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Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Behörden?«
    Die Expeditionsleiterin winkte ab. »Das Übliche. Umständliche Anmeldeformalitäten, teure Expeditionsfreigabescheine, Drehgenehmigungen und jede Menge Versorgungsprobleme. Sie sehen die Ausrüstung, und dann geht das Feilschen los. Dadurch, dass sich das Land praktisch im Bürgerkrieg befindet, sind die Formalitäten noch komplizierter geworden. Präsident Bouteflika und die Generäle, zu deren Marionette er sich gemacht hat, haben den Kuchen zwar längst unter sich aufgeteilt, aber sie können sich nicht einigen, wer das größte Stück bekommen soll. Im Grunde wird das Spiel in den meisten Ländern der Welt auf dieselbe Art gespielt. So oder so. Kommen wir lieber zu angenehmeren Dingen.«
    Ihre Augen wanderten weiter. »Du musst Abdu sein. Lebes ?«
    Mit einem bezaubernden Lächeln streckte sie dem Targi ihre Hand entgegen.
    »Lebes.« Abdu hob erstaunt die Augenbrauen. »Hamdoullah, Lebes?« , fragte er mit einem Lächeln, doch Irene kannte die richtige Antwort: »Lebes. Giddegid. Hamdoullah!«
    Abdu führte die Hand zur Brust und verneigte sich. »Ich fühle mich geehrt, dass du die Begrüßungsformeln der Tuareg beherrschst.«
    Hannah bemerkte ein Glitzern in seinen Augen und spürte, dass Irenes Charme ihn beeindruckte.
    »Ich bin nicht zum ersten Mal in Nordafrika. 1989 habe ich einen Film über die Hochzeitsrituale der Wodaabe gedreht. Bei der Gelegenheit konnte ich einige Brocken eurer Sprache aufschnappen. Aber jetzt möchte ich euch die Mitglieder der Expedition vorstellen.«
    Der Rest des Teams hatte mittlerweile die Fahrzeuge abgestellt und war auf dem Weg zu ihnen. Alles Männer, wie Hannah nicht ohne eine gewisse Ironie feststellen konnte. So sympathisch Irene Clairmont auch wirkte, eine andere Frau duldete sie offensichtlich nicht an ihrer Seite.
    Mit einer einladenden Geste winkte sie die Gruppe zu sich heran. Der Erste, der bei ihnen eintraf, war ein kurzer stämmiger Kerl mit Vollbart und einer Zigarette im Mundwinkel.
    Irene klopfte ihm auf die Schulter. »Darf ich vorstellen? Malcolm Neadry, ein gebürtiger Waliser. Er ist unser Aufnahmeleiter. Habt ihr Die Schwingen des Kondors gesehen? Hat seinerzeit einen Emmy für die beste Naturdokumentation gewonnen. Das war seine Arbeit. Glücklicherweise konnten wir ihn überzeugen, von der BBC zu uns zu wechseln.«
    Hannah konnte sich nicht erinnern, den Film gesehen zu haben, aber der Mann mit der schimmernden Halbglatze machte einen unangenehmen Eindruck auf sie. Sein Gesicht wirkte, als seien die Muskeln, die für das Lächeln zuständig waren, verkümmert. Irene ging weiter zu einem hoch gewachsenen Mann mit kurz geschorenen Haaren, auf dessen Nasenspitze eine Nickelbrille funkelte. »Albert Beck aus Berlin. Er sorgt für den richtigen Ton – und das nicht nur bei unseren Filmen. Albert ist ein fantastischer Tontechniker und ein begnadeter Saxofonspieler. Seit drei Jahren bei uns im Team. Und das hier ist Gregori Pattakos aus Griechenland.« Sie legte ihren Arm auf die Schulter des dunkelhäutigen Mannes, dessen schmale Gesichtszüge durch einen Spitzbart verstärkt wurden. »Er ist unser Geophysiker und wird in der Sendung die schwierige Aufgabe haben, den Zuschauern die geologischen Zusammenhänge begreiflich zu machen.« Mit diesen Worten warf sie ihm einen Blick zu, in dem Hannah mehr als nur freundschaftliche Zuneigung entdeckte. Dann wandte sie sich einem jungen Mann in ausgebeulten Khakis zu, der aussah, als sei er schon mit einem Grinsen auf die Welt gekommen. Mit seiner zappeligen Art erinnerte er Hannah an ein Frettchen.
    »Patrick Flannery aus Irland, unser technisches Multitalent. Er und Malcolm sind praktisch Nachbarn. Nur durch eine schmale Meerenge voneinander getrennt. Patrick schafft es, aus einem Stück Draht und einem Nagel in null Komma nichts einen Satellitenreceiver zu bauen. Außerdem kann er mehr trinken als wir alle zusammen. Sehr praktisch, wenn man bei fremden Kulturen Eindruck schinden will. Last, not least haben wir hier Dr. Chris Carter aus Washington D. C. Er ist das einzig neue Mitglied unserer Gruppe. Promovierter Klimatologe und ein ausgezeichneter Fotograf. Er wird unsere Expedition dokumentieren und einen Bildband herausgeben. Die Verträge sind bereits unterzeichnet.«
    »Freut mich.« Carters Händedruck ließ darauf schließen, dass hinter seinem gemächlichen Auftreten ein zäher Charakter steckte. »Im Namen des gesamten Teams möchte ich euch ebenfalls das Du anbieten. Ihr könnt euch

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