jahre alt. Sie spielten mit Maiskolbenpuppen, doch der kleine Junge kroch von ihnen weg. In dem trüben Licht, das durch die Rauchabzüge fiel, entdeckte er die Wassertrommel der Medizinfrau, schlug mit der Hand darauf und brachte einen Ton hervor, der jeden im Langhaus den Kopf heben ließ.
    Der Junge kroch, von dem Geräusch verstört, weg, aber nicht wieder zurück zu den anderen Kindern. Wie bei einer Inspektion krabbelte er zu Makwa-ikwas Kräuterlager, hielt mit wichtiger Miene bei jedem Stapel an und betrachtete ihn höchst interessiert. Makwa-ikwa lächelte. »Du bist ubenu migegee-ieh, ein kleiner Schamane«, sagte sie.
    Seit diesem Vorfall nannte sie ihn nur noch Shaman - Schamane -, und auch die anderen verwendeten den Namen ziemlich bald, denn er schien irgendwie zu passen, und der kleine Rob reagierte sofort auf ihn. Es gab natürlich Ausnahmen. Alex nannte ihn inzwischen einfach »Bruder« und wurde von ihm »Bigger« genannt, der Größere, weil ihre Mutter von Anfang an nur vom kleinen Bruder und vom größeren Bruder sprach. Einzig Lillian Geiger versuchte, das Kind Rob J. zu nennen, denn ihr Nachbar hatte ihr von dem Familienbrauch erzählt, und sie hielt sehr viel auf Familie und Tradition. Aber sogar Lillian vergaß es manchmal und nannte den Jungen Shaman, und Rob J. Cole, der Vater, gab den Kampf schließlich auf und behielt seine Initiale. Doch ob nun mit J. oder nicht, vom Hörensagen wusste er, dass einige seiner Patienten ihn »Injun Cole«, Indianer-Cole, nannten oder auch »diesen verdammten, Indianer vögelnden Bauchaufschneider«. Aber alle, die Toleranten und die Bornierten, wussten, dass er ein guter Arzt war. Und wenn er gerufen wurde, ging er zu ihnen, ob sie ihn mochten oder nicht.
    War Holden’s Crossing früher nur eine Bezeichnung auf Nick Holdens Handzetteln gewesen, so besaß es jetzt eine Hauptstraße mit Läden und Geschäftshäusern, die alle nur »The Village«, das Dorf, nannten. Dort fand man das Rathaus, Haskins Gemischtwarenladen, N.B. Reimers Futtermittel- und Saatguthandlung, ein Spar- und Kreditinstitut, Mrs. Anna Wileys Pension, in der man auch warme Mahlzeiten bekam, Jason Geigers Apotheke, Nelsons Saloon (der in Nicks frühen Plänen eigentlich ein richtiges Gasthaus hätte werden sollen, wegen der Konkurrenz durch Mrs. Wiley aber nie über einen niederen Raum mit einer langen Theke hinauskam) sowie die Stallungen und die Schmiede von Paul Williams, dem Hufschmied. Roberta Williams, seine Frau, betrieb in ihrem Holzhaus eine Maßschneiderei. Einige Jahre lang kam der Versicherungsmakler Harold Ames jeden Mittwochnachmittag aus Rock Island und hielt im Gemischtwarenladen Geschäftsstunden ab. Doch nachdem der Großteil des von der Regierung parzellierten Landes an Siedler abgegeben war und einige der Möchtegernfarmer sich ihr Versagen eingestehen und ihren Grund wieder verkaufen mussten, zeigte sich, dass der Ort ein Maklerbüro brauchte, und deshalb ließ sich Carroll Wilkenson als Immobilien- und Versicherungsmakler nieder. Charlie Anderson, der später auch Chef der Bank werden sollte, wurde bei der ersten Wahl zum Bürgermeister gewählt und in den folgenden Jahren immer wieder in diesem Amt bestätigt. Anderson war allgemein beliebt, doch jeder wusste, dass er Nick Holdens Kandidat war und tat, was der verlangte. Das gleiche galt für den Sheriff. Mort London brauchte nicht länger als ein Jahr, um zu erkennen, dass er kein Farmer war. Auch als Zimmermann fand er in der Gegend nicht genügend Aufträge, um sich den Lebensunterhalt zu sichern, da die Siedler Schreinerarbeiten soweit möglich selber erledigten. Als deshalb Nick Holden ihm anbot, ihn bei der Wahl zum Sheriff zu unterstützen, nahm Mort die Hilfe bereitwillig an. Er war ein friedfertiger Mann, der still seine Arbeit tat, und das hieß vor allem, die Betrunkenen in Nelsons Saloon zu beschwichtigen. Für Rob J. war es nicht gleichgültig, wer Sheriff war, denn jeder Landarzt war gleichzeitig Deputy Coroner, Stellvertreter des Bezirksleichenbeschauers, und der Sheriff entschied, wer bei einem Todesfall infolge eines Verbrechens oder eines Unfalls die Autopsie durchführen sollte. Oft stellten Autopsien die einzige Möglichkeit dar, die Sezierungen vorzunehmen, die nötig waren, um als Chirurg in Übung zu bleiben. Rob J. bemühte sich dabei um einen wissenschaftlichen Standard, wie er in Edinburgh üblich gewesen war; er wog alle wichtigen Organe und führte darüber Buch. Zum Glück war er mit

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