Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meereskuss

Meereskuss

Titel: Meereskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Kantra
Vom Netzwerk:
vorgestellt, wie es wäre, gebraucht zu werden. Habe ich davon geträumt, um meiner selbst willen geliebt zu werden – so, wie ich bin. Und nicht gevögelt zu werden, weil ich die Tochter meiner Mutter bin.«
    Conn trank einen weiteren Schluck Whiskey, um diese Erinnerung herunterzuspülen. »Ich habe ihr erklärt, dass wir sie brauchen. Es interessiert sie nicht.«
    Ich interessiere sie nicht.
    »Etwas anderes«, sagte Griff. »Wir brauchen keine Lehrerin, aber –«
    »Das Kochen wird sie nicht übernehmen«, fiel ihm Conn ins Wort. »Das hatte sie dort zur Genüge, wo sie herkommt.« Er betrachtete das Whiskyglas in seiner Hand und stellte es ab. »Lass sie mit Iestyn und den anderen trainieren.«
    Griff zog die Augenbrauen zusammen. »Sie ist keine Selkie.«
    »Aber sie hat Kräfte. Warten wir ab, wie sie mit ihnen umzugehen lernt.«
    »Wenn Ihr ihr gefallen wollt, geht es auch einfacher. Vielleicht mit einem Geschenk …«
    Conn winkte ab. »Ich habe ihr schon gesagt, dass sie alles haben kann, worum sie mich bittet.«
    »Bis auf ihre Freiheit«, ergänzte Griff.
    Ihre Blicke begegneten sich. Conn lächelte bitter. »Bis auf das.«
    »Dann muss es etwas sein, worum sie nicht bitten kann«, überlegte Griff. »Etwas, das sie sich wünscht.«
    Ein Gefühl der Machtlosigkeit packte Conn. »Woher soll ich wissen, was sie sich wünscht, wenn sie nicht darum bittet?«
    Griff zuckte die Achseln. »Ihr müsst eben aufmerksam sein. Zuhören. Frauen mögen das.«
    »Sonst noch was?«, fragte Conn trocken.
    »Ihr könntet es mit einem kalten Bad im Meer versuchen.«
    »Nein.«
    »Ich meinte nicht, dass
ihr
das Schwimmen helfen würde.« Griff grinste. »Aber Euch vielleicht.«
    Conn erhob sich und ging steif zu dem kalten Kamin hinüber.
Gib niemals Gefühle zu. Zeige niemals Schwäche.
Mit dem Rücken zu Griff sagte er: »Ich kann nicht.«
    »Mein Lord.« Griff klang verständnisvoll. Mitfühlend. »Ihr könnt eure Natur nicht in alle Ewigkeit verleugnen. Hin und wieder ein Bad im Meer wird euch nicht gleich in Euren Vater verwandeln.«
    Conn faltete die Hände hinter seinem Rücken. »Sie hat mein Fell.«
    Schweigen schlug knisternd zwischen ihnen ein.
    »Ihr habt ihr Euer Fell gegeben.« Die Stimme des Wächters troff vor Ungläubigkeit.
    Conn wehrte einen Anflug von Irritation ab. »Sie hätte es ja nicht annehmen müssen.«
    »Natürlich«, stimmte Griff sofort zu. »Aber … dann braucht Ihr das Bad noch mehr. Wenn schon nicht, um Euer Mütchen zu kühlen, dann, um einen klaren Kopf zu bekommen. Ihr Euer Fell zu geben … Was habt Ihr Euch dabei gedacht?«
    Er hatte überhaupt nicht gedacht.
    Zumindest hatte er nicht an sie gedacht.
    Nur an sich selbst, an sein Volk, an das, was sein Volk brauchte.
    Irgendwie, gegen jede Vernunft und jeden Selbsterhaltungstrieb, musste er es anders versuchen.
    »Ihr müsst eben aufmerksam sein«,
hatte Griff gesagt.
»Zuhören.«
    Ungebeten flüsterte eine zweite Stimme in seinem Kopf, leise und gebrochen wie das Meer.
»Mein ganzes Leben lang habe ich davon geträumt, um meiner selbst willen geliebt zu werden – so, wie ich bin.«
    Conn ballte seine Hände zu Fäusten. Er konnte es versuchen. Was hatte er schon zu verlieren?
    Alles.
     
    Sie hatte den Mond und den Hund als Gesellschaft und den Wein als Trost.
    Es war nicht genug.
    Lucy ging raschen Schrittes vom Fenster zum Feuer. In den wattierten Ärmeln ihrer Robe zitterten ihre Hände. Ihr Hals war wund. Ihre Augen brannten von ungeweinten Tränen.
    Zu Hause wäre sie eine Runde gejoggt oder in ihren Garten geflohen, hätte sich ein Buch geschnappt oder den Fernseher eingeschaltet. Sie hätte alles getan, um ihrem Verlangen die Schärfe zu nehmen oder das aufdringliche Geplapper in ihrem Kopf auszublenden. Alles, um den Schmerz zu betäuben, um die schneidende Erinnerung an Conns Worte stumpf zu machen.
    »Mein Volk stirbt. Du versprichst uns Leben.«
    Und der Blick in seinen Augen, als er das sagte, dieser Blick … Wie sollte sie das ertragen? Er brachte sie um. Er hatte sie entführt, und nun riss er sie in Stücke, nahm ihr jede Möglichkeit der Abwehr. Wenn sie das nicht mehr hatte, was blieb ihr dann noch?
    Wenn man einen Krebs aus seiner Schale löste, starb er.
    Sie presste den Handballen auf ihr Brustbein, so als könnte sie den Schmerz dort einsperren oder ihn wegdrücken.
    Sie war nicht so tapfer wie Regina oder so selbstbewusst wie Margred. Sie war dreiundzwanzig und ganz allein, und sie wollte nach Hause.
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher