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Meereskuss

Meereskuss

Titel: Meereskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Kantra
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würde, wenn er davon wüsste.
    Ihr Blick schweifte über die Bissmarken an seinem Arm und weiter, glitt über ihn hinweg wie eine Hand, gierig Eindrücke sammelnd: die Säule seines Halses, seinen großen, starken, breiten Körper, die Pfeiler seiner Schenkel. Sie registrierte ebenso erfreut wie verzweifelt das langsame Erwachen von Lust in ihrem Magen. Seine grobe Inbesitznahme hatte ihren sexuellen Appetit wie einen Geist aus der Flasche befreit. Wie sollte sie ihn je wieder unter Kontrolle bringen?
    Ich wünschte … ich wünschte …
    »Sag mir, wie er hieß.«
    Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit ruckartig wieder auf sein Gesicht. »Wer?«
    »Dein erster Freund. Der, an den du denkst, wenn du mich ansiehst.«
    »Oh.« Heiße Röte überschwemmte ihr Gesicht. »Das ist nicht so wichtig.«
    Conn beobachtete sie ruhig, unbeweglich wie ein Turm, unerbittlich wie die See. »Das Vertrauen ist wichtig«, zitierte er sie leise.
    Ihr Herz raste.
Erwischt.
    »Er hieß Brian.«
    Conn wartete.
    Mist.
    »Er, äh … Wir haben uns im zweiten Studienjahr kennengelernt. Auf einer Party.« Sie warf ihm einen verstohlenen Blick zu, um zu sehen, ob er es verstand. Es war ein ganz normaler Samstagabend gewesen, offenes Haus und offene Flaschen in der Wohnung der Freundin einer Freundin. Normalerweise reizte es Lucy nicht besonders, zuzusehen, wie andere Leute sich betranken. Damit war sie aufgewachsen. Doch Caleb war kurz vorher in den Irak abkommandiert worden, und sie war ängstlich und unruhig gewesen, abgeschnitten von allem und fast unerträglich einsam. Daher hatte sie sich von ihrer Mitbewohnerin dazu überreden lassen, auf die Party zu gehen.
    »Du hattest Sex mit ihm«, sagte Conn.
    »In dieser Nacht?« Lucy fuhr zusammen. »Ja.«
    Sie hatte sich abschleppen lassen. Es war ihr erstes Mal. Brian war betrunken gewesen und sie nervös. Sie erinnerte sich an Fummeleien und Begierde und daran, wie ein Pheromoncocktail durch ihre Adern gerauscht war, feurig und suchterzeugend. Sie war schwindelig vor lauter Hormonen nach Hause getorkelt und hatte fast an Liebe auf den ersten Blick geglaubt.
    »Und danach?«
    »Manchmal.« Sie räusperte sich. »Genau genommen haben wir eine Weile zusammengelebt.«
    Sie hatte es Caleb nie erzählt. Sie hatte es nie jemandem erzählt, außer ihrer Mitbewohnerin. Sie hatte Horrorvisionen gehabt, dass ihr Bruder aus dem Irak heimkommen und ihrem Freund das Fell über die Ohren ziehen könnte. Es hatte also niemanden gegeben, dem sie sich anvertrauen, der ihr einen Rat geben konnte. Vergoren durch die Zeit, sprudelten die Worte wie eine zähflüssige, zersetzende Säure aus ihr hervor.
    »Manchmal konnte er nicht … wollte er nicht … Na ja, schau mich doch an.« Sie zog ärgerlich und verlegen die Schultern hoch. »Ich bin nicht gerade ein Topmodel. Und er studierte wirklich hart, er war zu müde, um …«
    »Was bist du nur für ein Freak?«, hatte Brian schläfrig, gereizt protestiert, als sie zum vierten – oder war es zum fünften? – Mal die Hand nach ihm ausgestreckt hatte. »Bleib mir vom Leib.«
    Lucy zuckte bei der Erinnerung daran zusammen. »Er mochte es nicht, wenn ich Ansprüche stellte.«
     
    »Ansprüche stellte«?
    Heiliger Strohsack.
Blut flutete Conns Gehirn und Schwanz. Er hätte es gern gehabt, dass sie Ansprüche an ihn stellte. Er hätte den jungen Trottel am liebsten erwürgt, der ihr beigebracht hatte, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen, der ihre empfindsame Selkie-Natur schlechtgemacht hatte.
    »Schau mich doch an«,
hatte sie gesagt.
    Und das tat er. Er sah ihr dickes, elastisches Haar, ihr schmales, starkes Gesicht, den dichten Vorhang blasser Wimpern. Sie war keine exotische Schönheit, keine Schönheit auf den ersten Blick, aber auf den zweiten, gut gebaut und reizvoll. Ihre klaren Augen spiegelten die Launenhaftigkeit der See wider. In diesem Augenblick hatten sie die Farbe des Sturms, ein wässriges Grau.
    Lust verwandelte sich in Zärtlichkeit, flutete durch seine Brust und schnürte ihm die Kehle zu.
    »Ich sehe dich«, sagte er.
    Sie versteifte sich.
    »Ich will dich.« Er hielt ihrem Blick stand, hob die Arme weg vom Körper, die Handflächen nach oben gedreht. »Ich stehe dir zu Diensten. Verfüge über mich.«
    Ihr Mund öffnete sich. Er beobachtete, wie sie sich Möglichkeiten ausmalte, wie diese in ihren Augen erstrahlten, tief, verstörend, aufregend. Aber sie hatte das Selbstbewusstsein nicht, zu verfügen oder auch nur zu bitten. Noch nicht.
    Deshalb

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